Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow
Autoren: Boris Strugatzki
Vom Netzwerk:
Sind sie erst hier, kehren sie der ›Bamberga‹ den Rücken, betreiben die Perlensuche auf eigene Faust und eigenes Risiko. Einige finden richtig große Exemplare und drängen sich dann wegen der Rückkehr zur Erde unter allen möglichen Vorwänden zu uns in die Raumschiffe. Meist schützen sie eine Krankheit vor, sind aber, nachdem sie eine Weile hier geschürft haben, in der Tat oftmals sehr krank.«
    »Und warum warst du bei ihrem Anblick so erschrocken?«
    »Ich? Erschrocken?« Wassili nahm endlich die Hand von der Pistolentasche. »Nicht im Traum war ich das. Trotzdem, man muss vor denen auf der Hut sein, es sind rabiate Kerle. Voriges Jahr haben sie einen unserer Techniker überfallen und getötet, weil sie es auf seinen Sauerstoffregenerator abgesehen hatten. Na ja, wir haben’s ihnen heimgezahlt.«
    »Und was machen die Outsider nun hier?«
    »Sie durchwühlen die Abraumhalden. Wir selbst können die Perlen nicht gebrauchen, lassen sie liegen. Das aufgelockerte Erdreich erleichtert ihnen die Suche.«
    Plötzlich ertönte in ihren Kopfhörern ein furchtbarer, verzweifelter Schrei. Es kam so unvermutet, dass Jura direkt einen kleinen Satz machte. Auch Wassili zuckte zusammen, schaute in die Runde. Bykow und Michail Antonowitsch verstummten gleichfalls. Sie drehten die Köpfe, um herauszufinden, woher der Schrei kam.
    »Das kommt über den Außenfunk«, sagte Bykow bestimmt.
    »Aber woher genau?«
    Der Schrei wiederholte sich. Es war der schrille Ruf eines zu Tode erschrockenen Menschen. Nicht auszumachen, wo er sich befand. Die Skaphander besaßen keine Peiler.
    »Zu Hilfe, rettet mich!«, schrie der Mann.
    »Los, wir suchen ihn«, sagte Bykow. »Michail nach Osten, der Fahrer nach Süden, der Praktikant nach Westen, ich nach Norden. Auf geht’s!«
    Sie stürzten in verschiedenen Richtungen davon. Jura rannte zu der Stelle, wo er eine Viertelstunde zuvor schemenhaft die Outsider wahrgenommen hatte. Er war überzeugt, dass der Schrei mit ihrem Auftauchen zusammenhing.
    »Zu Hilfe, so helft mir doch, liebe Leute!« Die Stimme des Mannes überschlug sich fast.
    Trotz der Anspannung musste Juri fast lachen. Im Tonfall des Unbekannten lag etwas wunderlich Altmodisches, die weinerliche Stimme passte einfach nicht hierher und in diese Zeit. Welcher Mensch, sagte sich Juri, ruft heutzutage auf diese Weise um Hilfe und redet seinesgleichen dabei noch mit »liebe Leute« an.
    In diesem Augenblick entdeckte er ihn.
    Der Mann strampelte wild und hilflos auf dem Grund eines tiefen Kraters im porösen, zähflüssigem Morast, der von allen Seiten auf ihn zukroch. Er lag auf dem Bauch und schlug verzweifelt mit Armen und Beinen um sich, sein ganzer Körper war mit diesem schwarzbraunen Schlamm bedeckt, von dem ein gelblicher Dunst aufstieg. Immer aufs Neue sank er in den Schlick ein, der sich in klebrigen Lawinen von den Wänden des Kraters auf ihn ergoss, arbeitete sich wieder heraus, ruderte mit Armen und Beinen und heulte: »So helft doch, liebe Leute, lasst mich nicht sterben!«
    »Alexej Petrowitsch«, rief Jura, »Michail Antonowitsch, hierher!« Er winkte mit erhobenen Armen und begann zu überlegen, wie er am besten hinabgelangen könnte. Der Mann hob den Kopf, hörte auf mit dem Gestrampel und versuchte, obwohl er weiter einsank, durch das verklebte Helmfenster Jura in Augenschein zu nehmen.
    »Mein Lieber«, stöhnte er heiser, »hilf mir, Bruderherz, ja? Lass mich nicht im Stich!«
    »Keine Angst, ich lasse Sie nicht im Stich«, knurrte Jura gereizt und begann mit dem Abstieg, wobei lockeres Erdreich unter seinen Füßen hinabrieselte.
    »Wagen Sie es ja nicht, Praktikant!«, dröhnte im Kopfhörer Bykows Stimme.
    »Was denn, soll ich den Mann etwa umkommen lassen?«, erwiderte Jura aufgebracht.
    Das Erdreich unter ihm sackte ab, und er rutschte fast fünf Meter in die Tiefe. Der Verunglückte schrie nun nicht mehr, war jetzt einzig darauf bedacht, sich mit aller Kraft aus dem Schlamm zu wühlen. Er klatschte aber nur mit Bauch und Brust gegen die glatten Wände und versank erneut bis zum Hals in dem dampfenden Sumpf.
    »Praktikant«, ertönte es abermals krächzend im Kopfhörer, »beenden Sie den Abstieg, das ist ein Befehl!«
    Zu spät, dachte Jura, der immer weiter in die Tiefe rutschte.
    »Ich habe ein Seil, Alexej Petrowitsch«, rief da Wassili. »Fang auf, Jura!«
    Eine Nylonschlinge klatschte auf Juras Helm, und er zurrte sie hastig unter den Achseln fest. Im gleichen Augenblick gelang es dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher