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Kaputt in Hollywood. Stories.

Kaputt in Hollywood. Stories.

Titel: Kaputt in Hollywood. Stories.
Autoren: Charles Bukowski
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den Orang-Utan. Er lag im Wohnzimmer, mit einem Loch in der linken Schläfe. Sein
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    Kopf lag in einer Blutlache. Er war tot. Abgemurkst. Sein Gesicht war eine grinsende Fratze. Eine schmerzverzerrte Fratze, durch die ein Grinsen drang, als hätte er beim Anblick des Todes eine überraschende Entdeckung gemacht, die ihn trotz seiner Qualen grinsen ließ. Naja, er wußte darüber jetzt besser Bescheid als ich. Dopey, den Tiger, hatten sie an seinem Lieblingsplatz erwischt - im Badezimmer. Die Mörder hatten ihn mit Kugeln vollgepumpt, offensichtlich aus Angst. Es gab eine Menge Blut. Ein Teil davon war schon geronnen. Seine Augen waren geschlossen, aber das Maul war in einem Zähnefletschen erstarrt, und die großen prächtigen Reiß zähne standen hervor. Selbst im Tod war er noch majestätischer als jeder lebende Mensch.
Der Papagei lag in der Badewanne. Für ihn hatte eine einzige Kugel genügt. Er lag unten am Abfluß, Kopf und Hals abgeknickt unter seinem Körper, den einen Flügel unter sich begraben, den anderen weit gespreizt. . . der Flügel wirkte wie ein lautloser Schrei. Ich durchsuchte die übrigen Zimmer. Nichts war mehr am Leben. Alle tot. Der schwarze Bär. Der Kojote. Der Iltis. Alle. Totenstille im ganzen Haus. Nichts regte sich. Wir konnten nichts mehr tun. Die Tiere hatten für ihre Individualität bezahlt - und für unsere. Jetzt hatten wir ein großes Begräbnis am Hals. Ich räumte die Leichen aus dem Wohnzimmer und aus dem Schlafzimmer; wischte das Blut auf, so gut es ging. Dann ließ ich Carol ins Haus. Ich setzte sie auf die Couch und hielt sie fest. Sie weinte nicht, aber sie zitterte am ganzen Körper. Ich streichelte sie, redete ihr gut zu ... Hin und wieder wurde sie von Krämpfen geschüttelt, und dann stöhnte sie »Ooooh, ooooh . . . mein Gott. . .« Nach gut zwei Stunden fing sie an zu weinen. Ich blieb bei ihr, hielt sie fest. Schließlich schlief sie ein. Ich trug sie zum Bett, zog sie aus, deckte sie zu. Dann ging ich hinaus und besah mir die Wiese hinter dem Haus. Gottseidank war es eine große Wiese. Von einem antiautoritären Zoo waren wir über Nacht zu einem Tierfriedhof geworden. Es dauerte zwei Tage, bis wir sie alle begraben hatten. Carol spielte Trauermärsche auf ihrem Plattenspieler, und ich hob Gruben aus, hievte die Leichen rein und scharrte sie
zu. Es war unendlich traurig. Carol steckte Kreuze mit den Namen der Tiere auf die Gräber. Wir tranken Wein und sagten kein Wort. Leute fanden sich ein und linsten durch den Maschendrahtzaun; Erwachsene, Kinder, Reporter und Fotografen von den Tageszeitungen. Als ich am Ende des zweiten Tages das letzte Grab zugeschaufelt hatte, nahm mir Carol die Schaufel aus der Hand und ging damit zum Zaun. Die Leute wichen ängstlich zurück und murmelten was. Carol schleuderte die Schaufel gegen den Zaun. Die Leute duckten sich und hoben die Arme vors Gesicht, als fürchteten sie, die Schaufel werde ihnen durch den Zaun hindurch in die Fresse fliegen.
»All right, ihr Killer«, schrie Carol, »jetzt könnt ihr euch freuen!«
Wir gingen ins Haus. Draußen lagen 55 Gräber . . . Nach ein paar Wochen machte ich Carol den Vorschlag, einen neuen Zoo zu gründen und diesmal einen Wächter einzustellen. »Nein«, sagte sie. »Meine Träume . . . meine Träume haben mir gesagt, daß die Zeit gekommen ist. Alles nähert sich dem Ende. Wir beide haben es gerade noch rechtzeitig geschafft.«
Ich fragte sie nicht, was sie damit meinte. Sie hatte schon genug durchgemacht.
Als sie im 9. Monat war, bat sie mich, sie zu heiraten. Sie sagte, sie halte an sich nichts vom Heiraten, doch da sie keine Verwandten habe, sei es ihr Wunsch, daß ich einmal das Anwesen erbe. Für den Fall, daß sie die Geburt nicht überlebte und ihre Träume vom Ende der Welt sich als falsch erwiesen.
»Träume können sich als falsch herausstellen«, sagte sie. »Obwohl meine bisher immer gestimmt haben.« Also hatten wir eine stille Hochzeit. Auf unserem Friedhof. Ich las einen alten Kumpel aus der Gosse auf, der füngierte als Trauzeuge, und wieder standen sie am Zaun und gafften. Es war rasch vorbei. Ich gab meinem Kumpel ein bißchen Geld und ein paar Flaschen Wein und fuhr ihn zurück in die Slums. Unterwegs, zwischen zwei Schlucken aus der Flasche, fragte er mich: »Hast sie geschwängert, was?« »Mhm. Kann sein.«
»Du meinst, sie hat noch andere gehabt?«
»Äh- ja.«
»Immer das gleiche mit diesen Weibern. Man kann nie wissen. Bei der Hälfte von uns Typen sind die
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