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Kalte Schulter, Heißes Herz

Kalte Schulter, Heißes Herz

Titel: Kalte Schulter, Heißes Herz
Autoren: Julia James
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sich noch einmal zu Flavia umzudrehen.
    Sie stand unter Schock und konnte nur hilflos dabei zusehen, wie diese riesige, laute Maschine Leon in unerreichbare Ferne brachte. Den Mann, den sie aus tiefster Seele liebte. Ihr Körper wurde von trockenen, verzweifelten Schluchzern geschüttelt, bis die Rippen schmerzten und ihre Kehle knochentrocken war. Flavia ließ sich auf die Knie fallen und schlug die Hände vors Gesicht.
    Leon hatte allen Grund, ihr Vorwürfe zu machen. Sie hätte ihn nie so lange hinhalten dürfen, ohne ihm die Wahrheit zu gestehen. Das war feige gewesen und hatte alles zerstört, was hätte werden können …
    Ich hatte doch nur Angst, er würde mich nicht verstehen, dachte sie unglücklich. Dass er mich verachtet, weil ich mich nicht gegen meinen Vater durchsetzen kann. Dass er mich hasst, während ich mich gerade unsterblich in ihn verliebe!
    Inzwischen kannte er die Wahrheit und verachtete Flavia dafür. Und sie konnte nicht einmal abstreiten, was er ihr unterstellte. Sein Vertrauen in sie war dahin, und das war allein ihre Schuld. Sie hatte die falschen Entscheidungen getroffen und Leon dadurch verloren.
    Müde rappelte sie sich auf und schleppte sich zur alten Gartenbank, auf der ihre Großeltern so oft gesessen und Händchen gehalten hatten. Jetzt waren sie beide fort, und Flavia blieb ganz allein zurück. Und der Mann ihres Lebens hatte sie ebenfalls verlassen.
    Als ihre Tränen versiegt waren, erinnerte sie sich plötzlich an die Stimme ihrer Großmutter, die so oft zu ihr gesagt hatte: Wenn etwas schiefgeht, Kindchen, musst du es wieder geraderücken!
    Ganz langsam ließ sie ihren Blick über das Stück Land gleiten, das ihr so unglaublich viel bedeutete. Diesen Ort hatte sie zum Wohle ihrer Grandma schützen wollen, aber nun brauchte die alte Lady ihr Heim nicht mehr.
    Aber ich brauche es! schrie Flavia innerlich. Ich liebe dieses Haus. Es ist alles, was mir noch geblieben ist!
    Ihre innere Stimme meldete sich erneut im Angedenken an ihre Grandma: Du musst es geraderücken. Erst dann kannst du wieder reinen Gewissens sein .
    Der Wind spielte in Flavias Haaren, und über ihr in den Baumwipfeln zwitscherten ein paar Singvögel. Ein leichter, süßer Rosenduft lag in der Luft. Selig schloss sie die Augen und lauschte der Stimme ihrer Großmutter, bis sich ein unerwartetes Gefühl von Frieden und Ruhe in ihr ausbreitete. Dann ging sie ganz langsam zurück zum Haus.
    Sie hatte Leon unrecht getan und ihn dadurch verloren. Das musste sie wiedergutmachen, soweit es ihr möglich war. Sein Geständnis hatte sie tief berührt: Ich hätte dir mein Leben zu Füßen gelegt. Alles, was ich bin und was ich besitze.
    Flavia selbst besaß nicht viel, wusste aber genau, was sie Leon geben musste.

12. KAPITEL
    „Bitte schön, Mrs Peters. So ist es schon gemütlicher, oder?“, zwitscherte Flavia fröhlich.
    Sie schenkte der alten Dame vor sich im Bett ein strahlendes Lächeln und klopfte vorsichtig die weichen Kissen auf, die sie ihr mitgebracht hatte. Regungslos lag Mrs Peters da und starrte an die Decke. Aber das hielt Flavia nicht davon ab, weiter draufloszuplaudern, während sie die Frau versorgte, so wie sie es früher mit ihrer Großmutter getan hatte.
    Liebevoll strich sie ihrer Patientin das feine Haar aus der Stirn und gab ihr ein paar kleine Schlucke Wasser aus einer Schnabeltasse.
    Nachdem ihre Aufgaben erledigt waren, verabschiedete sich Flavia von Mrs Peters und verließ den Raum. Es war an der Zeit, sich um ihren nächsten Schützling zu kümmern.
    Es war keine schwere Arbeit, nur erinnerte der Umgang mit älteren Frauen Flavia schmerzhaft an den Verlust der eigenen Großmutter. Für diesen Job brauchte man jede Menge Energie, Geduld, unendlich viel gute Laune und sehr, sehr große Rücksichtnahme. Dabei halfen Flavia die Erfahrungen, die sie mit der Pflege ihrer Grandma gemacht hatte. Außerdem war die Anstellung an eine kostenlose Unterkunft im Nebengebäude des Altenheims gekoppelt.
    Flavia wusste noch nicht, wie lange sie hier arbeiten würde. So weit konnte sie nicht vorausdenken. Momentan war ihr wichtig, überhaupt einen festen Job zu haben und sich gebraucht zu fühlen. Außerdem wollte sie weit, weit entfernt von allem … und jedem sein.
    Mehr war gerade nicht drin! Sie wollte die Vergangenheit einfach nur hinter sich lassen. Irgendwann – dessen war sie sicher – würde sie sich stark genug fühlen, den Kopf zu heben und sich zu überlegen, was sie mit dem Rest ihres Lebens
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