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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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drangen.
    Mit einem laut gegrölten »Eef Cee,
Eef Cee« verschaffte er sich Gehör auf der rappelvollen Tribüne. Die grimmigen Blicke
der größtenteils als Aachener Fans zu erkennenden Umstehenden störten ihn ebenso
wenig wie das sinnfreie »Colon, Colon, die Scheiße vom Dom«, das ihm entgegen gebrüllt
wurde. Niemand würde ihm gegenüber handgreiflich werden. Dazu war er zu groß, zu
athletisch und zu selbstsicher. Er genoss es, die Zuschauer um ihn herum zu provozieren.
Er und seine Begleiter trugen als Einzige rot-weiße Trikots mit der Rückennummer
9 und dem Namenszug des ewigen Kölner Idols: Lukas Podolski.
    Das Spiel der alten Rivalen konnte
beginnen.
     
    Das Derby endete mit einem knappen 2:1-Sieg für die Alemannia. Den
Spott und die Häme der schwarz-gelben Aachenfans konnte er gelassen ertragen. Wenn
es nach ihm gegangen wäre, hätte er sich das Spiel erst gar nicht angesehen. Aber
der Alte hatte es so gewollt, es hatte zu dem Plan gehört.
    Alleine fuhr er nach Köln zurück,
seine beiden Begleiter sollten plangemäß mit dem Bus und der Bahn in ihre Heimatorte
zurückkehren. Wie erwartet, hatte noch niemand den Leichnam hinter dem Parkplatz
entdeckt. Zum einen verhüllte ihn die Dunkelheit, zum anderen wollte jeder schnell
nach Hause und hatte keine Lust, noch lange durch die Gegend zu laufen. Er hingegen
ließ sich Zeit, wartete im Wagen geduldig ab, bis sich der Stau auf dem Gelände
auflöste, und überdachte noch einmal das Geschehene. Er hatte seine drei Mitfahrer
an einer S-Bahn-Station an der Aachener Straße in Köln aufgelesen und jedem von
ihnen sofort eine Bierflasche in die Hand gedrückt. Bedenkenlos hatten sie das Obergärige
getrunken. Sein Hintermann hatte das von ihm präparierte Kölsch erhalten.
    Schon wenige Minuten später, sie
waren kaum auf der Autobahn in Richtung Aachen, wirkte das Mittel bereits, von dem
er nicht viel mehr wusste, als dass es ein Teufelszeug war; irgendein Mix aus Schlaf-
und Betäubungsmittel oder gar ein lähmendes Gift.
    Ohne Zaudern stülpte der zweite
Mann auf dem Rücksitz dem Dahindämmernden eine Plastiktüte über den Kopf. Als er
sich zwischen Düren und Weisweiler vom Ergebnis vergewisserte und die Tüte lupfte,
war der Mann erstickt; genauso, wie es der Plan vorsah.
    Anderenfalls hätte er nachgeholfen.
     
    Die hektischen Autofahrer um ihn herum konnten ihn nicht aus der Ruhe
bringen. Was sollte er sich jetzt noch Stress antun? Auf der Autobahn zurück zur
Rheinmetropole rollte er auf dem rechten Fahrstreifen mit. Das entspannte und war
weitaus weniger nervend als das permanente Überholen und Einscheren bei hoher Geschwindigkeit.
Auf dem Parkplatz am Rasthof in Frechen legte er den beabsichtigten Zwischenstopp
ein. Er suchte sich einen abgelegenen Stellplatz weit entfernt von Tankstelle und
Raststätte, der zu dieser nächtlichen Zeit garantiert unbeobachtet war. Nachdem
er sich vergewissert hatte, dass kein Mensch in der Nähe war, entfernte er die schwarzen
und weißen Klebestreifen, mit denen er auf dem Nummernschild die Zahlen und Buchstaben
verändert hatte, und warf sie in die erste Mülltonne. Das Trikot mit der Podolski-Aufschrift
flog in die zweite. Es hätte ihm noch gefehlt, dass später jemand den Schluss ziehen
würde, die Klebestreifen und das Trikot könnten zusammengehören, weil sie in einer
Tonne gefunden wurden.
    Niemand hatte ihn bei seinem Handeln
gesehen. Da war er sich ziemlich sicher. Er fuhr weiter, ins Rheintal hinab in die
Domstadt. Mal wieder verfranzte er sich, ehe er vom Konrad-Adenauer-Ufer hinter
dem blauen Runddach des Musical-Domes linksseitig endlich hinter dem Hauptbahnhof
die Jakordenstraße fand. Der Alte hatte ihm untersagt, das Navi zu benutzen. Wer
wusste, mit welchem Trick jemand Daten früher eingegebener Routen darauf sichtbar
machen konnte? Es waren Kleinigkeiten; aber der Alte legte darauf Wert, und er hielt
sich daran.
    Den modernen Wohnblock gegenüber
der nicht sofort erkennbaren Verwaltungszentrale eines Lebensmittelkonzerns fand
er auf Anhieb. Mit der Chipkarte öffnete er das Tor zur Tiefgarage und stellte den
Wagen auf dem zugewiesenen Stellplatz ab. Es gehörte schon einiges Geschick dazu,
die Limousine vernünftig einzuparken. Chipkarte und Autoschlüssel verstaute er in
einem Papierumschlag, den er in den Briefkasten mit dem für Köln absolut unauffälligen
Namenszug Schmitz warf.
    Nach einem Blick auf die Armbanduhr
machte er sich gemächlich auf den Weg zum Hauptbahnhof. Er lag
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