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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
Autoren: Claudia Kemfert
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CDU -Minister für diese Politik einsetzte – der sich dann auch prompt vorhalten lassen musste, er trage das falsche Parteibuch im Gewande. Denn – leider! – haftet bis heute jeder nachhaltigen Klimapolitik das Image einer linken, antikonservativen und antikapitalistischen Ökobewegung an, was der Sache nicht immer zuträglich ist.
    Doch das Thema der nachhaltigen Energieversorgung ist längst mehr als ein Traum von Liebhabern grüner Utopien. Eine moderne, nachhaltige Energiepolitik wird wirtschaftliches Wachstum ankurbeln, Deutschland zum Marktführer im Bereich neuer Technologien machen und dabei einigen der Umweltprobleme begegnen, die uns immer drängender bedrohen. – Wieso aber haben so viele Menschen den Eindruck, die Energiewende würde sie in erster Linie noch mehr Geld kosten in Form eines ökosubventionierten Strompreises, den sich der kleine Verbraucher bald nicht mehr wird leisten können?
    Konflikte sind oft deshalb so schwer zu lösen, weil ihre Wurzeln weit in die Vergangenheit reichen. Im Wettstreit zwischen den fossilen Brennstoffen und den erneuerbaren Energien sorgte die Regierung unter Helmut Kohl bereits 1990 für eine Schieflage – eine Verzerrung des Wettbewerbs, die bis heute Teil der Diskussion um die richtige Energiepolitik ist. Zuvor war ein Bericht, den Wissenschaftler im Auftrag der EU 1988 erstellt hatten, zu dem Schluss gekommen, die Preise für den Strom aus Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerken seien zu niedrig. Denn, so urteilten die Verfasser, der Strompreis berücksichtigte die Folgekosten nicht, die dem Staat durch Umwelt-, Gesundheitsschäden etc. entstehen. Im Anschluss an diesen Bericht wurde daher eine deutliche Erhöhung der Strompreise empfohlen.
    Bis zu diesem Zeitpunkt waren die konventionellen Stromerzeuger gegenüber jenen, die Strom aus erneuerbaren Energien gewinnen wollten, erheblich im Vorteil, da sie wesentlich billiger produzieren konnten. Ihre Kraftwerke waren gebaut und verursachten ihnen kaum Kosten, während Solaranlagen oder Windparks noch in den Anfängen ihrer technischen Entwicklung steckten. Hätte man, wie in dem von der EU vorgelegten Bericht empfohlen, die herkömmlichen Energieträger verteuert, dann wären die erneuerbaren Energien schneller konkurrenzfähig geworden. Doch schon damals wehrten sich die etablierten Stromanbieter. So zog es die Regierung Kohl vor, ihnen entgegenzukommen und sie nicht durch Strompreiserhöhungen zu belasten. Anstatt ihnen höhere Preise abzuverlangen, verteuerte man den grünen Strom. Am 7. Dezember 1990 wurde mit dem Stromeinspeisegesetz eine Einspeisevergütung für erneuerbare Energien beschlossen. Das Gesetz verpflichtete die Unternehmen dazu, den Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und zu einem festgelegten Preis zu vergüten. Auf diese Weise hatte man zunächst beide Seiten zufriedengestellt: Die fossilen Brennstoffe wurden nicht teurer, und den Ökostromanbietern wurde garantiert, dass sie ihren Strom zu einem für sie rentablen Preis verkaufen können. Letzteres war, das sei hier nicht verschwiegen, ein entscheidender Schritt für den Ausbau von erneuerbaren Energien, der damit mächtig Fahrt aufnahm. In dieser Hinsicht ist das Einspeisegesetz unbedingt positiv zu bewerten. Dies ändert jedoch nichts an der Ungerechtigkeit, dass der fossile Brennstoff schon damals zu billig war und der Verbraucher, wie es in dem Bericht aus der EU hieß, auf Kosten künftiger Generationen von zu billigem Strom profitierte.
    Die politische Förderung erneuerbarer Energien, die absolut zu begrüßen ist, hatte damit einen kleinen Geburtsfehler, der sie bis heute belastet. Denn immer ist es der grüne Strom, der teurer und angeblich wirtschaftlich nicht rentabel ist – während die fossilen Brennstoffe zu billig sind, weil die Folgekosten nicht eingerechnet werden. Während nämlich die Ökostromzulage auf den Strompreis und damit den Verbraucher abgewälzt wird, übernimmt der Staat die Folgekosten, die aus fossilen Brennstoffen entstehen – indem er zum Beispiel Milliarden an Steuergeldern für die Entsorgung von Atommüll ausgibt. Das ist bis heute so. Denn bis heute zahlt der Verbraucher in Form der sogenannten EEG -Umlage (siehe dazu auch Kapitel 5) einen Aufpreis für grünen Strom, während der Staat die Verantwortung für die durch fossile Brennstoffe verursachten Umweltschäden übernimmt.
    Und noch etwas ist falsch an dem Bild, die deutsche Energiepolitik sei in einem Moment der Panik nach Fukushima hastig
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