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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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einer Nation im modernen Verständnis des Begriffs lässt sich nicht genau datieren. Aber man kann in der langen Entwicklung, die vom fränkischen Gallien unter den Merowingern bis zum französischen Königreich der Neuzeit führte, im Nachhinein historische Zäsuren oder gar Epochenumbrüche erkennen. Der Teilungsvertrag von Verdun im Jahre 843 gehört dazu; er hat Frankreichs geografische Grenzen für Jahrhunderte bestimmt. Nicht minder wichtig ist das Jahr 987 mit Hugos Thronbesteigung: Sie brachte das Königshaus an die Macht, das Frankreichs Geschichte mit all ihrem Glanz gut 800 Jahre lang verkörperte. Zum Römischen Reich der deutschen Nachbarn, das Kaiser Otto I. ein Vierteljahrhundert zuvor neu gegründet hatte, würde Frankreich nie gehören.
    Die Anfänge der Dynastie waren mühselig und bescheiden. Hugo musste sich in einer feudalen Umgebung behaupten, die einer starken Zentralmacht wenig dienlich war. Eine weitverbreitete Anarchie hatte das 10 . Jahrhundert gebeutelt, Plünderer und Invasoren suchten den Westteil Europas heim: von Süden die muslimischen Sarazenen, von Norden und Westen die Wikinger oder Normannen, die mit ihren Booten die Seine und die Loire hinauffuhren, von Osten die Ungarn, die bis nach Burgund und Aquitanien vorstießen. Bauern, Stadtbewohner und Mönche in ihren Klöstern erlebten schreckliche Zeiten. Der Schutz, den die Könige ihnen gewähren konnten, war dürftig. Die politische Macht zerstückelte und löste sich immer mehr in lokal und regional begrenzte Herrschaften von Fürsten und Burgbesitzern auf, die sich noch am ehesten um die Sicherheit der Menschen auf ihrem Grund und Boden kümmern konnten.
    Schon gegen Ende des 9 . Jahrhunderts fühlten sich die Großen des Westfrankenreichs, Territorialherren und Bischöfe, stark genug, um selbst den König zu wählen, das Erbrecht gegebenenfalls außer Kraft zu setzen und die Thronfolge je nach Lage zu regeln. Zwischen 888 und 9 87 konnten sich die Karolinger ihres Anspruchs nicht mehr sicher sein. Mehrmals mussten sie den Thron einer neuen aufstrebenden Familie überlassen: den Robertinern, aus denen auch Hugo hervorging. Den Beinamen »Capet« erhielt er erst ein Jahrhundert nach seinem Tod zugesprochen. Er leitete sich her von Cappa, der lateinischen Bezeichnung für den Mantel, den Hugo als Laienabt des Klosters von Tours trug. Tours rühmte sich, ein Stück vom Mantel des heiligen Martin als Reliquie zu besitzen. Hugos Urgroßvater war Robert der Tapfere (Robertus Fortis, auch als der Starke übersetzt), der aus dem Wormsgau stammte und ins Westfränkische gekommen war, um ererbten Besitz um Orléans in Anspruch zu nehmen. König Karl der Kahle, ein Enkel Karls des Großen, übertrug ihm die Grafschaften Tours und Angers und beauftragte ihn mit der Verteidigung des Gebietes zwischen Seine und Loire. Robert fiel 866 in der Schlacht von Brissarthe gegen die Normannen. Der Heldentod zeichnete ihn und seine Nachkommen aus. Seine beiden Söhne Odo, der Paris gegen die Belagerung durch die Wikinger 885 / 86 verteidigte, und Robert I. erlangten als erste Nichtkarolinger die Königswürde – jedoch nicht in direkter Folge.
    Der Sohn Roberts I. , Hugo der Große (um 895 bis 956 ), agierte als der starke Mann im westfränkischen Reich während der ersten Hälfte des 10 . Jahrhunderts. Zwei- oder dreimal hätte er Gelegenheit gehabt, nach der Krone zu greifen, doch begnügte er sich damit, der mächtigste Adlige im Reich zu bleiben. Der drittletzte Karolinger, Ludwig IV. , verdankte diesem Hugo seine Thronbesteigung. So räumte er ihm eine einzigartige Sonderstellung ein, indem er ihn in den eigens geschaffenen Rang eines »Herzogs der Franken« erhob, »der in allen unseren Reichen der Zweite nach uns ist«, also eine Art Hausmeier. Als Hugo 956 starb, wurde er in der Basilika Saint-Denis bei Paris beigesetzt, wo die französischen Könige ihre traditionelle Grablege haben. Sein ältester Sohn, nach dem Vater ebenfalls Hugo genannt, der spätere Capet, war da noch nicht ganz erwachsen.
    Als ein Usurpator hätte sich dieser Hugo also nicht ohne weiteres beiseiteschieben lassen. Der letzte Karolingerkönig Ludwig V. starb nach kurzer Herrschaft 987 bei der Jagd im Wald von Senlis, als er, wie schon sein Großvater Ludwig IV. , unglücklich vom Pferd stürzte. Kinder hinterließ er keine. Dennoch war das Geschlecht der Karolinger nicht ganz erloschen. Es gab noch einen, der den Thron beanspruchen konnte: Karl von Niederlothringen, ein
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