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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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wenn sie herausposaunte, sie setze sich für eine wohnortnahe
Versorgung der Bürger mit preiswerten Lebensmitteln ein.
    Nicht anders war es mit dem leidigen
Thema der angeblich geplanten Moschee. Die KGB war dagegen. Sie war im Prinzip gegen
ein Gespenst, das sie selbst aufgebaut hatte. Niemand, nicht einmal die Muslime,
wollten eine neue Moschee in Köln, aber darüber ging die KGB kurzerhand hinweg.
Sie machte öffentlich Stimmung gegen die Moschee und fand massenhaft Unterstützung,
obwohl alle Medien immer wieder über die tatsächlichen Umstände informierten. Man
glaubte den Medien und den etablierten Parteien nicht, man glaubte der KGB, die
Emotionen schürte und Informationen manipulierte.
    »Damit dürfte es ja wohl jetzt vorbei
sein«, meinte Schlingenheim, der CDU-Mann. »Ich glaube nicht, dass die KGB den Antrag
noch einmal stellt.«
    Das zustimmende Kopfnicken der anderen
Gesprächsteilnehmer am runden Tisch im Bürgermeisterbüro bestätigte ihn in seiner
Ansicht.
    »Das ist doch wohl unser kleinstes
Problem«, meldete sich der Oberbürgermeister zu Wort. »Was machen wir jetzt mit
Kardinal?« Müller schaute fragend in die Runde. »Ehrlich gesagt, habe ich wenig
Lust, ihm einen Festakt zuzugestehen. Denn ich vermute, er hat das Zeitliche gesegnet.
Ab in den Ofen mit dem Kerl und die Asche auf einer Wiese verstreut. Das wäre das
höchste der Gefühle.« Er war sicher, mit seiner despektierlichen Auffassung nicht
anzuecken. Er wollte die anderen aus der Reserve locken und da musste er eine deutliche
Vorleistung bringen.
    »Wenn’s nach mir ginge, würde ich
sagen, von jeder Fraktion geht einer anstandshalber zur Beisetzung, außerdem einen
Kranz der Stadt und notgedrungen einen Nachruf in der Zeitung«, meinte Ringelzweig.
Das müsse reichen, fügte der SPD-Mann noch grimmig hinzu. »Falls er tatsächlich
tot sein sollte.« Die Bemerkung ›Was ich hoffe‹, unterließ er tunlichst.
    »Keine Bedenken«, erklärte der FDP-Mann
Bückenfänger.
    Die Grüne, Alexandra Pohlke, bestätigte
seine Auffassung. »Der ist es nicht wert, dass wir uns länger mit ihm beschäftigen«,
sagte sie mit ihrer hohen, leisen Stimme, die ihr in Ratskreisen den spöttischen
Beinamen ›Vögelchen‹ eingebracht hatte.
    »Wie sieht es denn eigentlich mit
den Unterlagen Kardinals aus?« Endlich ließ Ringelzweig die Katze aus dem Sack.
Der Sozi würde nicht ohne Grund fragen, dachte sich Müller, der bei seinem Rundblick
über den Sitzungstisch auf interessiert schauende Gesichter stieß.
    »Hat er was im Computer?«, fragte
Ringelzweig.
    »Sie meinen sicherlich den Rechner
der Fraktion?«, korrigierte ihn der Oberbürgermeister lächelnd. »Da kann ich Sie
beruhigen. Jansen sagte mir, auf dem Rechner gibt es nur die übliche Rathauspost,
Anträge und Mitteilungen. Also nur das, was Sie auch über das Intranet bekommen.«
    Er wusste nur von seiner eigenen
Geschichte mit Kardinal, und er hatte erleichtert festgestellt, dass es auf dem
Fraktionsrechner keinen einzigen auch noch so kleinen Hinweis darauf gab. Ringelzweigs
Vorstoß bestätigte ihn in seiner Vermutung, dass auch dieser mehr meinte als nur
die übliche Rathauspost. Und bei Schlingenheim, Bückenfänger oder Pohlke dürfte
es nicht anders sein. Alle hatten wohl vermutet oder wahrscheinlich sogar befürchtet,
dass Kardinal mehr auf dem Rechner hatte, mehr Informationen über Parteien und Personen.
Davon war Müller jedenfalls ausgegangen.
    Dass er, selbstverständlich unter
dem angeblichen Angebot der Mithilfe, einen seiner persönlichen Referenten gebeten
hatte, den Rechner der KGB in Anwesenheit von Jansen zu inspizieren, verschwieg
er. Es hatte ja auch keine verwertbaren Ergebnisse gegeben, mit denen er dem einen
oder anderen hätte schaden oder aber ihn für sich hätte gewinnen können. Alles brauchte
die vertraute Runde auch nicht zu wissen.
    »Ich kann nur noch einmal wiederholen:
Es gibt nichts Auffälliges, Unzulässiges oder Sonstiges auf dem Rechner im Zimmer
der KGB. Selbst der E-Mail-Verkehr oder die Überprüfung gelöschter Dateien brachte
nichts Erhellendes.« Unausgesprochen blieb sein Gedanke, Kardinal könnte auf seinem
privaten Rechner andere Unterlagen haben. Müller traute es dem Kerl durchaus zu.
     
    Kardinal hatte ihn unlängst verblüfft, als er in einem Gespräch unter
vier Augen eine Notiz hervorkramte, die sich auf eine Begebenheit vor der Bürgermeisterwahl
bezog. Wenn diese Notiz in falsche Hände geriet, würde der Oberbürgermeister
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