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Kalte Fluten

Kalte Fluten

Titel: Kalte Fluten
Autoren: Ralph Westerhoff
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Fußgelenke. Der Knebel ließ nur Presslaute zu.
    »Ich werde dich ersäufen wie eine räudige Katze«, sagte Daniel. »Du hast nichts Besseres verdient.«
    Dann schleppte er die sich zwar verzweifelt, aber doch zwecklos wehrende Wiebke zum Bug des Schiffes. Er ging unter Deck und kehrte mit zwei offensichtlich mit Sand gefüllten alten Säcken zurück. Mit geübter Hand schlang er ein Schiffstau um ihren Bauch, machte einen seemännischen Knoten und befestigte die Säcke an dem Tau.
    »Dieser Ballast wird dich in die Tiefe ziehen.«
    Als Nächstes holte er die Ankerkette und nahm ihre gefesselten Hände. Er band sie an der Ankerkette fest.
    »Es soll ja ein bisschen qualvoll sein. Und es soll dauern. Damit du Zeit hast zu bereuen. Wie all die anderen«, sagte er und lachte laut und fies.
    ***
     
    Mit quietschenden Reifen hielt Randolf am Rostocker Hafen. Sie liefen zur Anlegestelle, mussten aber feststellen, dass die Jacht weg war. Zwei Anlegeplätze weiter inspizierte gerade ein Bootsbesitzer seine Motorjacht. Randolf und Günter schauten sich an. Sie verstanden einander ohne Worte.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Günter. »Wir müssten uns mal Ihre Jacht ausleihen.«
    Günter zeigte ihm seinen Dienstausweis. Der Mann war völlig unbeeindruckt. »Sie haben wohl nicht alle Tassen im Schrank«, sagte er. »Verlassen Sie sofort mein Schiff.«
    »Hören Sie, ich bin Staatsanwalt und es geht um Leben und Tod.«
    »Ja, ja.« Der Mann grinste abfällig. »Und ich bin Donald Duck.«
    Randolf nickte Günter zu. Die beiden sprangen mit einem Satz auf den Mann zu und warfen ihn ins Wasser.
    »Enten können schwimmen, Donald«, bemerkte Randolf noch hämisch, während Günter bereits den Motor startete. Mit hoher Geschwindigkeit verließen sie das Hafenbecken.
    »Wohin willst du? Die Ostsee ist eine verdammt große Pfütze«, bemerkte Randolf.
    »Richtung Norden. Ich weiß, dass die beiden immer Quadrate fahren. Immer drei Meilen Nord, dann drei Meilen Ost, drei Süd und drei West. Hatte ich dir doch erzählt. Das Ding hier macht gute fünfundzwanzig Knoten. Drei Meilen dauern dann circa fünf Minuten. Also müssten wir sie in spätestens zwanzig Minuten gefunden haben.«
    » Wenn er denn Quadrate fährt. Aber was ist, wenn er das nicht tut?«
    »Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«, fragte Günter, während er die Motorjacht über die Wellen peitschte.
    ***
     
    Daniel warf die an der Ankerkette gefesselte Wiebke mitsamt der Kette ins Wasser. Wiebke ging sofort unter. Kurz darauf spürte sie, wie die Kette nach oben gezogen wurde. Sobald sie den Kopf wieder an der Luft hatte, atmete sie heftig durch die Nase. Der Knebel saß immer noch fest.
    »Na?«, fragte Daniel grinsend. »Gefällt dir das, was ich mit dir mache? Du sollst bereuen, du Schlampe. Bereue.«
    Die Ankerkette sank wieder abwärts. Wiebke mit ihr.
    ***
     
    Während Günter stur Kurs dreihundertsechzig Grad hielt, suchte Randolf den Horizont mit dem Fernglas ab, das sie in der gut ausgestatteten Jacht gefunden hatten.
    »Siehst du was?«, brüllte Günter gegen den Lärm des Motors und die aufpeitschende Gischt an.
    »Nein«, sagte Randolf und konzentrierte sich darauf, weiter den Horizont zu scannen.
    ***
     
    Sie war gute zwei Minuten unter Wasser. Dann spürte sie wieder den Ruck, der durch die Kette ging. Endlich Luft. Endlich atmen.
    »Jetzt ist die Gelegenheit gekommen, der Welt auf Wiedersehen zu sagen. Jetzt hast du letztmals Gelegenheit zu bereuen.«
    Er lehnte sich über die Reling und durchschnitt das Seil, mit dem er sie an die Kette gebunden hatte. Sie klammerte sich mit den Fingern an die Eisenglieder. Die Sandsäcke zerrten an ihrem Körper.
    Daniel lachte fies. »Das hältst du zwei, drei Minuten durch. Dann rutschst du ab und sinkst in die Tiefe der kalten Fluten.«
    ***
     
    »Ich hab’s«, brüllte Randolf. »Dort! In Ein-Uhr-Position.«
    Er reichte Günter das Fernglas. Der sah, wie ein verwahrlost wirkender Mann mit der Ankerkette hantierte. Jemand hielt sich krampfhaft daran fest, in dem Bemühen, nicht unterzugehen. Die Person am anderen Ende der Kette war Wiebke. Kein Zweifel. Er steuerte mit Vollgas auf die Jacht zu.
    ***
     
    Wiebke sah ein, dass sie keine Chance hatte. Also ergab sie sich ihrem Schicksal und rutschte ab. Langsam wurde der Sauerstoff knapp. Sie war jetzt vielleicht zwei Meter unter der Wasseroberfläche. Sie sah den Rumpf der Jacht, von der Daniel sie ins Wasser gestoßen hatte. Wäre das Letzte, was sie sehen
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