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Kalte Freundschaft

Titel: Kalte Freundschaft
Autoren: Simone van Der Vlugt
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entriegelt sie hektisch die Tür.
    Sie reißt sie auf und setzt sich ans Steuer. Am liebsten würde sie mit quietschenden Reifen losrasen, aber sie reißt sich zusammen und fährt ruhig an.
    Das Klingeln ihres Handys ignoriert sie, biegt ein paarmal aufs Geratewohl ab und parkt schließlich vor einer Grundschule.
    Es ist gerade Schulschluss. Kinder rennen lachend und rufend über den Hof, laufen auf ihre wartenden Mütter zu.
    Nadine greift zum Handy, das ununterbrochen klingelt. Auf dem Display sieht sie, dass es Arnout ist. Sie meldet sich.
    »Wie geht’s dir?«, fragt er.
    Für manche Leute ist diese Frage eine reine Höflichkeitsfloskel, andere wollen wirklich wissen, wie es
einem geht. Arnout gehört zur letzteren Sorte. Also sagt Nadine, wie es ihr geht: »Miserabel.«
    »Das habe ich mir schon gedacht. Mir geht es auch nicht viel besser. Stell dir vor, heute Morgen um acht bin ich aufs Polizeirevier beordert worden. Ich hatte keine Ahnung, worum es geht, und war total entsetzt, als ich hörte, was mit Eelco passiert ist.«
    »Ich bin auch verhört worden. Arnout, ich kann immer noch nicht fassen, dass er wirklich tot ist.«
    »Es muss ein Riesenschock für dich sein.«
    Wieder kommen ihr die Tränen.
    »Nadine …« Seine Stimme klingt sanft und tröstend.
    »Es geht schon wieder«, sagt sie matt. »Heute kommt irgendwie alles zusammen. Ich mache mir große Sorgen um Marielle. Sie wollte bei einer Freundin übernachten, aber dort war sie nicht. Ich habe keine Ahnung, wo sie steckt.«
    »Ich will dich nicht noch mehr beunruhigen, aber gestern Abend ist ein Mädchen ihres Alters in die Uniklinik eingeliefert worden.«
    »Was sagst du da?!«
    »Das Mädchen wurde angefahren, und der Fahrer ist geflüchtet. Der Fahrer eines nachfolgenden Wagens hat sie gefunden. Er konnte gerade noch rechtzeitig bremsen und hat sofort die Ambulanz gerufen. Glück im Unglück, wenn man so will, denn es war schon dunkel, und sie lag mitten auf der Straße.«
    Nadine stöhnt auf.
    Es muss sich um Marielle handeln! Deshalb ist sie
nie bei Renate angekommen und konnte sich nicht melden. Sie liegt im Krankenhaus, womöglich schwer verletzt!
    »Was ist mit dem Mädchen?«, fragt sie gepresst.
    »Ich weiß nur, dass das Mädchen auf der Intensivstation liegt. Aber reg dich nicht auf, Nadine, vielleicht ist es ja gar nicht Marielle.«
    »Wer sonst? Niemand hat seit gestern Abend von ihr gehört. Sie ist es, Arnout, das weiß ich. Ich fahre sofort zur Klinik!«
    »Halt die Ohren steif. Und ruf mich unbedingt an, sobald du Näheres weißt.«
    Nadine wirft das Handy auf den Beifahrersitz, lässt den Motor an und rast zum Krankenhaus.

    Anfangs hat mich Marielle gar nicht bemerkt. Sie ist aufs Rad gestiegen und sofort losgefahren. Ohne sich groß umzusehen, denn sonst wäre ihr bestimmt aufgefallen, dass mein Auto in der Straße stand.
    Natürlich konnte ich nicht die ganze Zeit hinter ihr herfahren. Aber ich wusste ja, wohin sie wollte und welche Strecke sie nehmen würde.
    Ich hatte herausgefunden, wie ihre Freundin heißt und wo sie wohnt: ein Stück außerhalb der Stadt, auf dem Polder. Also brauchte ich nur jenseits der Stadtgrenze an der Landstraße zu warten.
    Ich parkte hinter einer leichten Kurve auf dem Grünsteifen zwischen den Bäumen.

    Es dämmerte bereits, als sie kam. Sie fuhr ohne Licht. Meine Scheinwerfer waren ebenfalls aus.
    Sie radelte an mir vorbei, schien mich nicht zu bemerken. Erst als ich den Motor anließ, warf sie einen Blick über die Schulter und fuhr etwas schneller.
    Ich folgte ihr langsam. Wieder sah sie sich um, und diesmal erkannte sie mich. Sie vergaß zu treten, und ich nahm den Fuß vom Gas und ließ das Auto ausrollen. Einen Moment lang sahen wir uns an, wie zwei Kontrahenten in einem Actionfilm.
    Dann bekam sie es mit der Angst und trat kräftig in die Pedale. Vornübergebeugt sauste sie die Landstraße entlang, als hinge ihr Leben davon ab. Zu Recht. Ich gab Gas und schaltete in den nächsthöheren Gang.
     
    In der Regel überzeuge ich mich, ob alles nach Plan lief. Bei Joella blieb wenig Zeit. Ich musste mich darauf verlassen, dass ein weiterer Schlag mit dem Pflasterstein und meine Hände ausgereicht hatten.
    Doch an der einsamen Landstraße konnte ich das Auto abstellen und aussteigen. Ohne Eile ging ich auf Marielles reglosen Körper unter dem verbogenen Rad zu. Sie war bewusstlos und hatte eine blutende Kopfwunde. Ich fühlte ihren Puls - sie lebte noch.
    Kurz erwog ich, sie sicherheitshalber zu
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