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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant
Autoren: Andreas Brandhorst
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Attentäter ausbilden zu lassen und hierher zu kommen?«
    »Wir erwischen Sie«, sagte Arik. »Mein Vater hat es geschworen.«
    Eine Fehde, dachte Valdorian. Wie dumm. Wenn es ums interstellare Geschäft – und damit um Macht – geht, darf man sich nicht mit Emotionen belasten.
    »Und jetzt lassen Sie mich ruhig erschießen«, fügte Arik herausfordernd hinzu. »Ich habe mit dem Leben abgeschlossen, bevor ich hierher kam.«
    Erneut musterte Valdorian den jungen Mann und überlegte.
    »Sie können gehen«, sagte er nach einigen Sekunden.
    Arik sah ihn groß an.
    »Primus, ich …«, begann Thalsen.
    Valdorian unterbrach ihn, indem er die Hand hob. »Bringen Sie Arik Dokkar in den Bereich der Minenstadt, der keinen Zugangsbeschränkungen unterliegt«, wies er die Gardisten an. Und zu dem jungen Mann: »Ich erwarte von Ihnen, dass Sie Orinja innerhalb von drei Tagen verlassen.«
    Arik blickte mehrmals zurück, während ihn die Gardisten zur Tür führten. Offenbar war er maßlos verblüfft über Valdorians Nachsicht.
    Dem Sicherheitschef erging es ähnlich.
    »Mit Verlaub, Primus … Ich halte das für einen Fehler.«
    »Überwachen Sie ihn während der nächsten Tage«, sagte Valdorian leise. »Stellen Sie fest, mit wem er spricht, mit wem er Kontakt aufnimmt, welche Datenbanken er abfragt und welche Kom-Servi er benutzt. Wir müssen herausfinden, woher die Allianz von meiner Präsenz auf Orinja wusste. Die Verhandlungen, die morgen hier stattfinden sollen, sind streng geheim, doch irgendwo muss etwas durchgesickert sein. Eliminieren Sie Arik, wenn Sie alle notwendigen Informationen bekommen haben. Wer mir nach dem Leben trachtet, bezahlt dafür mit dem Tod – daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Und noch etwas. Sie haben die Virenstämme des Attentäters neutralisiert, aber vielleicht lässt sich noch etwas mit ihnen anfangen. Derartige biologische Waffen können recht nützlich sein.«
    »Ich kümmere mich darum.« Gord Thalsen drehte sich um und eilte zur Tür, während noch immer Bilder über die Wände des Schutzraums flackerten.
    Valdorian deaktivierte den Individualschild, trat einen Schritt vor und … schwankte. Er fühlte sich von plötzlicher Schwäche erfasst.
    »Jonathan …«
    Der Sekretär war sofort an seiner Seite.
    »Ich …« Ariks Viren fielen ihm ein. War es dem Attentäter doch gelungen, ihn damit zu infizieren? »Rufen Sie Dr. Connor …«
    Dann wurde es schwarz vor seinen Augen.
     
    Valdorian blickte aus dem Fenster der Bibliothek. Am Ende der langen stählernen Schlange der Minenstadt brannten noch immer Feuer – kleine, in der Ferne aufflackernde Flammenzungen –, aber sie stellten jetzt keine Gefahr mehr für die Verarbeitungsanlagen dar. Neue Siegel und Schirmfelder schützten die Aggregate und Habitate. Valdorian sah über die weite Scholle und nutzte den Zoom-Effekt des Fensters, um das rotbraune Wogen ferner Stürme zu beobachten. Orinja war eine lebensfeindliche Welt, wüst, ungestüm und eigentlich noch immer ungezähmt. Deshalb gefiel sie ihm so sehr. Deshalb hatte er vor mehreren Jahren eines der logistischen Zentren des Konsortiums hierher verlegt. Dieser Planet erinnerte ihn an etwas in seiner Jugend, an kochende, brodelnde Vitalität, an die Kraft des Lebens, in direkter Nachbarschaft des Todes. Ein gutes Beispiel, fand er. Leben und Tod waren sich immer sehr nahe, doch manchmal erforderte es drastische Ereignisse, um diese Tatsache zu verdeutlichen. Von einem Augenblick zum anderen ist alles ganz anders, dachte Valdorian und spürte eine sonderbare Leere in seinem Inneren, ein emotionales Vakuum, das gefüllt werden wollte, mit Worten vielleicht, oder auch mit Taten. Sein Blick kehrte zurück, und er sah sein Spiegelbild in der transparenten Stahlkeramik: das Gesicht schmal, die relativ großen Augen grau, ebenso grau wie das kurze Haar. Falten reichten über Stirn und Wangen, bildeten kleine Täler in den Augenwinkeln. Es war das Gesicht eines Fremden, das ihm entgegensah, und gleichzeitig das einer vertrauten, intimen Person. Sechzig Jahre alt schien der Mann im Glas zu sein, aber dieser Eindruck täuschte. Valdorian war hundertsiebenundvierzig Jahre alt. Siebenundachtzig Jahre sind gestohlen, dachte er. Oder geborgt. Aber von wem geborgt?
    »Sind Sie sicher?«, fragte er, ohne sich umzudrehen. Er musterte auch weiterhin den Mann in der spiegelnden Fläche, jenen Fremden, der auch ein guter Freund war.
    »Es gibt keinen Zweifel«, antwortete Dr. Connor, sein
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