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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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Sohn Ludwigs IV. und Onkel des ums Leben gekommenen Ludwig V.
    Doch die letzten Karolinger, ohnehin schon geschwächte Herrscher, mussten mit einem ebenso geschickten wie einflussreichen Widersacher rechnen, der viele Fäden zog: Erzbischof Adalbero von Reims. Unterstützt wurde er von einem der klügsten Köpfe seiner Zeit, dem Scholastiker Gerbert von Aurillac – später als Papst Silvester II. der erste Franzose auf dem Heiligen Stuhl. Reims, in karolingischem Kernland gelegen, war zu jener Zeit der bedeutendste Bischofssitz in Frankreich; sein Inhaber konnte sich als Primas von Gallien betrachten, weil er die Könige krönte und zu den wichtigsten Ratgebern und Verwaltern des Herrscherhauses zählte.
    Hugo erschien dem Erzbischof als idealer Kandidat: durch Stellung und Handeln bewährt, aber noch nicht stark genug, um sich dem Einfluss des Erzbischofs zu entziehen. Zudem unterstützte Hugo in den ihm unterstellten Abteien die klösterliche Reformbewegung, die nach größerer Unabhängigkeit von der weltlichen Macht strebte, während die Karolinger Kirchenämter gern zur Belohnung an getreue Anhänger verteilten. Als Vertreter eines neuen Geschlechts schien Hugo überdies einer späteren Wiedervereinigung des Römischen Reiches und damit der Einheit der Christenheit unter den Ottonen nicht unbedingt im Wege zu stehen. Otto III. , dessen Lehrer und Ratgeber Gerbert wurde, war ja 987 noch ein kleines Kind.
    In diesem komplexen Kräfte- und Interessengeflecht hatte Herzog Karl von Niederlothringen keine echte Chance.
    Mit Hugos Wahl und Krönung war der Machtkampf jedoch nicht erledigt. Karl konnte sich in der Stadt Laon festsetzen, einer der letzten karolingischen Bastionen. Und nachdem Hugos Gönner Adalbero gestorben war, lieferte der neue Erzbischof Arnulf sogar Reims an den Rivalen des Königs aus. Hugo befand sich in einer prekären Lage. Erst durch Verrat löste sich 991 die Machtblockade. Der Bischof von Laon öffnete Hugos Truppen in der Nacht die Tore der Stadt, die dann Karl im Schlaf überwältigten. Der letzte Karolinger wurde als Gefangener nach Orléans gebracht, wo er bald darauf starb.
    Rasche, unerwartete Seitenwechsel waren in jenen turbulenten Zeiten durchaus üblich: Die vielen Feudalherren und Lokalfürsten achteten eifersüchtig auf ihre Eigenständigkeit, die Entwicklung der Machtverhältnisse war selten vorherzusehen. Aber der Verrat von Laon, eine Schandtat mitten während des österlichen Gottesfriedens, erregte die Gemüter vor allem in den südlichen Teilen des Königreichs so sehr, dass Hugos Ansehen und Autorität ernstlich beschädigt erschienen, etwa in Aquitanien und in Limoges.
    Ademar von Chabannes hat eine höchst zwiespältige Darstellung von Hugos Herrschaft hinterlassen, in der Gut und Böse unvermittelt nebeneinanderstehen.
    Darin findet sich auch ein heftiger Wortwechsel zwischen dem König und einem seiner aufsässigen Vasallen, Adalbert von Périgord: »Wer hat dich zum Grafen gemacht?«, fragt Hugo, um den Widerspenstigen an seine Treuepflicht gegenüber dem Lehnsherrn zu erinnern. »Wer hat Euch zum König gemacht?«, gibt Adalbert ungerührt zurück. Die Sakralherrschaft des Königs, sein Gottesgnadentum, war noch lange nicht unantastbar in diesem Mosaik von Herzogtümern, Grafschaften und Grundbesitzungen. Hugo musste auf schwankendem Boden Tritt fassen, denn seine persönliche Krondomäne in der Île de France war vergleichsweise klein, seine Finanzmittel blieben entsprechend knapp, und eine Verwaltungsstruktur gab es so gut wie gar nicht. Kämpfe zwischen den Feudalherren konnten jederzeit chaotische Verhältnisse heraufbeschwören.
    Nachdem Karl als Rivale ausgeschaltet war, musste Hugo noch den ungetreuen Arnulf, den Nachfolger des Erzbischofs Adalbero in Reims, entmachten. Dazu berief er ein Konzil nach Verzy bei Reims, zu dem sich 13 Bischöfe (eine ziemlich dürftige Zahl) einfanden. Die Debatten verliefen heftig und kreisten vor allem um die Fragwürdigkeit des Verfahrens; denn streng genommen war der König gar nicht befugt, ein Konzil zu bestellen, wo Bischöfe über einen der ihren urteilen sollten. Nur der Papst sei zuständig, argumentierte Arnulfs Verteidiger Abbo von Fleury.
    Obwohl Papst Johannes XV . in Rom das genauso sah, wurde Arnulf abgesetzt; Gerbert von Aurillac rückte als neuer Erzbischof von Reims nach. Wieder also hatte Hugo Glück – sein Vorgehen hätte ihm auch die Exkommunikation bescheren können. Geschickt manövrierte er zwischen den
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