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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um
Autoren: Karin Slaughter
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SONNTAG
    EINS
    Sara Linton beobachtete, wie ihre hochschwangere Schwester aus dem Dairy Queen herauskam, in jeder Hand einen Becher Vanilleeis mit Schokoladensoße. Als Tessa den Parkplatz überquerte, frischte der Wind auf, und das fliederfarbene Umstandskleid blähte sich und flatterte hoch bis über ihre Knie. Verzweifelt versuchte Tessa das Kleid zu bändigen, ohne das Eis fallen zu lassen, und Sara hörte sie fluchen, als sie sich dem Wagen näherte.
    Sara versuchte sich das Lachen zu verkneifen. Sie lehnte sich zum Beifahrersitz hinüber, um ihr die Tür zu öffnen, und fragte: »Brauchst du Hilfe?«
    »Nein«, knurrte Tessa und zwängte sich ins Auto. Sobald sie saß, drückte sie Sara das Eis in die Hand. »Und hör auf zu lachen.«
    Sara zuckte leicht zusammen, als ihre Schwester die Sandalen abstreifte und die nackten Füße gegen das Armaturenbrett stemmte.
    Ihr BMW 330 i war noch keine zwei Wochen alt, und Tessa hatte bereits eine Tüte M&Ms auf dem Rücksitz schmelzen lassen und eine Dose Fanta vorn über den Teppich gekippt. Wäre Tessa nicht im achten Monat schwanger, hätte Sara sie erwürgt.
    »Warum hast du so lange gebraucht?«
    »Ich musste aufs Klo.«
    »Schon wieder?«
    »Nein, weißt du, ich gehe nur zum Spaß bei Dairy Queen aufs Klo«, gab Tessa zurück. Sie fächelte sich mit der Hand Luft zu. »Gott, ist das heiß.«
    Sara biss sich auf die Zunge und drehte die Klimaanlage auf. Als Ärztin wusste sie, dass Tessa nur das Opfer ihrer Hormone war, doch manchmal hätte sie Tessa am liebsten in eine Kiste gesperrt und die erst wieder aufgemacht, wenn sie das Baby schreien hörte.
    »Der Laden war bumsvoll«, jammerte Tessa, den Mund voll Schokoladensoße. »Müssten die Leute um die Zeit nicht in der Kirche sein oder so was?«
    »Hm«, machte Sara.
    »Der Laden ist so ekelhaft. Schau dir nur mal den Parkplatz an«, Tessa fuchtelte mit dem Löffel in der Luft herum. »Die Leute werfen einfach ihren Müll auf die Straße und kümmern sich nicht drum, wer ihn wegmacht. Als würde die Müllfee kommen und alles mitnehmen.«
    Sara brummte zustimmend und aß ihr Eis, während Tessa sich in ihrer Schimpftirade erging, angefangen bei dem Mann, der bei Dairy Queen ins Handy geschrien hatte, bis zu der Frau, die zehn Minuten in der Schlange stand und sich an der Theke immer noch nicht entschieden hatte, was sie wollte. Nach einer Weile ließ Sara die Gedanken schweifen, starrte auf den Parkplatz hinaus und dachte an die stressige Woche, die vor ihr lag.
    Seit ein paar Jahren arbeitete sie nebenbei als Coroner für die örtliche Gerichtsmedizin, um ihren Partner an der Heartsdale-Kinderklinik auszahlen zu können, der in den Ruhestand ging. Normalerweise nahm ihr Amt als Rechtsmedizinerin nicht allzu viel Zeit in Anspruch, aber letzte Woche hatte sie vor Gericht erscheinen müssen, was sie zwei volle Tage in der Klinik gekostet hatte, und die würde sie diese Woche mit Überstunden aufholen müssen.
    Die Arbeit in der Leichenhalle griff immer mehr auf ihre Klinikzeiten über, und Sara wusste, irgendwann würde sie zwischen beiden wählen müssen. Und wenn es so weit war, würde ihr die Entscheidung schwer fallen. Die Rechtsmedizin stellte für sie die Herausforderung dar, die ihr im Alltag fehlte, seit sie vor dreizehn Jahren von Atlanta zurück aufs Land nach Grant County gezogen war. Vielleicht fürchtete sie, ihr Grips würde verkümmern, wenn sie nicht mehr mit den Rätseln der forensischen Medizin zu tun hätte. Andererseits war das Heilen von Kindern gut für die Seele, und Sara, die selbst keine Kinder bekommen konnte, würde den Umgang mit ihnen vermissen. Täglich schwankte sie, ob ihr die eine oder die andere Arbeit wichtiger war. Meistens war es so, dass ein mieser Tag in dem einen Job den anderen umso schöner erscheinen ließ.
    »Nicht mehr die Jüngste!«, blaffte Tessa laut genug, dass sie bis in Saras Bewusstsein durchdrang. »Ich bin vierunddreißig, nicht fünfzig. So einen Mist muss ich mir als Schwangere doch nicht von einer Krankenschwester anhören, oder?«
    Sara sah ihre Schwester an. »Was?«
    »Hast du überhaupt zugehört?«
    Sara versuchte überzeugend zu klingen. »Ja, natürlich.«
    Tessa runzelte die Stirn. »Du denkst an Jeffrey, stimmt’s?«
    Sara war verdutzt. Ihr Ex-Mann war ausnahmsweise das allerletzte, woran sie gerade gedacht hatte. »Nein.«
    »Sara, lüg mich nicht an«, erwiderte Tessa. » Die ganze Stadt hat die Schilder-Tussi am Freitag auf der Wache
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