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Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Darryl Wimberley
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ein schrilles Lachen, wie ihm auffiel. Für eine Frau ihren Alters konnte man zu vielvon ihrer Kopfhaut sehen. Und ihr Mund war mit Chilisoße verschmiert.
    Jack Romaine stützte sich auf seine blutig verschrammten Knie und reckte seinen Hals, um Sally unter den Fahrgästen der Straßenbahn zu erspähen, die klapperdiklapp die Anhöhe hochklapperte. Sein lautes Fluchen erstarb, lange bevor es die Ohren der Fahrgäste erreichen konnte. Die wandten sich schon wieder ihren Zeitungen und Zimtschnecken zu, denn ihr Interesse an Jacks Sturz war schon längst verflogen, als der mit Kraftausdrücken um sich warf.
    Sally, die ihn auch schon lange nicht mehr beachtete, lehnte sich auf ihre Stofftasche und in den vom steten Tempo der Straßenbahn erzeugten feuchten Fahrtwind. Am offenen Fenster genoss sie ihre neue Freiheit und wollte die Brise vom Fluss her auf ihrem Gesicht spüren. Den modrigen Geruch des Wassers inhalieren. Als sie den Blick auf den Ohio River bewunderte, stellte sie sich vor, wie sie auf einer schattigen Rasenfläche am Ufer des trägen Wasserlaufs sitzen oder in einem der solide gebauten Häuser Tee trinken würde, in denen sie früher Fußböden und Toiletten geschrubbt hatte, Häuser, die zu besitzen sie sich bis vor Kurzem niemals erhofft hätte.
    Die fünfzig Mäuse, die ein Loch in ihre grobe Handtasche brannten? Das war doch nur ein Trinkgeld im Vergleich zu der erwarteten Belohnung. Dem von Alex versprochenen Lohn für ihr Schweigen.
    Sally ging so viel durch den Kopf, ein Strudel wetteifernder Gefühle, Erwartungen und Bedenken. Arno Beckers Aufmerksamkeit hingegen war ungeteilt. Zielgerichtet.
    Arno betrachtete Miss Price, während er die Nelke in seinem Revers richtete. Sollte er sie jetzt ansprechen? Oder lieber warten?
    Vielleicht besser warten, beschloss er.
    Sie sollte die Fahrt genießen. Sich entspannen. Unachtsam werden.
    Währenddessen humpelte Jack Romaine zurück zu dem Karren, wo Chili und Hotdogs verkauft wurden.
    »Was ist passiert?«, fragte der Verkäufer.
    »Wann kommt die nächste Bahn?«, krächzte Jack.
    »Halbe Stunde.«
    Eine halbe Stunde! Jack fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Tief aus seiner Magengrube stieg Übelkeit empor. Bladehorn würde das gar nicht gefallen. Überhaupt nicht.
    Jack wollte gerade weghumpeln, aber dann fiel ihm bei dem Geruch, der vom Karren herströmte, etwas ein. Der Coney Dog. Chili und Zimt.
    Er wandte sich wieder dem Verkäufer zu.
    »Ich wollte mich mit meinem Mädel treffen.«
    »Ihr Mädel?«
    »Ja, karierter Rock und Pullover? Flache Brust?«
    Die Augen des Verkäufers verengten sich.
    Jack zog zusammen mit dem Schwarz-Weiß-Foto einen nagelneuen Dollarschein aus der Tasche.
    »Fällt Ihnen was ein, was mir weiterhelfen könnte?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Kann sein, dass sie sich nach der Straßenbahn erkundigt hat.«
    Jack blätterte noch einen Schein hin.
    »Sagen Sie mir schon, wohin.«
    Der Verkäufer nahm die Scheine mit der Hand, in der er seine Zigarette hielt.
    »Versuchen Sie’s im Zoo.«
    Sally zahlte einen Vierteldollar und betrat den Zoo von Cincinnati. Er war der ganze Stolz der Stadt, dieser Zoo. Der beste im ganzen Land, hieß es. Mehr Tiere als in jedem anderen. Tiere, die man sonst nirgendwo zu sehen bekam.
    Sally liebte die großen Säugetiere, die ihre ganze Zeit im Wasser zubrachten, die Flusspferde und Seelöwen. Die Großkatzen waren natürlich auch aufregend. Und wer konnte schon den Schimpansenund Bonobos widerstehen? Und dann dieser eine große Menschenaffe … Aber vor allem die Vögel übten eine besondere Faszination auf Sally aus, ganz besonders die Raubvögel. Als kleines Mädchen hatte Sally immer ihren Daddy gebeten zu warten, damit sie zusehen konnte, wie die Zoowärter den Sekretär mit lebenden Schlangen fütterten. Sie hatte diese Begegnung immer genossen: Der erdverbundene, mit Federn bekränzte Verwandte des Falken trampelte mit seinen Krallen auf dem Hals der Schlange herum und schlug dann heftig mit dem Schnabel zu. Er schüttelte das Reptil, um sicher zu sein, dass es tot war, und begann zu fressen, wobei die Gedärme aus der Haut platzten. Andere Kinder hielten sich die Augen zu, aber nicht Sally.
    Heute beachtete sie allerdings das Vogelhaus nicht und hielt stattdessen an, um noch einmal für fünf Cent etwas zu essen zu kaufen – eine Wurst in braunem Papier, ein süßes Brötchen und ein Ingwerbier –, bevor sie an Flusspferdgehege und Albinonashorn vorbei direkt zum Swan Lake
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