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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition)
Autoren: Jan-Erik Fjell
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herunter. Dann war das Mädchen wieder verschwunden.
    Durch die kleine Glasscheibe in der Tür konnte Anton sehen, dass im Flur das Licht anging. Kurz darauf drehte sich der Schlüssel im Schloss. Die Tür glitt auf.
    Karl Skarvik trug ein T-Shirt und eine Jogginghose. Er roch nach Zahnpasta. Offenbar hatte er sich gerade für die Nacht fertig gemacht.
    «Das ist eine ungewöhnliche Uhrzeit für Besuche.» Karl Skarvik warf einen Blick auf sein nacktes Handgelenk, als verfüge es über integrierte Zeiger.
    «Wollen Sie mich nicht hereinbitten?»
    «Worum geht’s?»
    Anton legte den Kopf schief und sagte: «Gibt es da so viele Möglichkeiten?»
    Karl Skarvik seufzte. Machte die Tür ganz auf und trat zwei Schritte zurück.
    Der Flur war aufgeräumt. Die Schuhe standen aufgereiht in einem Regal mit vier Fächern. Anton zog seine Schuhe nicht aus. Er marschierte geradewegs ins Haus. Hinterließ nasse Flecken in der Diele.
    «Waren Sie schon im Bett?»
    «Ja, wir müssen morgen früh raus.»
    «So?» Anton drehte sich zu ihm um und sah ihn an.
    «Wir wollen meine Schwiegereltern in Arendal besuchen.»
    «Wie nett.» Sein Ton klang sarkastisch.
    Anton lief weiter. Am Ende der Diele führte eine Treppe in den ersten Stock. Nach rechts öffnete sich ein weiterer Flur. Er spähte in den dunklen Gang. An dessen Ende waren Fenster, die bis zum Boden gingen. Wo sie oben endeten, konnte Anton von seinem Standort aus nicht erkennen. Er steuerte darauf zu.
    Der Anbau, der um die vierzig Quadratmeter groß sein musste, beherbergte eine Küche. Vier Barhocker standen um eine Kücheninsel herum. Vor einem der Barhocker war ein Schachbrett aufgebaut. Am anderen Ende des Raums befand sich ein Esstisch mit acht Stühlen. Darüber hing eine gigantische Lampe. In der Ecke stand ein Weihnachtsbaum, der nur wenige Zentimeter unterhalb der Decke endete.
    Karl Skarvik kam hinter ihm her. Anton machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen, um ihn unter Kontrolle zu haben. Er wusste, dass das nicht notwendig war. Er hätte nicht einmal Angst, wenn er sich allein mit ihm hier draußen befunden hätte. Obwohl es hier ausreichend Orte gäbe, an denen man die Leiche eines Polizisten verstecken könnte. Anton wusste, dass er von ihm nichts zu befürchten brauchte. Karl Skarvik war sich darüber im Klaren, dass er seine Karten nahezu perfekt ausgespielt hatte. Anton stellte keine Bedrohung dar. Das hatte er zu keinem Zeitpunkt getan.
    «Ich hab gesehen, dass im ersten Stock noch Licht brennt», sagte Anton und setzte sich auf den Barhocker, «hatte nicht damit gerechnet, dass hier alle schon im Bett sind.»
    Karl Skarvik setzte sich auf den Stuhl, der am weitesten von Anton entfernt stand.
    «Meine Töchter schauen sich oben einen Film an.»
    «Ach, Sie haben auch Töchter?» Anton warf ihm einen unbekümmerten Blick zu.
    Karl Skarvik sah ihn fragend an.
    «Ich bin beeindruckt. Leute wie Sie muss man mit der Lupe suchen.» Anton betrachtete den Weihnachtsbaum. «Wie haben Sie den hier reinbekommen?»
    Karl Skarvik blickte ihn verwirrt an. «Äh. Wie bitte?»
    «Den Baum. Wie haben Sie den hier reinbekommen?»
    «Es gibt … nun, es gibt», er rieb sich mit der Hand über das Gesicht, «es gibt dort auch noch eine Tür.» Er deutete auf die Fensterfront. «Mit viel Ach und Krach haben wir ihn schließlich durchbekommen. War aber alles andere als einfach.»
    «So?»
    Skarvik nickte.
    «Aber der Baum ist nicht das, was mich am meisten beeindruckt, Karl Lennart.»
    Skarviks Augen verengten sich.
    «Tja», fuhr Anton fort. «Meisterhaft. Wenn jeder Mörder so berechnend wäre wie Sie, wäre meine Aufklärungsquote gleich null. Aber da das so selten vorkommt, weiß ich es fast schon zu schätzen, wenn es doch mal passiert. Der einzige Haken an der ganzen Sache ist, dass ein guter Freund und Kollege von mir dafür geradestehen muss, dass Sie sich nicht um ihren Sohn gekümmert haben, der zu einem gemeinen Verge–»
    Anton schnitt sich selbst das Wort ab. Schnelle Schritte näherten sich vom Gang. Ein blondes Teenie-Mädchen in schwarzen Strumpfhosen und weißem Trägershirt schlitterte über die Fliesen und kam vor dem Kühlschrank zum Stehen. Sie öffnete ihn. Anton und Karl Skarvik wurden von dem gelben Licht angestrahlt.
    «Shit», sagte das Mädchen mit den hellen Haaren, «hab ich mich erschreckt.» Sie griff nach dem Saftkarton.
    Karl Skarvik lächelte sie gequält an. «Ist der Film zu Ende?»
    «Nein», antwortete sie und öffnete die Schranktür
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