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Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Titel: Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit
Autoren: Laura Feuerland
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wussten, all die Spuren stammten von den geheimen Ritualen, die die Männer derunbekannten Clane bei ihren Zusammenkünften abgehalten hatten. Unzählige Male hatten sie sich hier in der Höhle versammelt, um Jagd-, Bitt- und Dankesopfer abzuhalten, jeder Clan nach seinen eigenen Regeln.
     
    Als Mauk und Atlin die Höhle verließen, war es fast Nacht.
    In tiefen Zügen sog Mauk die frische Luft ein. Hoch über ihm leuchtete das weiße Lichthorn des Himmelsstiers. Er erinnerte sich, dass es von manchen Clanen auch Mond genannt wurde. Das Horn war zur Herzseite hin gekrümmt, ein Zeichen, dass bald die Zeit der schwarzen Nächte anbrechen würde. Die schwarzen Nächte sind gefährlich, dachte Mauk. Aber wenn sie vorüber sind, dann werden wir aufbrechen und ins Südland gehen und nach den Feuerpferden suchen.
    Roor hatte inzwischen Steine gesammelt und damit den Rand von Onis Grab befestigt. Danach hatte er ein kleines Feuer entfacht. Im Moment war er dabei, die Brust des toten Kindes mit Drosselfedern zu schmücken. Als das Neugeborene am Vortag seinen ersten Schrei getan hatte, hatte eine Drossel mit ihrem Lied geantwortet und war so zum Schutztier des Kindes geworden. Behutsam hob Mauk die beiden toten Körper auf und legte sie in das steinerne Grab. Dann nahm er das Amulett vom Band und legte es in die Hand der Frau. Atlin und Roor streuten eine Handvoll Beeren über die Toten. Dann wurden die Leichname mit Ocker bestäubt und mit dem Otterfell und der Pferdedecke bedeckt.
    Gut, dass es ein Otterfell ist, dachte Mauk, während sie das Grab mit den restlichen Steinen schlossen. Der Otter war Onis Schutztier gewesen, und sein Geist würde sie beschützen,wenn sie nun mit ihrem Kind zum Schwarzen Fluss ging und ins Land der Ahnen reiste. Die Ahnen würden am Clanamulett und an der Pferdedecke erkennen, dass Oni eine Frau aus dem Clan der Feuerpferde war, und sie würden sie und das Kind freundlich aufnehmen.
    Mauk richtete sich auf und starrte auf das steinerne Grab.
    Und er selbst? Mit einem Schlag verließ ihn alle Hoffnung. Ein Gefühl von Leere und Trostlosigkeit überfiel ihn, und trotz der milden Abendluft begann er zu frieren. Während er die Hände rieb, um sich zu wärmen, glaubte er plötzlich eine Gestalt aus dem Dunkel heraustreten zu sehen. Eine weitere Gestalt folgte, immer mehr wurden es. Mauk stockte der Atem.
    »Nel!« Ganz deutlich erkannte er seinen Bruder. »Nel!«
    Er streckte die Hände aus, doch sie griffen ins Leere. »Nel!«, rief er noch einmal. Doch Nel ging wortlos an ihm vorüber. Die anderen folgten ihm, stumm, den Blick zu Boden gerichtet.
    »Mutter Berre! Rina! Lor!«, rief Mauk.
    Doch keiner hörte ihn, keiner wandte sich ihm zu. Schweigend zogen sie an ihm vorüber, eine endlose Reihe lautloser Schatten: seine Mutter Berre, ihr Gefährte Lor, seine Brüder und Schwestern und all die anderen, die ihm so nah und vertraut gewesen waren. Müde wanderten sie hintereinander her, mit schleppenden Schritten und gesenkten Köpfen. Der Zug schien kein Ende nehmen zu wollen und blitzartig durchzuckte Mauk die Erkenntnis: Bald werde auch ich durchs Schattenreich wandern! Wie konnte er nur glauben, Mutter Ama würde ihn, Atlin und Roor verschonen? Ama würde keinen von ihnen übriglassen. So wie die Feuerpferde verschwunden waren, würde auch der Clan verlöschen, bis auf den letzten Mann.
    In Mauks Kopf wirbelte es, er schnappte nach Luft. Das Ende war unausweichlich. Bald würde sich auch ihm das Tor zum Reich der Ahnen öffnen. Heute noch? Oder würde Ama zuerst Atlin und Roor zum Schwarzen Fluss schicken? Wollte sie Mauk, den Anführer des Clans, als allerletzten seiner Sippe abberufen?
    Plötzlich wollte er Gewissheit haben, sofort. Er wandte sich um und ging langsam zum Felsvorsprung hinüber, direkt auf den Abgrund zu. Schwarz wie Pechkohle lag das Weltendach über ihm. Weder das kleine Feuer noch die winzigen Himmelslichter reichten aus, um die weite Ebene unter ihm zu erhellen.
    Noch einen Schritt ging er, noch einen, noch einen dritten, ganz ruhig. Dann schloss er die Augen und blieb stehen. Der nächste Schritt würde in den Abgrund führen. Langsam hob er den linken Fuß   –
    »Mauk!« Wie aus weiter Ferne drang die Stimme des Bruders an sein Ohr. Dann zerriss ein durchdringender Schrei die Stille. Gleichzeitig ertönte das Geräusch von schwirrenden Flügeln. Ein großer Vogel flog dicht an Mauk vorüber und streifte seinen Kopf.
    Da zog Mauk den Fuß zurück und stellte ihn auf
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