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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch
Autoren: Dirk van Den Boom
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jede Hure Ravennas, er warf mit dem Geld seines Vaters nur so um sich und wo er aus angesehenem Hause stammte, waren seine Freunde mit dem Bodensatz der römischen Gesellschaft auf Du und Du. In seinen wenigen nüchternen Momenten bestand Martinus’ vorzüglichste Tätigkeit darin, der Arbeit auszuweichen und den Nachstellungen seines Vaters zu entkommen, der ihn verzweifelt in seinen Kontoren wünschte, um sein Handwerk zu lernen und die Geschicke des Unternehmens einst zu übernehmen. War ihm diese Flucht gelungen, so feierte er seinen spektakulären Erfolg mit noch mehr Wein, noch mehr despektierlichen Freunden und noch mehr leichten Mädchen. Er war, zumindest in den Augen von Julia, Tochter des Senators Marcellus und dessen Ehefrau Lucia, ein Ekel.
    Das Schlimmste an alledem war jedoch, dass sie mit ihm verlobt war, und zwar seit zehn Minuten.
    Während Caius der Ältere mit Senator Marcellus im Innenhof der senatorischen Stadtvilla saß, angesichts der kühlen Temperaturen gewärmten Wein zu sich nahm und sich die neuesten Gerüchte vom kaiserlichen Hofe erzählen ließ, saß Julia zusammen mit ihrer Schwester Drusilla und ihrer Mutter Lucia an einem Tisch im Speisesaal und starrte düster in ihren Kelch. Es fiel ihr schwer, die Maske freundlicher Unverbindlichkeit aufrechtzuerhalten, denn außer den Mitgliedern ihrer eigenen Familie waren auch besagter Martinus – bereits mit Weinflecken auf der festlichen Toga – und dessen Mutter Claudia zugegen. Claudia, Frau des älteren Caius, war das exakte Gegenteil von Lucia. Wo Julias Mutter so breit wie hoch war und ihre massive Körpergestalt mit der Würde und Arroganz einer Königin trug, war Claudia ein dürres Gerippe, das in den Weiten ihrer Bekleidung fast zu verschwinden drohte. Wo Lucia keinen Zweifel daran ließ, dass ihr Mann, Senator hin oder her, letztlich das tat, was ihm geheißen wurde, blieb Claudia unterwürfig, ja devot, und war jederzeit bereit, wie die niedrigste Sklavin ihren Männern zu Diensten zu sein.
    Die Verbindung zwischen Martinus und Julia war eine familiäre Übereinkunft. Lucia wollte damit erreichen, dass ihre Tochter niemals mehr einen Gedanken an eine skandalöse Verbindung mit diesem seltsamen Zeitenwanderer verwendete, der nun als Deserteur im ganzen Reich gesucht wurde – wenngleich wahrscheinlich mit relativ wenig Energie, wie sie eingestehen musste. Der ältere Caius hoffte, dass die Ehe den Martinus zu einem besseren Lebenswandel anhielt, und nicht zuletzt konnte die Verbindung mit einer senatorischen Familie nur dem eigenen gesellschaftlichen Aufstieg dienen, nicht zuletzt der Ernennung eines geläuterten Martinus zum Senator. So erschien es wie eine Vereinbarung, die zur allseitigen Zufriedenheit führen sollte. Und während Martinus nicht einmal so tat, als freue er sich über die Verbindung, war Julia als Tochter des Hauses angehalten, ihre Gefühle nicht in der Öffentlichkeit zu zeigen.
    Dies fiel ihr schwer, denn die in ihr vorherrschende Emotion zielte darauf ab, den Weinflecken auf der Toga des Trottels solche aus Blut aus seiner gebrochenen Nase hinzufügen.
    »Ihr seid bezaubernd, ehrenwerte Lucia«, ölte Martinus und blickte Julias Mutter unstet aus seinen wässrigen Augen an, während sich seine dicken Lippen zu einem falschen Lächeln verzogen. Lucia schien die Scheinheiligkeit ihres künftigen Schwiegersohnes nicht weiter zu stören. Ihr war alles lieber als ein höchst suspekter Zeitenwanderer ohne Familie, Geld und Einfluss. Sie erwiderte das Lächeln des jungen Mannes mit eigener Falschheit und so türmten sie beide Schichten von Lüge und Täuschung aufeinander, bis diese eine so dichte Masse bildeten, dass man sie von der Realität kaum unterscheiden konnte.
    »Lieber Martinus, Ihr seid zu nachsichtig mit einer alten Frau«, sagte Lucia nun und warf Claudia einen dankbaren Blick zu. »Einen wohlerzogenen Sohn habt Ihr da, Teuerste !«
    Die dürre Claudia hob eingeschüchtert ihren Blick, als könne sie nicht recht glauben, was da gerade über die völlig missratene Frucht ihrer Lenden behauptet wurde. Sie versuchte ein zögerliches Lächeln und sagte nichts, die skelettartigen Finger in die Falten ihres Gewandes verkrampft.
    »Was sind Eure Pläne, sobald wir die Ehe geschlossen haben?«, wollte Lucia nun von Martinus wissen, der dem entfernt abwartenden Sklaven mit dem Weinkrug bereits wieder sehnsüchtige Blicke zuwarf, obgleich der Spediteurssohn bereits zwei wohlgefüllte Kelche geleert hatte.
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