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Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Darryl Wimberley
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finden ist. Dann wartet ein Vermögen auf sie. Warum zum Teufel sollte sie plaudern?«
    Ein eiskaltes Lächeln machte sich auf Bladehorns Gesicht breit.
    »Schnappen Sie sie und bringen Sie sie her. Dann wird sie schon reden.«
    Jack zuckte zusammen.
    »Solche Jobs mache ich normalerweise nicht.«
    Bladehorn schaufelte feuchte Erde in seinen Blumentopf.
    »Was haben Sie so an Schulden, Mr. Romaine?«
    »Ich? Schulden?«
    »In Cincinnati kursieren sowieso überall Schuldscheine von Ihnen.« Bladehorn ließ seine Schaufel fallen. »Aber ich glaube, anderswo haben Sie sich viel ernstere Verfehlungen geleistet. In Chicago etwa. Ich weiß mit absoluter Sicherheit, dass Sie dort einem halben Dutzend Geschäftsleuten jeweils über tausend Dollar schulden.
    Einer dieser Herren ist ein Bekannter von mir. Mr. Capone? Alphonso Capone? Seit Kurzem berüchtigt für seine Valentinsgrüße? Natürlich ist mir klar, dass Sie ein kleiner Fisch sind, Mr. Romaine, und Mr. Capone hat eine große Organisation zu leiten. Aber trotzdem … Sie haben Schulden. Sie sind mit den Zahlungen im Rückstand. Und ich will ganz offen sein: Wenn Sie mein Angebot ablehnen, dann kommt bald jemand, um die Schulden einzutreiben.«
    Jack versuchte ein Lächeln. »Tausend Mäuse oder zweitausend, das reicht doch nicht, um sechs Riesen zurückzuzahlen.«
    »Ich helfe Ihnen, aus der Stadt zu verschwinden«, entgegnete Bladehorn in freundlichem Ton. »Sie können doch fortziehen, oder nicht, Jack? Den Winter über nach Süden. Nach Mexiko vielleicht. Oder auf eine Insel. Wie ein Schmetterling.«
    Jack hatte keine große Wahl.
    »In Ordnung«, willigte er ein. »Ich schnappe mir die Frau und bringe sie zu Ihnen. Ist das alles?«
    »Absolut«, versicherte Bladehorn. »Aber ich muss Sie davor warnen, dass Sie möglicherweise einen Konkurrenten haben.«
    »Wie bitte?«
    »Ein Kerl, der mal für mich gearbeitet hat«, antwortete Bladehorn beiläufig. »Arno Becker. Ein äußerst seltsamer Mann. Extrem … gestört.«
    »Aha, und dieser Kerl, weiß der über Ihr Geld Bescheid?«
    »Über mein Geld ganz sicher. Vielleicht sogar über Miss Price. Ich wäre auch gar nicht überrascht, wenn er morgen dort auftauchen würde.«
    »Morgen?« Jack ließ sein Pokerface fallen.
    »Am Zuchthaus natürlich. Habe ich das nicht erwähnt? Miss Price soll am Dienstag um sieben Uhr morgens entlassen werden. Pünktlich um sieben. Das sollte eigentlich geheim gehalten werden. Aber wenn ich es weiß …«
    »Verstehe.« Jack fühlte sich, als hätte er noch einen Schlag in den Magen bekommen. »Und was genau meinen Sie mit gestört?«
    Wasser rann warm und schäumend an gestählten, glatt rasierten Beinen hinab. Arno Becker entspannte sich in seinem gerade eingelassenen Bad. Er legte das Rasiermesser auf die breite Fensterbank und sah hinaus. Es war ein schöner Morgen. Vom Fenster aus war ein Markt zu sehen, wie ihn die Bewohner von Over-the-Rhine mochten. Ihre Stimmen mit dem vertrauten Akzent stiegen zusammen mit den Gerüchen von Bier, Sauerkraut und frisch gebackenem Brot zu Becker auf. Es war ärgerlich, dass er sein Bad mit all den damit verbundenen Annehmlichkeiten unterbrechen musste, nur um die Tür zu öffnen.
    Arno Becker stieg tropfnass aus der Wanne, das narzisstisch anmutende Produkt blonder Eltern oder ihrer germanischen Gottheiten. Es klopfte noch einmal, ungeduldig, aber Arno ging weiterhin ohne Eile nackt durch den Flur und durchs Wohnzimmer, vorbei an einem Couchtisch, einer Anrichte, auf der Vergissmeinnicht verstreut waren, und einem Schaukelstuhl, von dem Blut tropfte.
    Im Schaukelstuhl eine Frau, zusammengesunken. Eine alte Frau. Gebrechlich. Ihre Handgelenke waren mit Draht an dieStuhllehnen gefesselt. Arme, Oberkörper und Gesicht wiesen in regelmäßigen Abständen entsetzliche Wunden auf. Ihre Kehle klaffte weit auseinander, das billige Hängekleid war blutgetränkt und noch im Tod spiegelten ihre Augen das Entsetzen eines Menschen wider, der weiß, dass sein Ende nicht ohne Qualen sein wird.
    Sie hatte gerade erst die Wanne für ein Bad erhitzt.
    Jetzt hämmerte eine Faust gegen die Tür.
    »EMMA!«
    Dieser Kraut-Akzent. Niederdeutsch mit jiddischem Einschlag.
    »Verflixt noch mal, Frau! Komm schon!«
    »Ich komme, ich komme«, trällerte Arno mit Falsettstimme und öffnete die Tür.
    Im Flur vor der hoch gelegenen Wohnung keuchte ein alter Mann, von Arthritis und Wechselfieber gebeugt und verkrüppelt. In der einen Hand hielt er eingewickelte Wurst, in
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