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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab
Autoren: Stephen Booth
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dieser Name ist inzwischen aus der Mode. Jedenfalls hab ich ihm gesagt, dass ich ihn ins Gästebuch eintragen muss, sonst kriegt er morgen kein Frühstück.«
    »Manchmal geht’s hier bestimmt ziemlich bunt zu.«
    »Das perlt von mir ab wie Wasser von einer Ente, Junge. Sie haben doch die Richtlinien gelesen? ›Dumme und blödsinnige Bemerkungen werden ignoriert‹. Das hilft ungemein, wenn irgendein wichtigtuerischer Inspector daherkommt und mir sagen will, was ich zu tun habe. Man kann ihn einfach links liegen lassen und sagen: ›Tut mir Leid, steht so in den Richtlinien.«‹
    »Und was ist mit der Musik?«, wollte Cooper wissen.
    »Die entspannt die Kunden«, antwortete der Sergeant, obwohl Cooper fand, dass er sich nicht gänzlich überzeugt anhörte.
    »Tatsächlich?«
    »Hat man mir jedenfalls gesagt.«
    Der Sergeant hielt einen Augenblick inne, und die beiden Männer lauschten den Klängen Vivaldis. Kennedy läutete soeben den Sommer ein.
    »War die Idee von unserer Frau Inspector«, erklärte der Sergeant.
    »Aha«, erwiderte Cooper. »Hat sie nicht kürzlich an einer Fortbildung teilgenommen?«
    »Eine Fortbildung? Selbstverständlich hat sie an einer verdammten Fortbildung teilgenommen! Sagen Sie mir eine Woche, in der die sich nicht fortbildet! Die hier nannte sich Durchführung einer Mittelüberprüfung Ihrer Schnittstelle mit der Öffentlichkeit*. Was zum Teufel soll das denn heißen? Sie werden schon sehen, es dauert nicht mehr lange, dann lässt sie uns hier drin Spiegel und Topfpalmen aufstellen, und als Nächstes müssen wir die Türen und Schreibtische hin und her rücken, damit die Energie besser fließen kann, oder sonst so ein Quatsch.«
    »Feng shui«, sagte Cooper.
    »Wie bitte?«
    »Feng shui.«
    »Sie haben sich wohl bei der Warterei da draußen eine Erkältung geholt«, brummte der Sergeant.
    »Die Energie fließen lassen«, sagte Cooper. »Kommt aus Japan.«
    Der Sergeant starrte ihn an. »Klar«, sagte er. »Was bin ich bloß für ein Dummkopf.«
    Er war viel zu groß für den Tresen, an dem er arbeitete, und musste sich umständlich nach vorn beugen, um seine Unterlagen bearbeiten zu können. Wenn die Kommission für Gesundheit und Sicherheit hier nicht bald die Arbeitsplatzgestaltung revolutionierte, war in ein oder zwei Jahren, wenn der Sergeant nur noch wie Quasimodo herumlaufen konnte, ein saftiges Schmerzensgeld fällig. Doch bis dahin verfolgten ihn wohl eher Nigel Kennedys Klänge als die Glocken von Notre Dame.
    Coopers Piepser vibrierte in der Hosentasche. Es war der fünfte Anruf in der letzten halben Stunde. Noch während er seinen Gefangenen durch die verschneiten Straßen von Edendale geführt hatte, war ihm die Zentrale mit anderen Ermittlungsanfragen auf die Nerven gefallen.
    »Was sollen diese ganzen neuen Ideen eigentlich bewirken?«, fragte der Sergeant. »Manchmal komme ich kaum zum Luftholen. Hier geht es zu wie in einem Irrenhaus. Und damit meine ich nicht nur unsere Gäste.«
    Hinter dem Sergeant kam ein Streifenbeamter aus dem Büro und händigte Cooper einen Zettel aus, auf dem DC Cooper-Bericht an DS Fry, dringend stand. Widerwillig verabschiedete sich Cooper von dem Plan, den er sich in den vergangenen Minuten zurechtgelegt hatte. Er hatte gehofft, seinen Spind aufsuchen, sich dort ein Paar trockene Socken holen und anschließend eine Razzia in Gavin Murfins Schreibtisch durchführen zu können, um nach etwas Essbarem zu fahnden.
    »Aber ich habe natürlich nichts gesagt«, erinnerte ihn der Sergeant. »Meine Arbeit macht mir großen Spaß, ehrlich.«
    Als die Passagiere des Air-Canada-Fluges 840 am Gate von Terminal 1 des Flughafens Manchester ankamen, wartete dort ein hoch gewachsener, blonder Mann mit Bart. Er begrüßte die Frau mit einem herzlichen Händedruck, doch einen Augenblick lang sahen beide so aus, als bedauerten sie, dass sie von so vielen Menschen umgeben waren. Alison Morrissey lächelte, als sie seinen stark ausgeprägten Dialekt hörte, als wäre ihre Reise nach England erst jetzt Wirklichkeit geworden.
    »Schön, dass Sie mich abholen«, sagte sie.
    »Ich wollte nicht, dass Sie ganz allein hier stehen.«
    »Das ist sehr nett.«
    Es entstand ein kurzes Schweigen. Während die Passagiere links und rechts an ihr vorbeidrängten, ließ die Frau den Blick über die ungewohnten Namen an den Flughafen-Shops schweifen: W. H. Smith, Virgin, Boots the Chemist. Als sie den Kopf neigte, um einer Durchsage zu lauschen, sah sie einen Moment wie ein
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