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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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Großen, die viel gelesen wurde, aber einen Schönheitsfehler hatte: Sie war frei erfunden. Ein französischer Experte schrieb 1918 , dieses »Gelegenheitswerk« könne der Welt genauso viel über den historischen Karl erzählen wie »Die drei Musketiere« von Alexandre Dumas über Ludwig XIII .
    Was der Forscher nicht schrieb: Notkers Werk kann der Nachwelt heute eine Menge erzählen – über Karl, die Legende. Denn es wurde stilbildend. Zum ersten Mal tauchte hier der volkstümliche, im wahrsten Sinne sagenhafte Karl auf, eine literarische Figur, die im Gedächtnis der Völker weiterlebt. Die Karl-Gedichte des Stuttgarter Theologen Karl von Gerok ( 1867 ) etwa basieren auf Notkers Buch; sie gehören fest zum Küchenkanon deutscher Gedichte und Geschichte: »Als Kaiser Karl zur Schule kam und wollte visitieren, / Da prüft’ er scharf das kleine Volk, ihr Schreiben, Buchstabieren, / Ihr Vaterunser, Einmaleins und was man lernte mehr.«
    Aber Notker hat nicht nur diese Episode vom Schulbesuch Karls des Großen aufgeschrieben. Auf knapp 60 Seiten erfährt der Leser, wie der König die Sängerschule von Metz ins Leben ruft und neue Bistümer gründet, wie er sich kleidet, die Sachsen bekämpft und Gesandte aus allen Teilen der Welt empfängt. Ein kleines Lehrstück ist die Geschichte von der einbalsamierten Maus. Dabei geht es um einen Bischof, der laut Notker »sehr auf eitlen Ruhm und nichtige Dinge bedacht war«. Der »kluge Karl« bemerkte das und gebot einem jüdischen Händler, dem Bischof eine in Gewürzen einbalsamierte Hausmaus als Exemplar einer raren judäischen Spezies zu verkaufen. Der Bischof bot drei Pfund Silber für die Maus. »Was für ein unziemlicher Preis für so teure Gabe«, rief daraufhin der Händler und handelte den Preis immer höher, bis der Bischof einen Scheffel Silber bot. Der Händler akzeptierte und brachte das Geld zu Karl. Der Monarch rief die Bischöfe seines Landes zusammen, legte das Silber in die Mitte des Raums und sprach: »Ihr Bischöfe, Ihr solltet den Armen, vielmehr Christus in ihnen dienen, nicht hinter eitlen Dingen her sein.« Der gemeinte Bischof warf sich vor dem König zu Boden. Karl verzieh ihm.
    »Weil wir berichtet haben, wie der weise Karl die Geringen erhöhte, so wollen wir auch berichten, wie er die Hochmütigen erniedrigte«, so begründet Notker die Geschichte. Für ihn ist Karl ein gütiger, weiser, großherziger Herrscher, ein brillanter Stratege und eleganter Diplomat, Schutzherr der Kirche und Muster christlicher Werte. Er versetzt den Regenten in »eine märchenhafte Ferne«, wie es der Philologe Paul Lehmann ausgedrückt hat. Notkers Buch sollte den Fürsten Spiegel und Anleitung sein. Er wollte seinen Auftraggeber Karl III. erziehen, ihm Beispiele geben für gute, christliche Herrschaft.
    So gesehen lagen seine Eltern völlig daneben, als sie ihren Sohn »Not-Ger« tauften, Althochdeutsch für »Not-Speer«. Respekt verschaffte er sich in seinem Leben mit Worten, nicht mit Waffen. Den Beinamen »der Stammler« hatte sich Notker in einem Anflug von gelassener Ironie denn auch selbst verliehen. Er wurde wohl um 840 in einem Ort in der Nordschweiz geboren, der heute Jonschwil heißt. Die Eltern starben, als er noch ein Kind war, und der weitgereiste Adalbert, ein angesehener Jonschwiler, der noch mit Karl dem Großen gekämpft hatte, nahm sich seiner an. So kam Notker ins nahe Kloster St. Gallen – und das war sein Glück. Denn er hatte einen schwachen Körper. »Dürr an Leib, stammelnd in der Rede«, so beschrieben ihn seine Glaubensbrüder nach seinem Tod im Jahr 91 2 . Das Kloster war ruhig, das Leben geregelt: Meditation, Muße, Messe. Ein guter Ort für Notker.
    Er schrieb und schrieb. »Im Beten, im Lesen, im Dichten war er unermüdlich«, überlieferten seine Klosterbrüder. »Er war ein Gefäß des Heiligen Geistes, so überquellend reich, wie es zu seiner Zeit kein anderes gab.« Denn Notker war nicht nur Erzähler, sondern auch treuer Kirchenmann und eine Art Notar. In seinem »Formelbuch« bündelte er Musterbriefe für verschiedene Gelegenheiten, etwa einen »Tauschvertrag über ein Grundstück« oder ein »Empfehlungsschreiben eines Bischofs für einen Dichter«. Er sammelte Geschichten über die Märtyrer aus seiner Region und machte sich als Poet mit kunstvollen »Sequenzen« einen Namen. Darin verdichtete er Bibelgeschichten zu Chorversen, die während der Messen gesungen werden konnten. Notker führte die Kirchenlieder weg von den
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