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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow
Autoren: Boris Strugatzki
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Rauchwand war es nicht mehr weit, höchstens einen Kilometer. Die Maschinen waren nun nicht mehr zu sehen, dafür stoben über den Halden hier und da gleichmäßige Strahlen rotgrünen Dampfs und Sandfontänen auf. Jura schaute in die entgegengesetzte Richtung: Ein schrecklich unwirtlicher Flecken war das hier, er erinnerte ihn an eine Bergwerksmine aus Zarenzeiten, die er in einem historischen Film gesehen hatte. Überall zerwühlte, von Rost durchsetzte Erde, geschundene Felsen, heiße, dampfende Pfützen. Und über all dem ein ungesunder, widerlich gelblicher Nebel ... Bykow jedoch schien höchst zufrieden. Zu Recht natürlich. Die Venus war ja auserkoren worden, der Erde und damit den Menschen zu dienen. Dennoch – hier musste noch vieles verbessert werden.
    Langsam hob sich der Nebel über den zerfurchten, porösen Hügeln. Für eine Sekunde glaubte Jura, in etwa zweihundert Metern Entfernung zwischen den rötlichen Halden eine Bewegung wahrgenommen zu haben, etwas, das gleich darauf zur Seite stob. Er wollte es dem Fahrer sagen, fragte stattdessen: »Gibt es vielleicht hier irgendwelche Lebewesen? Oder weißt du das auch nicht?«
    Wassili schüttelte den Kopf. »Hier herrschen dreihundertfünfzig Grad Celsius, du Schlaumeier, wie kann es da Leben geben!«
    »Und der rote Schleier?«, beharrte Jura streitlustig.
    »Der Schleier ist doch kein Lebewesen.«
    »Was ist es dann nach deiner Meinung – ein umherirrender Geist?«
    Der Fahrer bedachte Jura mit einem erstaunten Blick, dann sagte er gewichtig: »Der Schleier, das ist Radosilikat. Ein Stoff. Dass er über einige Eigenschaften lebender Materie verfügt, bedeutet gar nichts. Wir fertigen daraus Hüllen für Mikrobücher.«
    »Woraus?«
    »Na, aus dem Radosilikat. Wenn wir zurück sind, schenke ich dir eine zur Erinnerung. Bei uns gibt es einen Techniker, der versteht sich darauf. Richtig hübsch sehen sie aus, all diese Etuis, Buchumschläge und Gürtel für die Mädels ... Die Farbe ist schön, das Material haltbar und elastisch, knautscht auch nicht. Kaum schlechter als Leder, wirst schon sehn.«
    »Etuis also«, murmelte Jura. »Das Rätsel Tachmasibs.«
    »Wie bitte? Ach ja ... Das Rätsel Tachmasibs. Nun, was soll’s, viele Rätsel enden so. Übrigens, wenn du dich für Lebewesen interessierst, frag mal den Biologentrupp, ob sie dich zu den Sümpfen mit dem schweren Wasser mitnehmen. Da findest du jede Menge solchen Zeugs ...«
    »Da ist es wieder!«, fiel ihm Juri ins Wort.
    Diesmal sahen sie ganz deutlich etwa einen halben Kilometer westlich über einer der Halden schnelle dunkle Schemen.
    »Und wer ist das?«, fragte Juri überrascht.
    »Wahrscheinlich die Outsider«, murmelte Wassili, der beunruhigt in den Dunst starrte. »Treiben sich hier rum, die Halunken.« Er rückte nervös die längliche Pistolentasche nach vorn.
    »Oho«, sagte Jura, »die will ich mir noch etwas anschauen.«
    »Da gibt’s nichts zu schauen«, erwiderte Wassili. Er machte abrupt kehrt und ging zu Bykow. »Alexej Petrowitsch«, sagte er mit gedämpfter Stimme, »die Outsider machen sich hier zu schaffen.«
    »Wo genau?«, fragte Bykow.
    »Dort«, er wies mit der Hand zu dem Hügel. »Der Praktikant und ich haben sie soeben gesehen.«
    »Lass sie doch«, antwortete Bykow gleichgültig, »zum Teufel mit ihnen.« Er wandte sich wieder Michail Antonowitsch zu, der ihm irgendwas erklärte. Wassili, reichlich verstört, kehrte zu Jura zurück.
    »Wer sind diese Outsider?«, fragte Jura.
    »Also, das ist so«, begann der Fahrer, die Hand noch immer auf der Pistolentasche. »Hier auf der Venus gibt es lediglich zwei Industrieunternehmen: unseres – die internationale Fabrik für den Abbau und die Verarbeitung transuraner Rohstoffe – und einen kleinen privaten Laden namens ›Bamberga‹, der der ›Space Pearl Limited‹ gehört. Die bauen natürlich keine Transurane ab, das ist Privaten strikt untersagt, aber sie schürfen nach den sogenannten Weltraumperlen. Die ›Bamberga‹ befindet sich etwa sechshundert Kilometer von hier.«
    »Ich weiß«, sagte Jura, »Jurkowski und Shilin sind gerade dorthin aufgebrochen.«
    »Im Ernst?« Wassili schaute Juri erstaunt an.
    »Im Ernst«, bestätigte Jura. »Wieso fragst du?«
    »Ach, nur so. Also die Outsider. Die Arbeiter dort werden von einer Kompanie angeworben und hergebracht. Man verpflichtet sie für eine gewisse Zeit, doch unter ihnen gibt’s einige Abenteurer, die den Vertrag nur abschließen, um auf die Venus zu gelangen.
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