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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
Autoren: Claudia Kemfert
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wahrgenommen. Inzwischen hat das Thema Energiewende die Medien in ihrer gesamten Breite erreicht, und die öffentliche Diskussion verstärkt sich zunehmend. In meinen beiden letzten Büchern – Die andere Klima-Zukunft und Jetzt die Krise nutzen – ging es mir darum, wissenschaftliche Forschungsergebnisse einem breiten Publikum verständlich zu vermitteln. Besonders gefreut habe ich mich, dass mir für dieses Engagement 2011 die Urania-Medaille verliehen wurde. Diese Auszeichnung sowie die zahlreichen positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung haben mich nachhaltig darin bestärkt, mich auch weiterhin als Wissenschaftlerin in die öffentliche Diskussion einzubringen. Der Laudator Klaus Töpfer sagte den aus meiner Sicht bemerkenswerten Satz, dass insbesondere der Pragmatismus und die Unaufgeregtheit, mit der ich beharrlich für die Energiewende eintrete, wichtig seien. Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, dieses Buch zu schreiben. Natürlich ärgere ich mich auch über die Gegner der Energiewende. Dennoch will ich mit dieser Publikation zur Versachlichung beitragen. Sie ist daher nicht als wissenschaftliche oder populärwissenschaftliche Abhandlung zu verstehen, sondern als argumentative Auseinandersetzung mit den Thesen und Schlachtparolen der Gegenseite. Manche von ihnen sind beinahe schon zu Mythen geworden: Ist Ökostrom ein Luxusgut? Betreiben wir mit dem Gesetz über erneuerbare Energien Planwirtschaft? Drohen Deutschland Blackouts, und rollt eine Tsunami-Welle von Kosten auf uns zu?
    Mit diesen Behauptungen, die sich hartnäckig durch die Debatte ziehen, setze ich mich im vorliegenden Buch auseinander. Seine Kapitel sind mit den Thesen oder, besser gesagt, den Mythen der Gegenseite überschrieben. Diese Glaubenssätze werden jeweils im Detail untersucht, wobei die zum Teil notwendigen Zahlen, auf die ich mich berufe, durch eine nachvollziehbare Argumentation veranschaulicht werden.
    Die Energiewende, die Umstellung unserer Stromversorgung auf erneuerbare Energien, ist ein Projekt gewaltigen Ausmaßes. Und auch hier stellt sich die Frage: Beschränken sich die Schwierigkeiten, um beim Beispiel der eingangs erwähnten Schöneberger Brücke zu bleiben, auf einzelne Bauteile, wie das Geländer oder die verwendeten Materialien, oder muss man gleich das Projekt selbst verteufeln? Richtet sich die vielerorts vernehmbare Kritik an bestimmten Technologien gegen die Art und Weise der Finanzierung oder aber gegen Fehler in Planung und Durchführung?
    Am Ende, wenn die Interessen und Motive klarer sind, ist es immer auch eine Glaubensfrage. Denn, das soll hier nicht verschwiegen werden, der Umbau der Energieversorgung stellt uns auch vor Probleme. Und auch alternative Energiequellen sind mit Nachteilen verbunden. Es tauchen neue Fragen auf: Wollen wir riesige Pumpspeicherwerke mitten in bisher unberührter Natur? Wollen wir Stromautobahnen, die sich durch das ganze Land ziehen? Es wird eine Frage der Zeit sein, diese Probleme zu lösen.
    In der Sache bleibt die Bewertung der Vor- und Nachteile jedem selbst überlassen. Einerseits. Andererseits muss es uns als Gesellschaft gelingen, uns für einen Weg zu entscheiden. Dieser Prozess ist mühsam, und Streit und Zwist gehören dabei zur Tagesordnung. Das ist normal.
    Nicht normal, sondern in hohem Maße beunruhigend ist, was in einem Bericht der ARD -Sendung »Monitor« am 10. September 2012 so formuliert wurde: »Politik muss beeinflusst werden. Das ist nicht verwerflich, denn nur so können gute Entscheidungen entstehen, beim Streit über den besten Weg. Wenn aber das Geld darüber bestimmt, wer am Ende gehört wird, dann ist das der Ausverkauf der Demokratie.« Die Gegner der Energiewende bilden eine geldmächtige Lobby. Sie sind dadurch lauter und einflussreicher als die Lobby ihrer Befürworter. In ihrem zunehmenden Erfolg sehe ich eine Gefahr – und einen wesentlichen Grund, dieses Buch zu schreiben.

1. Die Energiewende ist bis 2022 nicht zu schaffen
    Montag, den 17. September2012 , 10:55 Uhr: Angela Merkel lädt zu ihrer großen Pressekonferenz. Bei dieser jährlichen Veranstaltung gibt die Kanzlerin Auskunft zu allen wichtigen innen- und außenpolitischen Fragen. In der anschließenden Berichterstattung der Medien ist viel die Rede davon, wie sicher Merkel im siebten Jahr ihrer Amtszeit in sich ruht, wie souverän sie das Corps der versammelten Journalisten mit ihren Gesten dirigiert. Niemandem fällt auf, welcher Fehler ihr unterläuft, als sie ein
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