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Kalter Schlaf - Roman

Kalter Schlaf - Roman

Titel: Kalter Schlaf - Roman
Autoren: A J Cross
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dann nickte sie. »Ja, gern, auch wenn meine Mutter mich immer vor genau solchen Einladungen gewarnt hat.«
    Bernie, der mit dem Sandwich fertig war, sah sich auf dem Küchentisch um. Als Kate aufstand, kam Phyllis mit dem Staubsauger herein. Bernie und sie musterten einander misstrauisch. Sie hatten sozusagen eine gemeinsame Geschichte, denn sie stammten beide aus den Arbeitervierteln Birminghams, die Bernie stets »den alten Bezirk« nannte. Kate wusste nicht genau, wo er lag und ob er nach der gewaltigen städtebaulichen Erneuerung Birminghams in den vergangenen vierzig Jahren überhaupt noch existierte.
    Als Phyllis vor vielen Monaten erfahren hatte, dass Kate beruflich mit der Polizei in der Rose Road – und vor allem mit Detective Sergeant Bernard Watts – zu tun haben würde, hatte sie Kate einen kleinen Grundsatzvortrag über die hiesige Arbeiterklasse in den Fünfzigerjahren und Bernies Platz darin gehalten.
    »Detective Sergeant? Ha! Seine Mutter hatte sieben Kinder, müssen Sie wissen. Wie die Orgelpfeifen.« Phyllis hatte mit der Hand angedeutet, wie regelmäßig die Kinderschar der Watts’ sich vermehrt hatte. »Sie war ein richtiger Drache. Hat an der Ecke ihrer Straße gestanden und die Namen ihrer Bälger gekreischt – ›Chrissie! Josie! Malky!‹ –, die daraufhin aus allen Richtungen zusammengelaufen sind. Er war der Jüngste. Meine Mutter hat sie ›gewöhnlich‹ genannt.« Nach kurzer Pause hatte Phyllis hinzugefügt: »Wir hatten einen Fernseher. Und ein Auto.«
    Jetzt wandte Kate sich an ihre Haushälterin. »Phyllis, ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie mich rufen sollen, damit ich den Staubsauger runtertrage. Möchten Sie einen Kaffee?«
    Phyllis drängte sich geschäftig an ihr vorbei. »Später, ich hab noch zu tun. Was will er schon wieder?«, murmelte sie dann.
    Bernie setzte einen neutralen Gesichtsausdruck auf. »Der Doc unterstützt die Polizei bei ihren Ermittlungen.« Er sah zu Kate hinüber. »Der Arsch will den Fall bei der morgigen Dienstbesprechung aufs Tapet bringen.« Kate nickte, um zu zeigen, dass sie den Hinweis auf Inspector Roger Furman verstanden hatte und zu der Besprechung kommen würde. Zu Semesterbeginn hatten ihre Vorlesungen noch nicht richtig begonnen. Von Phyllis war ein missbilligender Laut zu hören, vermutlich wegen des Worts »Arsch«, während sie den Staubsauger in seinem Schrank verstaute.
    »Sie hat schon genug zu tun, ohne dass Sie ihr noch mehr aufhalsen. Sie muss dieses Mädchen allein aufziehen, sie ist ständig in der Universität und bei Gericht …«
    Bernie starrte Kate stirnrunzelnd an. »Hast du dich wieder beim Ladendiebstahl erwischen lassen?«
    »Schon in Ordnung, Phyllis. Ich komme gut zurecht.«
    Aber Phyllis war jetzt in Fahrt und nicht so leicht zu stoppen.
    »Bestimmt nicht brauchen kann sie, dass Sie oder dieser andere hier mit Geschichten von Mord …« Sie senkte die Stimme und sprach die folgenden Worte fast unhörbar leise aus. »… und Sex aufkreuzen. Und wer weiß noch was alles. Sie könnte mal Urlaub brauchen.«
    Phyllis wandte sich wieder an Kate. »Hab ich Ihnen schon erzählt, dass Avis gerade aus der Republico Domingo zurückgekommen ist? Sie sagt, dass es dort fantastisch war!«
    Kate stellte Bernie ein weiteres Sandwich hin und funkelte ihn warnend an, als Phyllis die Küche verließ.
    Er schüttelte grinsend den Kopf. »Sie verdient jedes Pfund, das du ihr zahlst – allein wegen ihres Unterhaltungswerts.«
    »Pssst!«, zischte Kate. »Würde Phyllis jemals kündigen, säße ich echt in der Patsche.«
    Im nächsten Augenblick wurde nochmals an die Haustür geklopft, dann waren Phyllis’ schwere Schritte, Stimmengemurmel und das leise Knarren der aufgehenden Tür zu hören. Kate vernahm eine volle, tiefe Stimme, die ihr Herz höher schlagen ließ. Sekunden später erschien Phyllis wieder in der Küche.
    »Der andere ist da. Der Yankee. Ich habe ihm gesagt, dass er warten muss. Soll ich ihn hereinlassen?«
    »Natürlich, Phyllis!«
    Kate beugte sich etwas zur Seite, um beobachten zu können, wie der große, breitschultrige Neuankömmling die Diele durchquerte und die Küche betrat. Er trug ein blaues Hemd in der Farbe seiner Augen, Jeans und braune Arbeitsstiefel von Frye. Sein Haar war gewachsen, seit Kate ihn zuletzt gesehen hatte; es war aus seinem gebräunten Gesicht zurückgekämmt, hatte von der Sonne helle Strähnen und war jetzt nackenlang. Und er hatte sich einen Schnauzer in grau meliertem Braun wachsen
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