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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow
Autoren: Boris Strugatzki
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geschleppt hatte. Damals hatte es hier weder diese glänzende Straße gegeben, noch die Stadt unter ihrer biegsamen durchsichtigen Kuppel, noch die mächtigen Maschinen, die irgendwo dort vorn an den im Dunst liegenden Rändern der Golkonda ihr Werk verrichteten. Einzig den ausgebrannten Transporter mit dem verkohlten Leichnam des Expeditionsleiters gab es ... Wer Alexej Petrowitsch so dasitzen sieht, dachte Jura, würde nie und nimmer auf die Idee kommen, es könnte sich um den berühmten Bykow handeln. Kein Vergleich zu dem Schauspieler etwa, der ihn im Film verkörperte – ein schlanker, hochgewachsener Mann mit kühnem Profil, irgendwie ein besonderer , unnachahmlicher Mensch, einer, der alle begeistern und mit seinem Heldenmut anstecken konnte, eine Führerpersönlichkeit eben. Ja, das war es, ein Mann mit dem Aussehen eines Führers. Bykow aber hatte nichts von einem Führer an sich, eher etwas von einem Geführten, was sich in seinem ganzen Gebaren äußerte. Würde man ihn und Shilin nebeneinander stellen und fragen: Wer von beiden ist der willensstarke Kommandant der legendären Tachmasib , der die zahlreichen Heldentaten vollbracht hat, würde jeder sofort auf Shilin tippen. Und niemand würde glauben, dass sich Shilin ihm nicht nur unterordnete, eben weil Bykow der Kommandant war, dass er ihn nicht bloß als Meister und kühnen Helden verehrte, sondern dass er diesen Mann regelrecht studierte, als sei der ein Lehrbuch. Auch Jura selbst begriff bis auf den heutigen Tag nicht, was man an Bykow studieren konnte, wo es doch diesen großartigen Jurkowski neben ihm gab, seinen langjährigen Freund. Dabei gab Jurkowski seinerseits immer wieder zu verstehen, wie sehr er Bykow achtete und schätzte, obwohl sie fast nie einer Meinung waren. Aber vielleicht bestand die Wirkung des Kommandanten auch einfach in seiner Unauffälligkeit. Der Schauspieler im Film hatte ihn als einen Helden früherer Zeiten dargestellt, romantisch verklärt wie Jurkowski, der vor jedem Hintergrund eine herausragende Figur abgab, dabei gehörte Bykow doch zur Epoche der Kosmoserschließung, war ein Held der neuen Zeit, der mit den Menschen um sich her verschmolz, sie aber dennoch führte und zugleich Kraft aus ihnen schöpfte.
    »Biegen Sie rechts ab«, sagte Bykow.
    »Ja, irgendwo hier muss es sein«, murmelte Michail Antonowitsch.
    Jura schaute sich um. Das Geländemobil bog zu einer von leichten Hügeln durchsetzten Ebene ab, die, einem verdorrten, ausgebrannten Wald vergleichbar, von spitzen, säulenartigen Felsen gesäumt wurde. Überall sah man bizarr geformte Gesteinsbrocken, halb verschüttet von schwarzer Asche. Der Wagen rollte in einen Felsspalt hinunter.
    Möchte mal wissen, mit welchen Augen Michail Antonowitsch und der Kommandant die Venus betrachten, fragte sich Jura. Für mich ist das hier eine düstere, bösartige Wüste, schwarz mit unheilschwerem Purpur, die Arbeit – ach was, schon der Aufenthalt in dieser Hölle ist eine Heldentat, eine Tat unsterblichen Ruhmes. Ich könnte damit prahlen, auf der Venus gewesen zu sein, dort, wo es schlimmer ist als im leeren Raum des Universums. Wo es die schwarze, radioaktive Wüste gibt und den höllischen blutroten Himmel, das seelenlose, unablässig arbeitende Eisen und eine Handvoll Leute, die sich unter durchsichtigen und undurchsichtigen Schutzhüllen gegen die Kohlengase abschirmen müssen, gegen die tödliche Strahlung, gegen eine Temperatur von fünfhundert Grad. Ich aber war dort und habe sogar eine kleine Ausfahrt auf der gläsernen Straße unternommen, die mitten in diese Höllenglut führt. Mitten ins Inferno hinein durfte ich nicht, das ist allein mechanischen Systemen vorbehalten, doch ich habe die steinernen Zähne der Venus gesehen und davor den berühmten Kommandanten, wie er in Gedanken vergangenen Zeiten nachhing. Also noch mal, wie sieht Bykow die Venus? Oder, sagen wir, Michail Antonowitsch? Von Wassja will ich nicht reden, der sieht sie genau wie ich, er ist schrecklich stolz auf seinen Mut und seine mutigen Freunde. Obwohl die Leute hier alle drei Monate ausgewechselt werden. Also, was sehen Bykow und Michail Antonowitsch hier?
    Geht man die gläserne Straße entlang nach Norden, überlegte Jura weiter, so gelangt man zum Rauchmeer. Das haben sie im Kino gezeigt – ein monströses Gemenge aus Asche, Rauch, Dämpfen, atomaren Blitzen. An den Ufern des Rauchmeeres sind pausenlos alle möglichen Aggregate am Werk. Sie nagen, kauen, vertilgen die Asche der
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