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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben
Autoren: Charlotte Lyne
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die Bänder an seinem Halsausschnitt und versuchte, die gespannten Muskeln seiner Brust zu lockern.
    Er schob ihre Hand beiseite. »Glaubst du, dass ich das tun sollte? Die Welt vergessen?«
    Sie nickte heftig. »Ja, das sollt Ihr, weil Euer Herz noch schwerer ist als Eure Rüstung, und weil mir bange wird, dass Euch die Last erdrückt.«
    Sein Gesicht mit den schwarzen Augen wurde ernst. »Du nimmst mir übel, was heute Morgen geschehen ist, nicht wahr?«
    »Nie im Leben!«, rief Magdalene. »Jeder andere Herr würde Hugh viel öfter schlagen.«
    »Da hast du recht«, erwiderte er streng. »Und jeder andere Herr würde dir ein paar Rutenstreiche geben, weil du ihn von der Nachtruhe abhältst.«
    »Nein, Mylord«, sagte Magdalene und fing mit flinken Fingern an, sich den Brustlatz aufzuknoten. »Jeder andere würde mich in die Arme nehmen und lieben, auch wenn er hundert Schöne haben kann und ich nur ein zerrupfter Hund bin. Aber er würde sich eben bescheiden, wenn keine zur Stelle ist, die mehr hermacht.« Sie beugte sich vor und küsste ihn auf den Mund.
    »Du bist ein unbelehrbares Ding«, sagte er. Seine Augen funkelten. Dann ließ er zu, dass sie ihn umarmte, sich mit ihm niederlegte und ihm die Bruche von den Hüften streifte. Er war müde, und Magdalene wusste, dass sie nicht gut genug für ihn war. Doch kein Mann hatte sie je so gut geliebt wie er: wild und ungebärdig, zu schnell und dennoch mit einer gedankenverlorenen Zärtlichkeit, die alles in ihr berührte. Von seiner Schönheit bekam sie nicht genug, so gab sie ihm noch Küsse auf jeden Zoll seiner Haut, als er längst eingeschlafen war.
    Am Morgen erwachte Magdalene von der Sonne, die in die Fensterluke schien. Am Boden schnarchte der betrunkene Hugh, doch sie selbst fand sich selig zusammengerollt auf dem Bauch von Sir Matthew, der wach war und auf sie hinuntersah. »Oh, Mylord!«, rief sie erschrocken und bekämpfte zugleich die unbändige Lust, an dem Haar auf seiner Brust zu zupfen.
    »Ach Mag«, sagte er, »du Siebenschläferin mit deinen kleinen Äuglein – was habe ich mir mit dir nur aufgehalst?« Seine Stimme klang belustigt, doch Magdalene vernahm in ihr schon wieder Sorge und Verdruss.
    Ehe sie ihn küssen konnte, schob er sie weg. »Jetzt mach, dass du aus den Federn kommst. Weck den schnarchenden Faulpelz, und dann schnürt das Gepäck.«
    »Gehen wir denn heute auf See, Mylord?« Der Gedanke, die Insel zu verlassen, schmerzte, doch um seinetwillen musste es sein.
    Er wand seinen sehnigen Leib unter ihr hervor, setzte sich auf und streckte die langen Beine aus dem Bett. »Nein«, erwiderte er, »wir ziehen nur ein Stück landeinwärts und bleiben ein paar Nächte in einem Kloster.«
    Magdalene lehnte sich gegen seinen Rücken. »Mylord, sollten wir nicht besser heute als morgen gehen? Die Insel quält Euch doch so.«
    Erstaunt blickte er über seine Schulter. »Ja, sie quält mich. Aber was hilft’s? Es gibt Geschäfte, die erledigt werden müssen.«
    »Und warum quält sie Euch? Für mich ist sie das schönste Stück Land, das ich kenne. Ich habe nirgendwo besser zu essen bekommen und zufriedenere Menschen getroffen.«
    »Genau so ist es!« Wie ein Insekt schüttelte er Magdalene von sich ab. »Und was meinst du, wem all dieser Reichtum, die fruchtbaren Felder, die Fischgründe, die Ebenen voller fetter Schafe gehören sollten? Dem König von England, oder nicht? Diese verfluchte Insel ist ein Teil von England, sie liegt sogar so günstig vor Englands Küste, als hätte Gott uns ein Torhaus geben wollen, mit dem wir Angriffe von der Meerseite abfangen können.«
    »Gehört sie dem König denn nicht?«, fragte Magdalene und bedauerte sogleich, dass sie weder vom König noch von anderem etwas verstand.
    »Nein«, knurrte er. »Zumindest nicht auf dem Papier. Sie gehört einem verfluchten Weib namens Isabel de Fortibus. Sie sitzt auf ihrer Burg und lässt das Volk ringsum prassen, derweil der König jeden Schilling für seinen Kreuzzug braucht.«
    Magdalene wollte eine Frage stellen, doch in diesem Augenblick drang Lärm in ihre Stube. Scharfes Gebell mischte sich mit Geschrei, eine Tür schlug, und Schritte hallten auf dem Weg. Im Nu war Sir Matthew in seine Kleider gesprungen und stürmte aus der Kammer. Magdalene brauchte ein wenig länger, um ihre Männerkluft wieder anzulegen und ihm zu folgen.
    Es war, wie sie vermutet hatte: Der Hund des Wirts, eine abscheuliche Bestie von einem Mastiff, hatte sich von der Kette gerissen und die
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