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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition)
Autoren: John Lanchaster
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von dem stetigen Datenfluss in ihren Computern auf. Rogers Büro hatte Wände aus Glas, aber es gab Jalousien, die er schließen konnte, wenn er etwas Privatsphäre brauchte. Er hatte auch ein ganz neues Spielzeug, einen Apparat, der weißes Rauschen erzeugte. Wenn man ihn einschaltete, war es unmöglich, außerhalb des Raumes etwas mitzuhören. Alle Abteilungsleiter hatten so einen Apparat. Er war echt abgefahren. Meistens jedoch zog Roger es vor, die Tür zu seinem Büro offen zu lassen, damit er etwas von der Geschäftigkeit im Nebenraum mitbekam. Er wusste aus Erfahrung, dass es gefährlich war, sich von seiner Abteilung zu isolieren. Je mehr man darüber Bescheid wusste, was unter seinen Untergebenen vor sich ging, desto weniger bestand die Gefahr böser Überraschungen.
    Diese Lektion hatte er unter anderem durch die Art und Weise gelernt, wie er an seinen Job gekommen war. Er war stellvertretender Leiter genau dieser Abteilung gewesen, als die Bank plötzlich stichprobenartige Drogentests machte. Vier seiner Kollegen waren getestet worden, und alle vier waren durchgefallen. Roger war keineswegs überrascht gewesen, denn der Test fand an einem Montag statt, und er wusste nur zu gut, dass sich alle jungen Börsianer am Wochenende vollkommen zudröhnten. (Zwei von ihnen hatten Kokain genommen, einer Ecstasy, und einer hatte Gras geraucht – was Roger etwas bedenklich gefunden hatte, denn in seinen Augen war Marihuana eine Verlierer-Droge). Die vier waren streng verwarnt worden; ihr Boss aber wurde gefeuert. Roger hätte ihm sagen können, was vor sich ging, wenn er gefragt worden wäre, aber das war nicht geschehen. Der Boss hatte Roger die ganze Arbeit aufgehalst, war furchtbar arrogant und durch und durch ein Bankier der alten Schule gewesen. Deswegen hatte esRoger, der sich in zwischenmenschlichen Beziehungen nicht die Mühe machte, auf hinterhältige oder intrigante Methoden zurückzugreifen, nicht leid getan, ihn gehen zu sehen.
    Im Grunde genommen war Roger persönlich nicht unbedingt ehrgeizig. Am wichtigsten war ihm, dass das Leben nicht allzu viele Forderungen an ihn stellte. Er hatte sich unter anderem deshalb in Arabella verliebt und sie geheiratet, weil sie die Begabung hatte, das Leben vollkommen mühelos aussehen zu lassen. Das war in Rogers Augen eine nicht zu verachtende Fähigkeit.
    Er wollte Erfolg haben, und er wollte, dass man sah, dass er Erfolg hatte, und vor allem wollte er seinen Millionenbonus. Er wollte 1000000 £, weil ihm diese Summe bisher noch niemand ausgezahlt hatte, weil er fand, dass sie ihm zustand, und weil sie ein Beweis für seinen Wert als Mann war. Aber er wollte sie auch, weil er dringend Geld brauchte. Die Summe von 1000000 £ war ursprünglich ein vages, nicht ganz ernst gemeintes Ziel gewesen. Sehr bald aber wurde sie zur unverzichtbaren Notwendigkeit, eine Summe, die er brauchte, um die Rechnungen zu bezahlen und seine Finanzen wieder auf ein festes Fundament zu stellen. Sein Grundgehalt von 150000 £ reichte gerade mal als »Kleidergeld« – wie Arabella es nannte –, denn es deckte nicht einmal seine beiden Hypotheken ab. Das Haus in der Pepys Road war ein Doppelhaus und hatte 2500000 £ gekostet, was er damals für das oberste Ende des Immobilienmarktes gehalten hatte, auch wenn in der Zwischenzeit die Preise noch wesentlich höher gestiegen waren. Sie hatten das Dachgeschoss umgebaut, den Keller ausgehoben, alle Leitungen und Rohre neu verlegt, weil das ohnehin ein Aufwasch war, hatten die Wände im Erdgeschoss durchbrochen, einen Wintergarten angebaut, den seitlichen Anbau erweitert und von oben bis unten alles renoviert (Joshuas Zimmer war voller Cowboy-Motive und das von Conrad voller Astronauten, obwohl er in letzter Zeit Wikinger besser zu finden schien; Arabella dachte bereits über eine Neugestaltung nach). Sie hatten zwei Badezimmer zusätzlich eingebaut und das Hauptbadezimmererst in ein En-Suite-Bad und dann zu einem Wetroom-Bad umgemodelt, weil letztere gerade schwer in Mode waren. Dann hatten sie es wieder zu einem normalen (wenn auch sehr luxuriösen) Badezimmer zurückgebaut, weil Wetroom-Bäder irgendwie vulgär waren und weil sich die Feuchtigkeit bis ins Schlafzimmer ausbreitete und Arabella fand, dass das ihren Bronchien schadete. Roger hatte ein Büro und Arabella ein Ankleidezimmer. Die Küche war ursprünglich von Smallbone of Devizes, aber Arabella war davon bald nicht mehr so angetan gewesen und hatte stattdessen eine neue deutsche Küche
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