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Kafka am Strand

Kafka am Strand

Titel: Kafka am Strand
Autoren: Haruki Murakami
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Cholesterinspiegel zu hoch. Und wenn ich zu fett bin, habe ich Schwierigkeiten mit den Hinauf- und Hinunterspringen.«
    »Bist du vielleicht mit irgendeinem Auftrag hier?«
    »Aha«, sagte der Kater. »Du bist in Schwierigkeiten. Immerhin hast du jetzt diesen komplizierten Stein allein am Hals.«
    »Du sagst es. Ich sitze in der Klemme.«
    »Ich glaube, ich kann dir ein bisschen helfen.«
    »Dafür wäre ich dir dankbar«, sagte Hoshino. »Du könntest mir sozusagen eine helfende Pfote reichen.«
    »Das Problem ist der Stein«, sagte Toro und schüttelte unvermittelt und hektisch den Kopf, um eine Fliege zu verscheuchen.
    »Wenn du den Stein in seine ursprüngliche Lage bringst, ist deine Aufgabe beendet. Und du kannst gehen, wohin du willst. Stimmt’s?«
    »Richtig. Wenn ich den Eingang wieder mit dem Stein verschlossen habe, ist die Geschichte beendet. Wie Nakata zu sagen pflegte – etwas, das einmal geöffnet ist, muss man wieder schließen. Das ist eine Regel.«
    »Soll ich dir sagen, wie du es machen kannst?«
    »Weißt du das denn?«, fragte Hoshino.
    »Natürlich weiß ich das«, sagte Toro. »Habe ich dir nicht vorhin gesagt, dass Katzen alles wissen? Im Gegensatz zu Hunden.«
    »Also, wie mache ich es?«
    »Du musst das Ding töten«, sagte die Katze ruhig.
    »Töten?«
    »Ja, du musst es töten, kleiner Hoshino.«
    »Und was ist das für ein Ding?«
    »Wenn du es vor dir siehst, weißt du sofort: Das ist das Ding « , sagte die Katze. »Vorher kann man es nicht wissen, denn es hat eigentlich keine feste Form und sieht immer anders aus.«
    »Ist es ein Mensch?«
    »Nein. Das ist zumindest sicher.«
    »Wie sieht es dann aus?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Toro. »Ich hab’s dir doch gerade gesagt. Wenn du es siehst, erkennst du es auf den ersten Blick. Wenn du es nicht siehst, dann nicht – das versteht sich doch von selbst.«
    Hoshino seufzte. »Aber was ist denn nun dieses Ding eigentlich in Wirklichkeit?«
    »Das brauchst du nicht zu wissen«, sagte der Kater. »Es ist sehr schwierig zu erklären, und es ist besser, wenn du es nicht weißt. Im Augenblick wartet es noch ab. Lauert mit angehaltenem Atem in einer dunklen Ecke und beobachtet alles. Aber da bleibt es nicht immer. Früher oder später kommt es raus, vielleicht sogar heute schon. Es taucht ganz bestimmt bei dir auf. Das ist die eine Gelegenheit in tausend Jahren.«
    »In tausend Jahren?«
    »Eine ganz seltene Chance«, erklärte Toro. »Du rührst dich nicht und wartest ab. Dann kannst du es töten. Damit wäre die Sache erledigt. Und du kannst gehen, wohin es dir beliebt.«
    »Ist es denn nicht gegen das Gesetz, das Ding umzubringen?«
    »Mit Gesetzen kenne ich mich nicht aus«, sagte der Kater. »Schließlich bin ich eine Katze. Aber da dieses Wesen kein Mensch ist, spielen Gesetze dabei wahrscheinlich keine Rolle. Jedenfalls muss das Ding getötet werden. Das weiß sogar eine Stadtkatze wie ich.«
    »Aber wie soll ich es denn töten? Wenn ich nicht weiß, wie groß es ist und wie es aussieht? So kann ich doch keinen Plan machen, wie ich es töte.«
    »Ist doch egal. Nimm einen Hammer. Du kannst es auch mit einem Küchenmesser erstechen. Oder erwürgen. Oder verbrennen. Oder totbeißen. Welche Methode dir am besten liegt. Hauptsache, du bringst es um, tötest es mit deiner ganzen Willenskraft. Immerhin warst du doch bei der Armee und hast auf Kosten des Steuerzahlers gelernt, wie man eine Waffe benutzt. Und wie man ein Bajonett wetzt. Du bist doch Soldat, oder? Denk dir selber eine Art des Tötens aus.«
    »Was sie uns bei den Streitkräften beigebracht haben, war normale Kriegsführung«, verteidigte sich Hoshino matt. »Aber ich bin nicht dazu ausgebildet, einem Etwas, das kein Mensch ist, von unbekannter Größe und unbekanntem Aussehen, aufzulauern und es mit einem Hammer zu erschlagen.«
    Toro überging Hoshinos Einwände. »Das Ding wird versuchen in den ›Eingang‹ zu gelangen. Aber es darf nicht rein. Egal, was geschieht, er darf auf keinen Fall rein. Bevor es dort eindringt, musst du es unbedingt töten. Das ist das Wichtigste. Das verstehst du doch, oder? Wenn es jetzt entkommt, gibt es kein Nachher.«
    »Die Gelegenheit in tausend Jahren.«
    »Genau«, sagte Toro. »Das mit den tausend Jahren ist natürlich nur eine Redewendung.«
    »Aber sag mal, Toro, ist dieses Ding nicht vielleicht sehr gefährlich?«, fragte der junge Mann furchtsam. »Ich will es töten, aber könnte es nicht umgekehrt auch mich umbringen?«
    »Wenn es
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