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Karibik Träume... und zwei Leichen

Karibik Träume... und zwei Leichen

Titel: Karibik Träume... und zwei Leichen
Autoren: Jean Terbrack
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obere Rand des Eingangs dunkel verfärbt.
      „Hat `s hier gebrannt?“ fragte ich.
      „Kann sein“, antwortete Hoffmann, in den Außenspiegel schauend, „aber vermutlich eher die Abgase.“
      Es ging langsamer. Die blau-grau-schwarzen Abgasschwaden standen regelrecht in diesen Röhren. So muss es früher bei uns gewesen sein, bevor das Ruhrgebiet Luftkurort wurde. Meine Oma erzählte mir oft von weißen Hemden, die sonntags nach vier Stunden gewechselt werden mussten, weil sie grau waren. Essen, die Drei-Hemden-Stadt. Und ich wurde noch in den Sechzigern mit chronischer Bronchitis regelmäßig an die Nordsee geschickt. Hoffmann machte kurz das Fenster auf, um jemanden auf der linken Spur seine Meinung zu sagen. Warmer Mief kam in´s Auto. Der größte Teil der Autos hier wurde gebaut, als noch niemand an Katalysatoren gedacht hat.
      Nach einer dreiviertel Stunde erreichten wir die ersten Ausläufer von Caracas. Ranchos . Die Elendsviertel. Die Häuser waren zum Teil abenteuerlich konstruiert. Es schien keine Ordnung zu geben. Sie wirkten, als ob sie neben-, unter-, übereinander gebaut worden wären. Wo gerade noch Platz war oder es sonst wie eine Gelegenheit gab. Nackter Beton, unverputzte, graue Steine. Manchmal Wellblech. Fenster? Kann ich nicht mehr sagen. Jedenfalls Gitter vor den entsprechenden Öffnungen. Manche erweckten den Eindruck, als ob sie an die Hänge geklebt wären. Ein richtiger Regen und die ganze Schönheit liegt unten. Dreck und Abfall überall. Die Menschen schienen ihren Müll einfach herunter zu kippen. Aus irgendeinem Rohr lief Wasser herunter. Schwarzhaarige, dunkelhäutige Kinder spielten darin. Im Graben direkt neben der Fahrbahn.
      Noch ein Tunnel. Dahinter, auf der linken Seite, in einem langen Tal ausgestreckt, Caracas. Weiter hinten blitzten die verspiegelten Fensterfronten der torres , der Hochhäuser, in der Sonne. Moderne Türme aus Stahlbeton und Glas. Wohlstand und Armut sind hier Nachbarn. Geographisch, meine ich, nicht philosophisch. Riesige Werbeflächen warben für Maggi, Autos, Einkaufszentren. Gutgeformte Frauen strahlten auf uns herab und warben für die lokalen Biere. Hoffmann wechselte die Autobahn.
      „Wir müssen zum anderen Ende der Stadt. Dick hat darauf bestanden, dass ich Euch in Altamira unterbringe.“ Dick war der Projektdirektor des Kunden. „Das ist einer von den besseren Stadtteilen. Er sagte: „ Ich kenne ja die Europäer. Die wollen abends `rumlaufen können.“
      „Ist Altamira sicherer?“ wollte Willi wissen. Er verschränkte die Arme auf den Sitzlehnen und sah zwischen Hoffmann und mir nach vorne.
      „Nicht wirklich,“ meinte Hoffmann. „Es ist ruhiger und es sind mehr Uniformen auf den Straßen.“ Er reihte sich am Ende eines Staus ein. Er lachte jungenhaft. „Rush-hour.“ Er drehte sich halb zu Willi. „Ich würde mich aber nicht darauf verlassen, dass die Ihnen helfen. Die bandidos hier sind schnell mit dem Messer oder der Kanone dabei. Die schießen erst und fragen dann. Außer Sie tragen ein T-Shirt, was denen gefällt. Das dürfen Sie dann erst ausziehen, weil die keine Blutflecken drauf haben wollen.“
      „Und die Bullen sehen zu?“ Willi rümpfte die Nase.
      „Ne, die sehen weg . Glauben Sie, dass die für `nen gringo erschossen werden wollen?“
      „Na klasse!“ Hörte sich ja wirklich einladend an.
      „Keine Panik. Die Masse schützt Sie.“ Hoffmann setzte den Wagen wieder für einige Meter in Bewegung. „Wenn Sie da sind, wo Menschen sind, ist Ihre Chance eins zu der Anzahl der Menschen, dass Sie herausgepickt werden.“
      „Hört sich immer besser an.“ Ich sah aus dem Fenster und zog ein Gesicht. „Also besser im Hotel bleiben?“
      „Ach was. Bleiben sie zusammen, nehmen Sie nichts Wertvolles mit und haben Sie immer ein wenig Geld dabei, um so einen Kameraden ruhig zu stellen.“ Hoffmann drehte an seinen Ehering. Offensichtlich ging es ihm nicht zügig genug voran. „Wenn es geht nehmen Sie Taxis.“ Er schien zu überlegen, ob es noch einen Schleichweg gäbe. Er trommelte auf das Lenkrad. Scheinbar nicht. „Aber lassen Sie sich ein´s im Hotel oder Restaurant rufen. Nicht einfach irgend ein´s anhalten.“
      „Sind Sie schon überfallen worden?“ fragte Willi beiläufig.
      „Ja. Ich hatte meine Frau und meine Schwiegermutter an einer mall , also einem Einkaufszentrum, abgesetzt und stand gerade am Schlagbaum der Tiefgarage. Als ich das Fenster herunter ließ, um mir das
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