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Kaisertag (German Edition)

Kaisertag (German Edition)

Titel: Kaisertag (German Edition)
Autoren: Oliver Henkel
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Augen schienen Funken zu sprühen. »Order an die Richthofen , ihre Flugzeuge sollen die Sophie Viktoria abschießen, ehe doch noch ein Unglück geschieht. Der Befehl ergeht im Namen des Kaisers, verstanden?«
    Rommel wandte sich an Wilhelm V. und setzte hinzu: »Natürlich nur mit Zustimmung Eurer Majestät.«
    Der leichenblasse Kaiser nickte.
      
    Prieß war auf der Flucht vor Sonnenbühl bis in den Hilfssteuerraum zurückgewichen. Vier Schüsse hatten ihn verfehlt, zwei davon wirklich nur um eine Fingerbreite. Beim fünften Schuss würde er so viel Glück gewiss nicht mehr haben, denn in der engen Steuerkabine konnte selbst Maximilian Sonnenbühl nicht danebenschießen. Die einzige Rettung war ein Sprung ins Leere. Friedrich Prieß legte den Sicherungshebel des Notausstiegs um und zerrte die Tür auf.
    Weit unten sah er den Hanseplatz vorüberziehen, Häuserdächer, die zierlichen Mosaiksteinchen ähnelten, und das graue Spinnennetz der Straßen. Friedrich musste einen bitteren Klumpen in seiner Kehle hinunterschlucken.
    »Das traust du dich nicht!«, hörte er Sonnenbühl höhnisch rufen.
    Prieß drehte den Kopf und erblickte seinen ehemaligen Freund, der gerade die Leiter in den Steuerraum herabstieg und die Pistole auf ihn richtete.
    »Nein, du wirst nicht springen. Du warst immer schon ein Versager, ein erbärmlicher mieser kleiner Feigling, und das bist du auch jetzt!«
    »Kann schon sein«, erwiderte Prieß ungerührt. »Aber lieber sterbe ich da draußen vor Angst, als hier drin mit dir zusammen.«
    Dann sprang er hinaus.
      
    »Das ist Fritz!«, entfuhr es Alexandra. »Sehen Sie doch, dort!« Aufgeregt zeigte sie auf den Fallschirm, der sich gerade unterhalb des Hecks der Kronprinzessin Sophie Viktoria zu einer weißen Halbkugel entfaltet hatte. Yvonne Conway kniff die Augen zusammen und gab sich alle Mühe, doch es war ihr unmöglich, zu erkennen, wer denn dort aus dem Luftkreuzer abgesprungen war.
    »Woher wollen Sie das wissen?«, fragte sie erstaunt.
    »Nun fragen Sie doch nicht so! Ich weiß es halt einfach, reicht das nicht? Passen Sie hier auf, falls unser verhinderter Attentäter wieder zu sich kommt. Ich schicke ihnen auch die ersten Polizisten her, auf die ich stoße, aber jetzt muss ich sofort nach unten und sehen, wo Fritz landet!« Alexandra drückte Yvonne Conway den Degen in die Hand und lief dann geschwind die Treppe hinab.
    Die britische Agentin setzte sich auf einen umgedrehten Holzbottich und klopfte sich den gröbsten Schmutz vom Kleid. Gleichzeitig ließ sie den Scharfschützen, der an Händen und Füßen gefesselt auf dem Boden lag, nicht aus den Augen. Er gab ein gedämpftes Stöhnen von sich, während sein Bewusstsein allmählich zurückkehrte. Yvonne Conway schüttelte verächtlich den Kopf und dachte dabei: Lord, what fools these mortals be! Sie überlegte, woher dieses Zitat stammte, aber dann befand sie, dass es eigentlich doch nicht zu dieser Situation passte.
      
    »Sie gestatten sicher?« Von Bülow nahm einem neben ihm stehenden Zuschauer das Fernglas aus der Hand, schenkte der entgeisterten Miene des Besitzers keine weitere Beachtung und schaute hinauf zum behutsam abwärts schwebenden Fallschirm. Als er feststellte, dass es Friedrich Prieß war, der da aus dem Zeppelin gesprungen war, kam über seine Lippen ein respektvolles: »Bemerkenswert. Wirklich höchst bemerkenswert.« Also hatte der Detektiv tatsächlich das Unmögliche fertiggebracht und die Vernichtung Lübecks durch die Atombombe vereitelt.
    Doch bei aller Bewunderung für diese Leistung wusste Bülow auch, dass er sich jetzt schleunigst etwas einfallen lassen musste. Wenn Prieß landete, würde er möglicherweise aufgebrachten Menschen in die Hände fallen, die ihn für einen Terroristen hielten und kurzen Prozess mit ihm machten. Das wollte Victor von Bülow auf gar keinen Fall zulassen.
    Er blickte um sich und sah eine Gruppe von Lufwaffensoldaten, die sich gerade einen Weg durch die Menge bahnten, um möglichst nah an die Aufschlagstelle der Bombe zu gelangen. Entschlossen stellte er sich ihnen in den Weg und behauptete:
    »Ich bin Rittmeister von Bülow, mit … mit besonderem Auftrag! Ich übernehme ab sofort das Kommando!«
    Die Soldaten waren im ersten Moment ein wenig konfus, nahmen aber dann rasch Haltung an, und der Ranghöchste von ihnen meldete: »Hauptgefreiter Rottmüller und sieben Mann auf –«
    »Ja, ja, schon gut«, unterbrach Bülow ihn. »Wir folgen dem Fallschirmspringer dort, und
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