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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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Alexi Kulak gefahren. Alexi Kulak war zu mir gekommen. Ich wollte nicht, dass mich Landry fragte, wieso.
    »Lisbeth ist dort und...«
    »Nein«, sagte er.
    Ich blieb stehen und sah ihn an. »Wie bitte?«
    »Sie ist nicht dort. Niemand war im Haus, als ich vorbeigeschaut habe.«
    Ein halbes Dutzend übler Szenarien schossen mir durch den Kopf, das schlimmste davon, dass Kulak sie beseitigt hatte, während er mir im Haus auflauerte.
    »Wir müssen sie finden«, sagte ich.
    »Wir finden sie.«
    »Nein, du verstehst nicht«, erwiderte ich. »Wir müssen sie finden, weil sie weiß, was passiert ist.«
    Landry sah mich an. »Was soll das heißen, sie weiß, was passiert ist? Wir wissen es selbst. Walker hat Irina getötet, weil sie schwanger war. Sie wollte sein Leben ruinieren. Er hat sie getötet und ihre Leiche in den Kanal geworfen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, so war es nicht.«

    »Du glaubst, so war es nicht? Du hast mir doch Bennett Walker vom ersten Tag an als Mörder verkauft.«
    »Ich glaube aber nicht, dass er es war, James«, räumte ich ein. »Ich habe mit angesehen, wie Alexi Kulak ihn gefoltert hat. Das Einzige, was Kulak wissen wollte, war, warum. Warum er sie getötet hat. Und alles, was Bennett sagen konnte, war, dass er es nicht wusste, dass er sich nicht erinnerte, sie getötet zu haben.«
    »Na und? Wer würde sich zu etwas bekennen, das Alexi Kulak wütend macht?«
    »Aber genau das hat ihn wütend gemacht«, sagte ich. »Wenn Bennett eine Antwort gehabt hätte, er wäre damit herausgerückt. Ich denke, er war selbst überzeugt, dass er es war. Ich glaube, er ist am Sonntagmorgen aufgewacht, fand ein totes Mädchen in seinem Swimmingpool und kam zu der Überzeugung, dass er es getan haben musste. Er konnte Kulaks Frage nicht beantworten, weil er keine Antwort hatte.«
    »Und wie kommst du darauf, dass Lisbeth eine hat?«
    Eine Ahnung, dachte ich, ein Gefühl. Ein Gefühl, das sich langsam und mit immer neuen Schnipseln an Information in mir eingenistet hatte.
    »Als Barbaro seine Aussage widerrief«, sagte ich, »fragte ich ihn, ob ihn jemand gesehen habe. Er sagte, er habe Lisbeth gesehen. Als er zu seinem Wagen vor dem Players zurückkam, sei sie über den Parkplatz gegangen. Aber Lisbeth behauptet, sie sei lange vorher nach Hause gefahren.«
    »Also lügt Barbaro«, sagte Landry.
    Ich schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn. Warum sollte er eine so dumme Lüge erzählen? Wieso sagt er
nicht einfach, niemand hat ihn gesehen. Man könnte ihm das Gegenteil nicht beweisen.«
    »Und warum sollte Lisbeth behaupten, nicht dort gewesen zu sein?«, fragte Landry, der langsam ein klareres Bild gewann. »Es sei denn, sie hatte etwas zu verbergen.«
    »Genau«, sagte ich. »Gestern habe ich einer geistesgestörten Frau, die sich immer beim Players und dem Polo Club herumtreibt, ein Bild von Irina und Lisbeth gezeigt. Ich fragte sie, ob sie Irina je gesehen hatte. Sie sah sich das Foto an und sagte, die beiden seien sehr ungezogen gewesen. Ich glaube, sie meinte, die beiden zusammen .«
    »Du glaubst, Irina und Lisbeth hatten etwas miteinander?«, fragte Landry.
    »Ja. Oder jedenfalls sah es Lisbeth so.«
    »Aber warum sollte Lisbeth Irina töten?«, fragte Landry.
    Ich dachte darüber nach, ließ all die Bruchstücke von Erinnerungen Revue passieren. Die Fotos von Lisbeth und Irina zusammen, Lisbeth so glücklich und lächelnd - und die Bilder, auf denen sie auf Abstand bedacht und sichtlich voll Unbehagen mit Männern zu sehen war. Zu viele Bilder von Irina an ihrem Kühlschrank, hatte ich gedacht.
    Ich dachte daran, wie heftig Lisbeth wegen der Party danach mit Irina gestritten hatte. Ich dachte an ihre abgrundtiefe Trauer und ihre Schuldgefühle.
    »Irina war schwanger«, sagte ich. »Sie wollte einen reichen amerikanischen Ehemann, nicht ein naives, lesbisches Bauernmädchen aus einem Kaff in Michigan.«
    »Zurückweisung«, sagte Landry.
    Eine tiefe Trauer überkam mich, als ich darüber nachdachte. Was Mordmotive anging, war es eine der ältesten Geschichten der Welt. Unerwiderte Liebe. Es erstaunte
mich immer wieder aufs Neue, dass ein Gefühl, das eigentlich gut sein sollte und solche Freude bereiten konnte, so oft ins Zerstörerische umschlug.
    Und wie oft uns das Leben diese Lektion auch zu erteilen versucht, wir fordern sie immer wieder aufs Neue.

67
    Der Mond schien hell, als Lisbeth die unbefestigte Straße entlangging. Sie wusste nicht, wie spät es war. Zeit spielte
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