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Kalter Schlaf - Roman

Kalter Schlaf - Roman

Titel: Kalter Schlaf - Roman
Autoren: A J Cross
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Facebook gab, bevor Maisie durch die Benutzung ihres Handys bewiesen hatte, dass sie vertrauenswürdig und zuverlässig war.
    Hinter ihren Augen begann ein dumpfer Schmerz zu pochen. Führe keinen Krieg, bevor er ausgebrochen ist. Sie öffnete die zweiflügelige Tür des hohen Gefrierschranks, legte Tiefkühlpackungen hinein, nahm andere heraus und schloss die Türen mit einem Fuß und einem Ellbogen.
    Maisie, die, an dem großen blank gescheuerten Holztisch sitzend, den Kopf in eine Hand stützte, funkelte Kate an und verdrehte ihre großen blauen Augen. Ihr herzförmiges Gesicht trug einen trotzigen Ausdruck, der gebräunte Teint unter der lockigen Haarmähne war gerötet.
    »Weil ich wusste, dass du heute Vormittag mit Erstsemestern beschäftigt warst, sodass ein Anruf zwecklos gewesen wäre! Was ist überhaupt dagegen einzuwenden, den Bus zu nehmen?« Maisie stand auf und schlenderte zu der Keksdose auf einer der Arbeitsplatten aus schwarzem Granit hinüber.
    Auf diese Frage hatte Kate noch keine Antwort parat, deshalb ignorierte sie sie, weil sie davor zurückschreckte, Maisie gegenüber ihre eigenen Ängste in Bezug auf persönliche Sicherheit zu bekennen. »Du weißt genau, dass du eine Nachricht hinterlassen sollst, wenn ich mich mal nicht melde. Du und ich müssen uns auf Grundregeln für dein Verhalten außer Haus einigen, Maisie, die unbedingt zu beachten sind, damit …«
    Plötzlich hallte lautes Klopfen an der massiven Haustür aus Eichenholz durch die geräumige Diele und drang bis in die Küche. »Wer ist das?«
    »Woher soll ich das wissen?«, maulte Maisie, ließ sich wieder auf ihren Stuhl fallen und knabberte an einem Keks.
    Kate hörte den Staubsauger im ersten Stock verstummen, dann kamen schwere Schritte die Treppe herunter. Noch immer wütend auf Maisie, nutzte sie die Gelegenheit, der angespannten Atmosphäre in der Küche zu entkommen, und ging in die Diele hinaus, in der ihre Haushälterin Phyllis zur Tür unterwegs war. Kate ging langsamer und beobachtete, wie Phyllis sich bewegte: eine Galeone unter vollen Segeln, ihr Busen ein imposantes Bollwerk, das Haar eine Mischung aus Wasserstoffblond und Grau. Als Kate vor vielen Jahren einen untreuen Ehemann gehabt hatte und Maisie noch ein rotwangiges dickes Baby gewesen war, hatte Phyllis angefangen, bei ihr zu arbeiten. Die beiden Frauen verstanden sich gut. Phyllis hatte die Tür erreicht und riss sie auf.
    Unter dem Vordach stand in weißen Hemdsärmeln, umgehängtem Jackett und mit vor der breiten Brust verschränkten Armen ein Mann, der Ende fünfzig, Anfang sechzig sein musste. Das grau melierte Haar klebte in der Hitze an seinem Kopf, das Gesicht war gerötet, den scharfen Augen unter buschigen Brauen entging nichts, als er jetzt grinste, wobei zwischen den oberen Schneidezähnen eine kleine Lücke sichtbar wurde, die seine Erscheinung noch etwas zwielichtiger wirken ließ.
    »Tag, Kindchen, ist deine Mami zu Hause?«
    Als Phyllis sich angewidert abwandte, war aus der Küche ein Kichern zu hören.
    Kate nickte dem Besucher zu. »Oh, du bist’s. Komm rein.« Sie machte kehrt und ging in die Küche zurück. »Alles klar, Phyllis.«
    »Auch dir einen schönen Tag«, antwortete Detective Sergeant Bernard Watts von der West Midlands Police und folgte ihr hinein.
    Bernie Watts und Kate hatten sich vor ungefähr eineinhalb Jahren kennengelernt, als es bei der West Midlands Police erste Überlegungen gegeben hatte, ein Department für ungelöste Fälle ins Leben zu rufen, das »kalte« Sexualdelikte und Morde erneut aufrollen sollte. Ihre Arbeitsbeziehung zu Watts und den anderen Kollegen in der Kommission für ungelöste Fälle, KUF genannt, hatte sich kameradschaftlich entwickelt – trotz ihres anfänglichen Misstrauens wegen der schroffen, oft sarkastischen Art des Sergeant, seines breiten Birminghamer Dialekts und seiner historischen und lokalen Anspielungen, die sie nicht immer sofort verstand. Auch schwarzer Humor und Neckereien hatten zu ihrer Einführung in den Dienstalltag der Polizei gehört. Beides erkannte sie mittlerweile als notwendige Bewältigungsmechanismen.
    Als Kate in die Küche zurückkam, sah sie Maisie mit berechnendem Gesichtsausdruck auf dem Küchentisch sitzen. Sie warf ihrer Tochter einen warnenden Blick zu, dann trat sie an eine der Arbeitsflächen, um ihr ein Sandwich zu machen, wobei sie über die Schulter weitersprach.
    »Wir sind mit dieser Diskussion noch nicht fertig, Maisie, aber die hat Zeit bis später.«
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