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Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Darryl Wimberley
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das Geld?«, fragte sie fordernd.
    »Ist doch egal.«
    »Ha! Von einem Verbrecher.«
    Jack warf die Hände in die Höhe. »Was soll ich denn machen? Soll ihm sagen, er soll Land gewinnen, … er soll mich am Arsch lecken?«
    »Das Richtige«, antwortete sie. »Du musst tun, was recht ist.«
    »Bladehorn ist nicht irgend so ein Aufschneider, Mamere. Der hat mich bei den Eiern.«
    »Weil du sie ihm präsentiert hast! Du und deine Sauferei! Und deine Spielerei!«
    Jack griff nach seinem Fedora.
    »Ich gehe aus.«
    »Das nimmst du aber nicht mit!« Sie sammelte die Scheine auf dem Tisch ein. »Wenn wir schon Blutgeld annehmen, dann soll’s nicht auch noch für Gin draufgehen!«
    Jack zeigte ihr einen Zwanziger, den er in der Tasche hatte.
    »Schon in Ordnung. Ich habe ein bisschen Kleingeld.«
    Auch mit zwanzig Dollar kann man seinen Spaß haben, und Jack Romaine kam erst weit nach Mitternacht zurück in seine unbehagliche Bleibe. Eine Flasche in der Hand, stolperte er durch die unverriegelte Tür. Seine Schwiegermutter schnarchte auf ihrem Strohsack am Fenster, während Martin sich in seinem Kinderbett unruhig hin und her wälzte und mit seiner Atemnot kämpfte. Sein Haar – so dicht und schwarz.
    Jack sah den abgewetzten Baseball-Handschuh, der dem Jungen als Kissen diente. Er stellte vorsichtig seine Flasche auf dem Boden ab, grub tief in seiner Hosentasche und zog etwas hervor.
    Es war ein Baseball.
    »Habe ich bei einer Wette gewonnen, mon petit «, flüsterte Jack seinem Sohn zu und legte ihm den Ball unter sein ledernes Kissen. »Ich habe mir auch ein Autogramm draufschreiben lassen. Von Joe Dawson.«
    Romaine wankte, als er seine defekte Uhr aus der Uhrentasche nahm. Er klopfte ungeduldig auf das Uhrenglas.
    »Papa muss jetzt schlafen«, verkündete er dem gleichgültigen Zimmer und fiel wie ein nasser Sack auf die Couch.
    Erstes Licht. Die aufgehende Sonne fiel auf die Befestigungsmauern des Gebäudes, das aussah wie eine Burg. Das Zuchthaus von Cincinnati war ein beeindruckendes Bauwerk. Die Zellen mit ihren vergitterten Fenstern erstreckten sich über drei Etagen und zur Straße hin über mehr als hundertfünfzig Meter. Das lang gestreckte Gebäude hatte Türme an den Ecken und in der Mitte einen Bereich mit Mansarddach. Die Mauern verfügten über Konsolen wie bei alten Festungen; und in regelmäßigen Abständen waren Pechnasen angebracht, als sollten Eindringlinge mit siedendem Pech oder kochendem Wasser überrascht werden.
    Sally Price hatte nicht damit gerechnet, das Zuchthaus jemals wieder lebendig zu verlassen. Anderthalb Jahre lang hatte sie sich ständig umgesehen, aus Angst vor einer Garotte oder einem Messer. Aber die schroffen Mauern hatten sich als sicher erwiesen; und nun war Sally frei, eine Frau von dreißig, klein, unattraktiv, mit der ewig unreinen Haut einer Heranwachsenden, schmalen Augen und dünnem Haar.
    Eine mürrische deutsche Matrone hinter einem Gitter forderte Sally auf, für den Koffer zu unterschreiben, den sie ins Gefängnis mitgebracht hatte und in dem sich all ihre Habseligkeiten befanden. Fast alle. Sally hatte bereits den gestreiften Musselin abgelegt, der sie als Diebin identifizierte. Karierter Rock und Pullover ersetzten die Gefängnisuniform.
    »Sieh nach, ob alles da ist«, wies die Vollzugsbeamtin sie an.
    Frische Unterwäsche. Eine zerbrochene Brille. Eine Handtasche aus Wolle, die Sally nicht öffnete.
    »Es ist alles da.«
    Zwei Wärter sahen zu, wie Miss Price durch die Luke in dem engmaschigen Gitter eine letzte Zuteilung erhielt. Drei Dollar und siebzig Cent. Während ihrer abgebüßten Zeit verdient.
    »Nicht alles auf einmal ausgeben«, mokierte sich ein Wärter.
    »Was ist mit meinem Brief?«
    Der Wärter grinste. »Ach, Sally kriegt doch immer ihren Brief, oder? Jeden Monat, hmm, Sal? Regelmäßig wie deine Tage.«
    Sally stand da und wartete. Schweigend.
    Die Frau sah sie mürrisch an, sagte: »In Ordnung«, und schob den braunen Umschlag zusammen mit Stift und Klemmbrett durchs Gitter.
    »Hier unterschreiben. Und hier noch mal für deine Ausfertigung.«
    Sally unterschrieb die Empfangsbescheinigungen langsam und bedächtig.
    »Eins muss man dir lassen, Price. Du kannst besser die Klappe halten als die meisten.«
    Sally antwortete nicht. Das schien ihr immer noch am sichersten.
    Die weiß getünchte Mauer gegenüber der Wohnung der Romaines reflektierte die aufgehende Sonne. Maman Erbet regte sich schlaftrunken. Martin schlummerte noch, den Baseball, von
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