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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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hatte, für alle ihre Unzulänglichkeiten, für all das Gute, das sie nicht war.
    Sie hinterließ Namen und Telefonnummer ihrer Eltern in Michigan.
    Sie sagte Lebwohl.

69
    Sie fühlte sich jetzt sehr ruhig. Sehr im Frieden mit sich. Sie hatte sich gegen die Entscheidung gewehrt, aber nun, da sie getroffen war, erschien sie ihr als die einzig sinnvolle.
    Elena hatte ihr geraten, ihre Schuld abzuarbeiten, nicht, sich darin zu suhlen. In gewisser Weise tat sie das jetzt. Sie vergalt Gleiches mit Gleichem.

    Sie hatte sich auf die Party an jenem Abend gefreut. Es versprach, amüsant zu werden. Sie und Irina würden tanzen, flirten und mit den Wimpern klimpern, und Kerle würden ihnen Drinks spendieren, aber Lisbeth hatte bereits beschlossen, dass sie früh aufbrechen würde. Sie war fertig mit Mr. Brody und seinen Freunden. Sie hatte genug von diesem Leben.
    Irina jedoch nicht. Das hatte sie jedenfalls gesagt, als Lisbeth nach Hause gehen wollte.
    » Du weißt, ich will einen reichen Mann, Lisbeth. Und du weißt, welchen ich will.«
    »Aber er wird dich nicht heiraten, Irina...«
    »Doch, er wird. Du wirst sehen. Ich bin schwanger. Ich habe es eben erfahren.«
    Der Schmerz war so heftig, dass er ihr den Atem raubte.
    »Was?«
    »Ich bin schwanger. Ich werde es ihm heute Nacht noch sagen.«
    »Aber um Himmels willen, Irina, woher willst du wissen, dass es seines ist? Du warst mit mehr Männern zusammen, als du auf Englisch zählen kannst.«
    Irinas Augen funkelten zornig. »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden? Du fickst doch selbst mit ihnen allen.«
    »Nicht mehr. Ich bin fertig mit ihnen.«
    »Tja, schön für dich, Fräulein Tugendhaft. Ich bin nicht fertig mit ihnen. Bennett Walker wird sich von seiner verrückten Frau scheiden lassen und mich heiraten, dafür sorge ich.«
    »Aber was ist mit uns, Irina? Ich liebe dich.«

    Lisbeth würde nie Irinas Gesichtsausdruck in diesem Moment vergessen - eine seltsame, schmerzhafte Mischung aus Grausamkeit und Mitleid.
    »Sei nicht albern, Lisbeth.«
    Die ganze Nacht war die Szene vor ihrem geistigen Auge abgelaufen, wieder und wieder, und mit jedem Mal hatte es mehr wehgetan.
    In manchen Versionen sah sie Bedauern in Irinas Augen, hörte Traurigkeit aus ihrer Stimme. Das war die Erinnerung, die sie mit aller Kraft zu bewahren versuchte - dass Irina wusste, sie konnten nicht zusammen sein, und ihre Grausamkeit, als sie Nein sagte, nur getarnte Freundlichkeit gewesen war.
    Lisbeth war nach Hause gefahren und in ihrem winzigen Appartement weinend und mit sich hadernd hin und her gelaufen. Sie wünschte, sie hätte etwas anderes gesagt, wäre nicht so dumm gewesen, hätte sich nicht so klammernd angehört. Es war doch egal, wie ihr Arrangement aussah. Es spielte keine Rolle, ob Irina ihren reichen amerikanischen Ehemann hatte. Lisbeth wusste aus erster Hand, dass Bennett Walker keine Einwände dagegen hatte, dass sie und Irina zusammen waren. Was war schon dabei, wenn er sogar zuschauen wollte?
    Gott, wie armselig du bist, Lisbeth, hatte sie gedacht. Aber im nächsten Moment überkam sie schon schreckliche Angst, dass sie womöglich alles kaputt gemacht hatte, und sie konnte nicht schnell genug ins Players kommen, um den Riss zu kitten.
    Dort angekommen, musste Lisbeth feststellen, dass alle schon zu Bennett aufgebrochen waren. Sie hatte keinen Parkausweis, um in den Polo Club fahren zu dürfen, wo
Bennett wohnte, und es lag ihr nicht, die Wachen mit irgendwelchen Halbwahrheiten, wer sie sei und was sie dort wollte, dazu zu bringen, sie durchzulassen. Sie parkte beim Players und ging zu Fuß.
    Aber Lisbeth betrat Bennett Walkers Haus in dieser Nacht nicht. Sie stand im Gebüsch und konnte durch die hohen Fenster ins Innere blicken, und was sie sah, machte sie krank.
    Sie war selbst auf diesen Partys gewesen und hatte getan, was Irina jetzt tat, aber so von außen betrachtet und ohne die Musikuntermalung erkannte sie alles deutlich als das, was es war. Entwürdigung.
    Nur Irina sah es nicht so. Sie lachte, war wild, schön, fantastisch in ihrer Nacktheit und stolz, nahm alles hin, was Bennett Walker, Jim Brody und ihre Freunde ihr gaben und bettelte um mehr.
    Lisbeth kannte diese Person nicht. Diese Person hätte sie niemals geliebt.
    Dann waren in ihrem Innern die harten Worte erklungen.
    Wie dumm bist du eigentlich, Lisbeth. Wie naiv?
    Worte, die sie viele, viele Male in ihrem Leben wie Peitschenhiebe getroffen hatten.
    Wie kam sie überhaupt darauf, dass jemand sie
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