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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition)
Autoren: Christian Gallo
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Stern. Einer der Monde. Er ... Mein Gott, er entfernt sich von uns!“
    „Was sagen Sie?“
    „Das gibt’s doch nicht. Jonas, die Kamera!“
    Jonas hatte die Helmkamera ganz vergessen. Jetzt aktivierte er sie hastig. Ihr schwarzer Linsenkreis reflektierte das Unfaßbare. Jonas hielt drauf.
    Anna rief: „Haben Sie es?“
    „Ja doch!“
    „Folgen Sie ihm so lange wie nur möglich.“
    „Das habe ich vor.“
    „Verzeihung, aber ... das ist doch einfach nicht wahr...“
    „Welcher der beiden ist es?“, wollte Jonas wissen. Er wußte, es gab zwei Monde, Phobos und Deimos, benannt nach den Getreuen des Kriegsgottes Mars. „Wer nun, Phobos?“
    „Der Kleinere. Deimos. – Schrecken“, flüsterte sie.
    Es könnte alles eine Fälschung sein,
dachte er zu seiner eigenen Überraschung.
Ich sehe es mit eigenen Augen und Anna auch, aber genau das werden die Leute denken. Man wird uns für komplett übergeschnappt halten, ganz egal, was der Speicherchip dieser Kamera birgt. Entweder für Verrückte, Kriminelle oder Helden der Geschichte.
    „Nur sein Name...“, sagte Anna sehr viel leiser.
    „Mehr als das.“ Jonas sah kurz zu ihr, dann wieder hinauf. „Offenbar sehr viel mehr. – Anna, wissen Sie ... entweder das Ganze bringt uns eine Menge Ärger ein, oder ... viel Ruhm und noch mehr Geld, weil die Leute wieder und wieder unsere Geschichte hören wollen. Was sagen Sie?“
    „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Jonas.“
    „Dies ist ein großer Moment. Vielleicht einer der größten überhaupt.“
    „Auf alle Fälle ist er einschneidend.“

Finsternis. Unendlichkeit. Das interstellare Medium. Wasserstoff und Neutrinos sind überall.
    Und Energie.
    Ein Glimmen entkommt dem Dunkel – Licht!
    Es wächst an zu einem Pulsen, zu einer Ballung aus Myriaden von Sternen, die sich um einen hellen Kern drängen. Wir wissen von einhundert Milliarden Milchstraßen. Dies ist unsere.
    Sie schießt auf uns zu.
    Inmitten von Staub glühen die Sterne rot und orange. Spiralarme aus hellen Nebeln und Sternen nähern sich. Ausläufer superheißer Gasschleier bleiben zurück; voraus liegt ein System.
    Pluto zieht seine Bahn Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt.
    Neptun, Uranus, Saturn...
    Die Asteroiden.
    Jupiter...
    Mars mit seinen zwei Monden, ›Angst‹ und ›Schrecken‹.
    Die Erde – mit dem einen Mond – erstrahlt in allen Farben.
    Wolken, Gebirge, Ozeane...
    Land.
    Bäume in Blüte.
    Und, in der Dämmerung des Mittsommers...
    ... eine Straße zwischen Städten...

Teil Eins
Zeichen & Erinnerung
    Die Erde als die einzige bevölkerte Welt im unendlichen All anzusehen,
ist ebenso absurd wie die Behauptung, auf einem ganzen, mit Hirse gesäten Feld würde nur ein einziges Korn wachsen.
    Metrodoros
    ›The chances of anything coming from Mars are a million to one‹, he said.
    ›The chances of anything coming from Mars are a million to one – but still they come.‹
    Jett Wayne’s War of the Worlds

1
    Halb acht an einem Samstagabend im Juni. Die Sonne war ein Glutball im Westen, die Autobahn nach Glasgow ein glitzerndes, von immergrünen Hecken umgebendes Asphaltband. Wie die meisten Straßen im Land war auch diese voller Risse; ein angepaßter Fahrstil diente nicht nur dem Vermeiden einer Strafe; er half, Unfälle zu vermeiden.
    Corey Homme fuhr die Fujitsu-Honda fast schon im Renntempo. Er wechselte ständig die Fahrspur, um zügig durch den Berufsverkehr zu kommen. Kaum war er auf der rechten Spur, scherte er wieder aus, um einen Pendlerbus zu überholen. Kurz darauf bremste er scharf, fuhr dicht auf einen Porsche auf und zog mit quietschenden Reifen vorbei. Auf gleicher Höhe zeigte der Mann hinter dem Lenkrad ihm den Mittelfinger. Corey war es egal. Er beschleunigte weiter, die anderen Wagen fielen zurück und er raste weiter westwärts.
    Nazma Chaudhry, hinter ihm sitzend an ihn gepreßt, stieß eine Reihe entsetzter Laute aus, ehe sie tief Luft holte und aus Leibeskräften schrie.
    Corey ignorierte es. Er wußte, sie haßte das Motorrad, und noch mehr, wie er es fuhr. Er wußte es, aber etwas daran ändern wollte er nicht. Er fand schnelle Geschwindigkeit nicht nur spannend, bei ihm bewirkte das eine Art Rausch. Er fuhr nicht einmal langsamer, als sie erneut seinen Namen schrie, dachte nicht daran, Gas wegzunehmen, trotz ihrer wachsenden Wut.
    Nazmas Reizbarkeit war von Anfang an fester Bestandteil ihrer Beziehung gewesen. Ihre Ausbrüche waren Corey vertraut. Sie kamen und gingen. Er wußte, daß er
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