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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage
Autoren: Hermann Bauer
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Zigaretten«, sagte Maria. »Ich denke, die Trafik hier im Bahnhof hat noch geöffnet.«
    Ingrid verschwand artig. Kaum war sie außer Hörweite, versuchte Maria, Korber, dem sein Ärger deutlich anzusehen war, zu beruhigen: »Tut mir leid, Thomas, aber Ingrid ist sehr anhänglich. Sie war einmal meine Schülerin, und jetzt bin ich so etwas wie eine Ersatzmutter für sie. Sie hatte eine schwere Kindheit, doch davon werde ich dir ein anderes Mal erzählen. Jedenfalls haben wir uns gestern einen Film angesehen, waren aber dann zu müde, um noch etwas zu unternehmen. Na ja, und heute Nachmittag hat sie mich dann angerufen und gefragt, ob es uns stört, wenn sie mitgeht.«
    »Und ob!«
    »Sei nicht böse, Thomas. Ingrid ist wirklich nett. Wir haben uns einfach schon lange nicht mehr gesehen, weil ich erst seit Kurzem in Wien bin und sie hier studiert und jobbt. Deshalb ist ihre Sehnsucht nach mir sehr groß, versteh das doch bitte. Es ist nicht so, dass ich nicht mit dir ausgehen will, aber verschieben wir unser kleines Rendezvous noch ein wenig. Und heute brauchen wir ja nichts Großartiges zu unternehmen. Gehen wir einfach in dein Kaffeehaus, von dem du gestern so geschwärmt hast, und plaudern ein bisschen. Du wirst sehen, das wird noch ein gemütlicher Abend.«
    Innerlich hatte Korber Maria schon verziehen, dennoch genoss er es, seinen Unmut jetzt so richtig zur Schau zu stellen. »Sonst gerne«, pfauchte er mürrisch. »Aber gerade heute ist dort das Finale vom Dreiband-Billardturnier. Da ist die Hütte gerammelt voll, und mit der Gemütlichkeit ist es nicht weit her.«
    »Richtig, das Billardturnier. Stell dir vor, Herr Fellner, mein Zimmerwirt, spielt auch mit. Ingrid hat mir davon erzählt, als sie mich gestern in der Pension abholte. Es hängt zwar ohnehin ein Riesenplakat dort, aber ich habe es glatt übersehen. Da wollen wir eigentlich auch zuschauen. Eine bessere Möglichkeit, uns in dein Stammlokal einzuführen, hast du gar nicht.«
    Korber erinnerte sich. Georg Fellner gehörte die Pension ›Olga‹ im Bezirksteil Strebersdorf, das heißt, eigentlich gehörte sie seiner Frau, Olga Fellner, deren Familie sie seit zwei Generationen führte. Dem Vernehmen nach ging der Betrieb immer noch recht gut. Vor ein paar Jahren waren deshalb auch zwei Ferienwohnungen dazugebaut worden, und in einer davon wohnte jetzt offensichtlich Maria Hinterleitner.
    »Außerdem haben sie für die nächsten Stunden einen Wettersturz angesagt, da zahlt es sich nicht aus, weiß Gott wohin zu fahren«, redete Maria weiter auf ihn ein.
    »Na schön, versuchen können wir’s ja«, sagte er ohne großen Enthusiasmus. Beziehungsmäßig konnte er den Abend vergessen. Vor allem: Wie stand er jetzt vor Leopold da? Immerhin würde er doch noch das Endspiel sehen, ein schwacher Trost.
    »Fein! Da kommt Ingrid schon mit den Zigaretten. Gehen wir«, hörte er Maria und trabte den beiden Damen brav hinterher.

     
    *

     
    Das Café Heller war zum Bersten voll. Sogar die Rauchwolken, die über den Billardtischen hingen, schienen gespannt auf das Finale zu warten.
    »Ganz schön stickig hier«, keuchte Ingrid, während sie versuchte, sich einen Weg zu den Kleiderhaken freizukämpfen. Trotz der milden Witterung hingen hier genug Jacken, Mäntel und Schirme, da alles mit dem vorhergesagten Schlechtwettereinbruch rechnete. Freien Sitzplatz konnte Korber keinen ausmachen. Er hielt verzweifelt nach Leopold Ausschau.
    »Das habe ich mir gedacht, dass du jetzt daherkommst«, hörte er plötzlich eine aufgebrachte Stimme hinter sich. »Jetzt, wo gleich das Finale anfängt. Und mit zwei Damen auch noch dazu. Typisch. Hättest du gestern etwas gesagt, hätte ich ein Platzerl für dich freihalten können, aber da haben der Herr ja geglaubt, dass er ein anderes Etablissement aufsuchen wird.«
    »Leopold, glaube mir …«
    »Egal ob ich dir glaube und was ich dir glaube, ich kann jetzt praktisch gar nichts machen. Wir sind froh, wenn alle, die da sind, noch etwas sehen und wir selbst mit den Getränken durchkönnen. Das heißt, gegen eine anständige Turnierspende – für einen guten Zweck, wohlgemerkt – wäre es mir unter Umständen möglich, vorne beim Waldi bei den Zeitungslesern ein paar alte Damen zu verscheuchen, die schon seit drei Stunden bei einem Kaffee sitzen – natürlich nur, wenn du aufgrund deiner weiblichen Gesellschaft auf die Partie verzichtest.«
    »Aber wir wollen das Spiel doch sehen«, meldete sich Ingrid zu Wort, die kurz in der
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