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Kann ich dir jemals widerstehen?

Kann ich dir jemals widerstehen?

Titel: Kann ich dir jemals widerstehen?
Autoren: Cindy Gerard
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auf sie bei ihrer Ankunft vor fast einem Monat gewirkt
hatte.
    Man
konnte es als rustikal bezeichnen oder aber als spartanisch. Wie die
meisten dieser Hütten bestand auch diese aus einem Raum, wenn
man das winzige Badezimmer nicht mitrechnete, das später
angebaut worden war. Ursprünglich war die Hütte um 1930
errichtet worden.
    Die Wände bestanden aus knorrigem Fichtenholz, das mit der Zeit
einen warmen goldbraunen Ton angenommen hatte, der an Honig
erinnerte. Auch die Dielen bestanden aus Fichtenholz. Sie waren
dunkelbraun, hatten Risse und Schrammen. Ein großer
geflochtener Teppich in gedämpften Rost-, Grauund Blautönen
bedeckte fast die gesamte Fläche der ungefähr zwanzig
Quadratmeter.
    Die
Küchenzeile – wenn man sie so nennen wollte –
enthielt einige Hängeschränke aus Holz, die jemand vor
vielen Jahren in Königsblau gestrichen hatte, ein kleines
gusseisernes Waschbecken, einen ramponierten kleinen Gasherd, den man
mit einem Streichholz anzünden musste, sowie einen geräumigen
Kühlschrank aus den späten sechziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts, der ein Mal in der Woche abgetaut werden musste.
    Mitten
im Raum stand der Esstisch, an dem Webster Tyler nun saß. Vor
ein paar Tagen hatte Tonya einen bunten Strauß aus Wildblumen
in leuchtendem Gelb, Orange und Weiß gepflückt. Jetzt
zeugten die traurigen Reste nur noch davon, wie sehr ihre Arbeit sie
inzwischen in Anspruch genommen hatte. Desgleichen das ungemachte
Doppelbett an der Nordwand, das bei Bedarf als Couch diente. Da Tonya
gewöhnlich von früh bis spät arbeitete und sich kaum
jemand so tief in Charlie Ericksons Wald hinauswagte, gab es selten
Bedarf dafür. An der gegenüberliegenden Wand stand auf
einem gemauerten Sockel ein kleiner gusseiserner Ofen, in dem noch
ein bisschen Glut glomm.
    Ja,
es war spartanisch. Aber es gab Elektrizität und ein
funktionierendes Telefon, falls die Leitungen nicht gerade
unterbrochen waren. Insofern war es fast ein Palast im Vergleich zu
so mancher Lehmhütte, die Tonya auf ihren Reisen um die Welt als
Unterkunft gedient hatte. Webster Tyler jedoch, der an italienischen
Marmor, Perserteppiche und Designermöbel gewöhnt war,
mochte das anders sehen.
    Sie
zog einen abgewetzten Stuhl an den Tisch und öffnete die
Blechdose, in der sie ihre Teebeutel verwahrte.
    "Rotbusch,
Brombeerblätter, Verbenenkraut, Kamille, Pfefferminze, Fenchel,
Süßholz und Zimt", zählte sie auf.
    "Hört
sich lecker an."
    Bei
seinem nachsichtigen, um Wohlwollen bemühten Ton musste sie
beinah lächeln. "Wie haben Sie mich gefunden?" fragte
Tonya, während Webster seinen Teebeutel ins dampfende Wasser
tauchte wie ein vornehmer englischer Gentleman, der mit seiner
unverheirateten Tante Tee trank. "Und warum haben Sie nach mir
gesucht?"
    "Nicht
ich habe Sie gefunden, sondern meine Sekretärin. Ihr Agent hat
Ihren Aufenthaltsort verraten. Damit komme ich zum Warum. Ich habe
einen Auftrag für Sie, falls Sie interessiert sind."
    "Bin
ich nicht." Sie zog ihren Teebeutel durchs Wasser in ihrem
Becher und griff nach dem Zucker. "Ich bin voll ausgelastet."
    Webster
lehnte sich zurück, einen Arm lässig über die
Stuhllehne gelegt. Seine Haltung drückte Selbstsicherheit und
Überlegenheit aus. "Ich zahle das Doppelte von dem, was Sie
momentan bekommen."
    Sie
grinste breit.
    Webster
legte den Kopf schräg und musterte sie. "Was ist daran so
lustig?"
    Sie
gab etwas Zucker in ihren Becher und rührte mit einem Teelöffel
darin herum. "Es ist lustig, weil nichts mal zwei immer noch
nichts ergibt. Wenn ich auf Geld aus wäre, würde ich
Modefotos machen oder in der Werbung arbeiten."
    "Aber
Sie brauchen doch ein Einkommen, oder? Warum hören Sie mich
nicht erst einmal an, bevor Sie die Tür zuschlagen?"
    Sie
trank einen Schluck Tee und sah Webster dann in die Augen. "Hören
Sie, Mr. Tyler …"
    "Webster."
    "Also
gut, Webster", wiederholte sie nach kurzem Zögern. Sie
fragte sich, wie viele Frauen er vor ihr mit dieser Stimme betört
hatte – einer Stimme, die wie edler Whisky war: Mit jedem Jahr
steigerte sich die Qualität.
    Und
sie, Tonya, hätte mit den Jahren klüger werden sollen.
    "Wenn
es um eine konkrete Fotostrecke geht, sprich mit meinem Agenten."
Sie duzte Webster kurzerhand. "Er wird mit dir verhandeln, wenn
er meint, es könnte mich interessieren. Du hättest dich
gleich an ihn wenden sollen, anstatt die weite Reise nach Minnesota
zu machen."
    "Es
geht nicht um eine Fotostrecke", entgegnete er entschieden,
"sondern um mehr.
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