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Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Titel: Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)
Autoren: Johannes Fried
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lassen mußte – zum Glück oftmals lachend.
    Daß dieses Buch zum zweihundertfünfzigjährigen Jubiläum des Verlages C.H.Beck erscheinen kann, ist mir eine besondere Freude. Dem Verleger Dr. h.c. Wolfgang Beck danke ich für die Ermunterung zu diesem Buch, dem lebhaften Interesse an seiner Vollendung und die Geduld bei seiner Ausführung. Ihm und seinem für die Geschichtswissenschaft so bedeutungsvollen Verlag sei dieser «Karl» gewidmet.
Frankfurt am Main
Johannes Fried





2

Literate Bildung und Erziehung zum Glauben
    or allem Bildung tat Not; sie war im 7. und 8. Jahrhundert verkümmert. Der Glaube aber, die Kirche, der Gottesdienst dürsteten nach ihr. Eine neue, dem Glauben zugewandte, doch methodisch geschulte Wissenselite mußte neuerlich herangebildet werden. Karl dürfte das Erfordernis frühzeitig erfaßt oder erahnt und selbst schon als Knabe eine religiöse und literate Erziehung genossen haben.
    Als König wird er seinen Glauben unumwunden bekunden: «Da uns die göttliche Milde unablässig in Krieg und Frieden schützt, … deshalb wollen wir, da wir Sorge tragen, den Stand unserer Kirchen ständig zu verbessern, die durch die Nachlässigkeit unserer Vorfahren nahezu vergessene Aufgabe der Wissenschaft (
litterarum officina
) mit wachem Eifer erneuern (
reparare
) und – so viele wir können – durch unser Beispiel zu eindringlichen Studien der freien Künste anhalten»[ 23 ]. Heilen, was schadhaft war. Erneuern, zum Studium nötigen: Das beschrieb die Königsaufgabe schlechthin, der Karl sich stellen wird.
    Sein Bildungsprogramm war nicht Selbstzweck. Es diente dem Gottesdienst und damit der Sicherung und Legitimation der eigenen Herrschaft. Die Notwendigkeit der Devotion vor Gott und seinen Heiligen, auch vor dem höchsten Bischof erfuhr der Knabe, als ihn die Königssalbung des Vaters, seiner selbst und des Bruders darauf verwies, die Benediktion auch der Mutter und der Franken und des gesamten künftigen Königsgeschlechts. Die Segnung durch den Nachfolger, Erben, Stellvertreter des Apostelfürsten gemahnte unvergeßlich den künftigen Kaiser schon in jungen Jahren verheißungsvoll an die stärkende und legitimierende Macht Sankt Peters. Ihr blieb er Zeit seines Lebens verpflichtet.
    Nach der Salbung durch den Papst wurde – so mochte es scheinen – alles besser: Die Franken folgten dem Vater, der Bruder und Neffen ausgeschaltet und sich zum König aufgeschwungen hatte, bereitwillig, der zweifache Sieg gegen die Langobarden, der Gewinn Septimaniens und Narbonnes gegen die Sarazenen, der immer erfolgreichere Krieg gegen Waifar in Aquitanien offenbarten das Heil, das fortan auf Pippin und Karl ruhte. Der Knabe mußte empfänglich geworden sein für die Lehren seiner geistlichen Erzieher. Die Scheu vor den Geheimnissen des Glaubens, die er noch als Herrscher offenbarte, sein Respekt vor der Heiligkeit der Kirche und ihrer Priester, seine Unterwerfung unter die Macht der Heiligen und Gottes selbst, die er vom ersten Tag seiner Herrschaft an offenbarte, kurz: seine Frömmigkeit (
pietas
), sein nie vernachlässigter Gottesdienst (
cultus divinus
), dürften in seiner Kindheit geweckt, in seiner Jugend gestärkt worden sein.
    Eine gewisse literate Bildung wurde von einem Königssohn erwartet. Karl übertraf hierin alle seine Vorfahren und Vorgänger. Er soll das Latein wie seine Muttersprache gesprochen haben, behauptete – vielleicht in postumer panegyrischer Übersteigerung – sein Biograph Einhard (c. 25) lange Jahre nach des Kaisers Tod. Als König soll er sich in der Dialektik geübt haben, wie sein Lehrmeister Alkuin nicht nur festhielt, sondern gegen Kritik, es sei unnütz, verteidigte (ep.174); auf Altfränkisch wäre das gar nicht möglich gewesen.
    Karl zeigte sich an den Wissenschaften interessiert und übte sich selbst in ihnen. Die Grundlage dazu dürfte im Artes-Unterricht im Knabenalter gelegt worden sein. Selbst ein wenig Griechisch soll der König verstanden haben, behauptete Einhard (c. 25). Karls später gut bezeugtes Interesse für die Zeitberechnung, den Computus, und die Astronomie dürften gleichfalls damals geweckt worden sein. Als König habe er Wert auf die Bildung seiner eigenen Kinder in den freien Künsten gelegt, «um die er sich selbst bemühte», wie abermals Einhard andeutete (c. 19). Die Erfahrungen seiner Knabenjahre werden es Karl nahegelegt haben. Ein karolingischer Prinz dürfte fortan, selbst wenn es nicht ausdrücklich bezeugt ist, einen ordentlichen
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