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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern
Autoren: M Gibert
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und sah Lenz mit unverändert vorwurfsvoller Miene an.
    »Herr Frommert ist in einer Besprechung und bittet Sie, sich einen Moment zu gedulden. Er kommt dann herunter und holt Sie ab.«
    Der Moment dehnte sich auf gut 20 Minuten aus, in denen Lenz immer nervöser wurde, weil es zu den oberen Etagen nur den Lift oder eine freitragende Treppe in der Mitte des Gebäudes gab, und beides bescherte dem Hauptkommissar schon beim bloßen Hinsehen Anflüge von Panik. Dann öffnete sich gegenüber der Rezeption die Fahrstuhltür, und ein etwa 50-jähriger Mann im dunkelblauen Anzug und mit teuer aussehenden Schuhen an den Füßen betrat die Halle. Er strebte sofort auf die beiden Kommissare zu und streckte die rechte Hand aus.
    »Die Herren von der Polizei, wenn ich richtig vermute.«
    Lenz nickte.
    »Ich bin Hauptkommissar Paul Lenz.« Er deutete auf seinen Kollegen. »Das ist Oberkommissar Thilo Hain.«
    »Waldemar Frommert. Was führt Sie zu mir, meine Herren?«
    »Wenn Sie etwas Zeit hätten, würden wir gerne eine sehr ernste Angelegenheit mit Ihnen besprechen.«
    Frommert sah auf die Uhr.
    »Ich muss in 20 Minuten auf dem Russischen Wirtschaftsforum einen Vortrag halten. Bis dahin habe ich Zeit für Sie.«
    »Das ist sehr nett. Können wir irgendwo ungestört reden?«
    Frommert sah zuerst den einen und dann den anderen Kommissar kopfschüttelnd an.
    »Sie machen es aber wirklich spannend, meine Herren. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    Er ging an der Rezeption vorbei und öffnete vorsichtig die Tür zu einem kleinen Seminarraum.
    »Frei«, sagte er nach einem kurzen Blick ins Innere. »Bitte nehmen Sie Platz.«
    Als alle drei saßen, kam Lenz ohne großes Vorgeplänkel zur Sache.
    »Ihr Justiziar Wolfgang Goldberg ist letzte Nacht tot im Reinhardswald aufgefunden worden.«
    »Was?« Frommert starrte die beiden Polizisten mit weit aufgerissenen Augen an und presste die rechte Hand vor den Mund. »Im Reinhardswald? Was ist ihm denn passiert?«
    »Das müssen wir noch klären. Wann haben Sie Herrn Goldberg zuletzt gesehen?«
    Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer nahm die Hand herunter und legte die Stirn in Falten.
    »Da muss ich überlegen. Montag oder Dienstag, ja, Dienstag. Wir hatten ein Meeting am Vormittag, danach wollte Wolfgang, also Herr Goldberg, nach Lettland fliegen, zu einem Termin mit einem Kunden.« Er holte tief Luft und schluckte laut. »Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, meine Herren, aber das ist natürlich ein Schock für mich. Ich kannte Herrn Goldberg seit vielen Jahren und glaube sagen zu können, dass wir Freunde waren. Und nun erzählen Sie mir, dass er tot ist. Was ist ihm denn passiert?«
    »Wie mein Kollege schon sagte«, ergriff Hain das Wort, »lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt darüber leider keine Aussage treffen. Die Gerichtsmedizin braucht noch etwas Zeit, um die genauen Umstände seines Todes zu klären.« Er zog einen kleinen Block aus der Innentasche seiner Jacke und klappte ihn auf. »Wissen Sie, was genau Herr Goldberg in Lettland wollte?«
    Frommert rutschte auf seinem Stuhl nach vorne und sah den jungen Oberkommissar eindringlich an.
    »Wie ich schon sagte. Er hatte ein Gespräch mit einem Kunden. Um was es dabei genau ging, entzieht sich leider meiner Kenntnis.«
    »War Herr Goldberg verheiratet?«
    »Nein. Er war überzeugter Single. Es gab da mal eine Frau, aber das ist nach meinem Wissen schon seit Längerem vorbei gewesen.«
    »Familie?«
    »Er stammt ursprünglich aus der Schwalm, da wohnt auch seine Verwandtschaft.«
    »Hatte Herr Goldberg Feinde, von denen Sie gewusst haben?«
    »Nein, wo denken Sie hin? Er war bei allen Mitarbeitern und Kunden beliebt. Er hatte keine Feinde, zumindest kann ich mir das nicht vorstellen.«
    »Können wir uns sein Büro ansehen?«, fragte Hain.
    »Natürlich. Es ist auf der gleichen Etage wie meines, im fünften Stock.«
    Na danke, dachte Lenz.
    Frommert stand auf, führte die Polizisten zum Fahrstuhl und drückte einen Knopf. Sofort glitten die beiden Edelstahlflügel auseinander und gaben den Blick frei auf einen in Lenz’ Augen viel zu kleinen Raum. Trotzdem zwängte er sich als Erster hinein, schloss aber dann die Augen und drehte den Kopf zur Wand. Fast lautlos schwebte die Kabine nach oben und entließ ein paar Sekunden später ihre drei Passagiere, von denen einer tropfnasse Hände hatte.
    Die Tür zu Goldbergs Büro stand halb offen, und schon auf den ersten Blick war Lenz klar, dass hier entweder ein sehr ordentlicher
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