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Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)

Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)

Titel: Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)
Autoren: Christian Gude
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auf jede Ihrer Fragen eine plausible Antwort
geben. Erstens: Sie werden nur wenige Adress- und Telefondaten von Analytikern in
Telefonbüchern oder auf Webseiten finden, weil wir für unsere Leistungen nicht werben.
Voraussetzung für eine fruchtbare Analyse ist ein Patient, der den Analytiker sucht
und findet. Mangelnde Motivation des Analysanden kann nicht durch intensiveres Marketing
des Analytikers ersetzt werden. Zweitens: Was die Mitgliedschaft angeht – die Psychoanalyse
hat sich entwickelt seit Freud, verschiedene Schulen sind entstanden, und nicht
alle diese Schulen sind in der DPV organisiert.
     
    Detektiv: Bleibt
die Sekretärin …
     
    Klient: Okay,
da muss ich passen.
     
    Detektiv: Nun,
vielleicht habe ich eine Erklärung. Vielleicht bin ich nicht der Einzige, der sich
zuweilen mit einem Pseudonym tarnt.
     
    Klient: Wie
meinen Sie das?
     
    Detektiv: ›Jakob
Lakan‹ – Sie hätten sich wirklich etwas mehr Mühe geben können. Wissen Sie, wie
lange man im Internet über Psychoanalyse recherchieren muss, um auf den Namen Jacques
Lacan zu stoßen? Bei mir waren es nicht mal dreißig Sekunden. Aber um ehrlich zu
sein: Ich habe nichts von dem verstanden, was dieser Lacan geschrieben hat. Freud
dagegen verstehe ich. Bei dem geht’s letztendlich immer ums Ficken.
     
    Klient: Ihr
Talent, komplizierte Dinge zu vereinfachen, ist wirklich beneidenswert, Herr Rünz!
     
    Detektiv: Dieser
Franzose dagegen mit seinem postmodernen Geschwurbel vom Symbolischen, dem Imaginären
und dem Realen – alles Murks, wenn Sie mich fragen. Substanzfreie intellektuelle
Seifenblasen.
     
    Klient: Womit
auch diese Frage beantwortet wäre. Da diskutieren sich Generationen von Analytikern
die Kehlen trocken über die verschiedenen Theorien und Modelle der menschlichen
Seele, und Sie hauen den Gordischen Knoten – zack! – durch, hier in Ihrer kleinen
Darmstädter Detektei, mal eben so zwischen einer Roth-Händle und einem Glenfiddich.
Ich bin wirklich stolz, Sie zu kennen, Karl.
     
    Detektiv: Bleibt
die Tatsache, dass Sie ein Pseudonym verwenden.
     
    Klient: Gut. Sie haben
recht, ich habe Ihnen nicht meine wahre Identität verraten. Aber das macht mich
doch nicht grundsätzlich unglaubwürdig, Mr. Rockwell. Ich bin Welders’ Analytiker.
Ich hatte einfach Angst, meine Zulassung zu verlieren, wenn irgendwie herauskommt,
dass ich Sie beauftragt habe.
     
    Detektiv: Bemerkenswert
– Sie haben sich nicht irgendeinen Allerweltsnamen zur Tarnung ausgesucht, sondern
den des berühmtesten französischen Analytikers. Sie haben Lust am Spiel. Ihnen muss
zumindest die Vorstellung Vergnügen bereitet haben, ich könnte Ihr Pseudonym aufdecken.
Aber warum haben Sie nicht den Namen des Vaters der Psychoanalyse verfremdet, Sie
hätten sich ja auch als Friedmund Seug oder so vorstellen können.
     
    Klient: Sie
werden albern, Herr Rünz. Wo wäre da die Herausforderung für Sie gewesen? Wo das
Erfolgserlebnis? Sie haben mich enttarnt, gut, Punktsieg für Sie. Jetzt lassen Sie
uns weiter nach Welders suchen. Sie haben einen Job zu erledigen. Er ist suizidgefährdet,
vergessen Sie das nicht.
     
    Detektiv: Er
dachte an Selbstmord? Davon sprechen Sie zum ersten Mal!
     
    Klient: Er hat
sich nicht explizit in diese Richtung geäußert, aber ich halte ihn definitiv für
gefährdet.
     
    Detektiv: Sie
hätten dann eigentlich die Pflicht, die Polizei zu informieren. Ist Ihnen das klar?
     
    Lakan: Karl
– ich darf Sie doch Karl nennen, oder? Wenn Sie Ihre Arbeit zügig und akkurat erledigen,
kommt niemand zu Schaden und alle Beteiligten werden vor Unannehmlichkeiten im Zusammenhang
mit der Polizei bewahrt.
     
    Detektiv: Hm.
Hat dieser Lacan nicht vor allem Suizidpatienten behandelt? Wussten Sie davon? Natürlich
wussten Sie davon, schließlich sind Sie vom Fach und haben sich seinen verdammten
Namen ausgeliehen. Jetzt ahne ich auch, warum Sie nicht in dieser psychoanalytischen
Vereinigung organisiert sind. Lacan hat wahrscheinlich damals so eine Art analytischen
Geheimbund gegründet, der heute noch existiert und dem Sie angehören. So was wie
die Freimaurer.
     
    Klient: Gott,
so langsam verstehe ich, wie Sie auf diesen mythischen Dan-Brown-Kitsch in Ihrem
Thrillerdebüt gekommen sind. Ihre Fantasie geht mit Ihnen durch, Karl. Wenn Sie
mal den inneren Drang verspüren, eine Analyse zu machen, melden Sie sich bei mir.
Ich bin sicher, unsere Sitzungen werden eine kurzweilige Angelegenheit für mich.
Hat es Sie nie gereizt, eine Expedition in
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