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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition)
Autoren: Jan-Erik Fjell
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war Schluss zwischen den beiden, und sie ist ausgezogen. Danach wurde es erst richtig schwierig für ihn.»
    Er hatte seine Mutter eines Abends angerufen. Ihr die ganze Geschichte von Viggo Holm erzählt, dass seinetwegen alles den Bach runtergegangen sei. Dass er alles kaputt gemacht habe. Es sei mehr als einmal passiert, wie oft, wusste er nicht mehr. Draußen in einer Hütte, in einem geheimen Raum.
    Sie sah nachdenklich zu Boden. «Schattenraum hat Martin ihn genannt. Ein Schattenraum sei es gewesen. Er hat erzählt, dass dort unten ein grelles Licht brannte, das an eine Videokamera gekoppelt war. Das Einzige, woran er sich erinnern konnte, war Viggo Holms Schatten, der an die Wand geworfen wurde. Genau dieses Bild hatte er die ganze Zeit vor Augen. Er sagte, dass er keine Kraft mehr habe, einfach nicht mehr könne. Er sehe in seinem Leben keinen Sinn mehr, er sei ein einziges Desaster, und wir hätten etwas Besseres verdient als einen Sohn wie ihn. Er war so verzweifelt.» Sie sah Anton an. «Wir mussten beide weinen … Eins der letzten Dinge, die er gesagt hat, war, ich dürfe Papa nichts davon erzählen, sonst würde ich sie beide verlieren. Und genau das ist passiert … Ich habe sie beide verloren. Mein Junge hatte recht.»
    «Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe», sagte Anton. Er bemühte sich um einen verständnisvollen Ton, dabei hätte er sie am liebsten geschüttelt und gefragt, was in Gottes Namen sie sich dabei gedacht habe. «Du hast die ganze Zeit gewusst, dass Martin tot ist, und hast Ole nichts davon gesagt?»
    «So einfach ist es nicht», verteidigte sie sich. «Hätte ich es ihm erzählt, hätte ich ihm auch den Grund nennen müssen. Und dann hätte er genau das getan, was er am Montag schließlich getan hat. Ich
wusste
doch, dass er so reagieren würde!»
    Anton sah sie verständnislos an.
    Unni sprach schnell, und Anton musste sie mehrfach bitten, innezuhalten und noch einmal von vorn anzufangen. Als sie im August bei Karl Skarvik die Therapie begonnen hatte, wollte sie sich gegen Angst und Depressionen behandeln lassen. Ihr größtes Problem war damals die schwierige Ehe mit Ole. Er wollte nicht akzeptieren, dass Martin tot war. «Seine Leiche wurde nie gefunden, hat Ole gesagt, deshalb wollte er auch nichts davon hören, dass Martin tot sei. Skarvik war der Meinung, ich müsste Ole die ganze Wahrheit erzählen, auch wenn er die Besinnung verlieren würde. Er sagte, es würde vorbeigehen, von da an würde es bergauf gehen und sich stabilisieren. Ich habe ihm jedes Mal aufs Neue erklärt, dass er Holm umbringen wird, aber Skarvik meinte, es sei ganz normal, dass Männer so reden und denken, es würde aber nicht so weit kommen.»
    Anton nickte. «Hast du das gemeint, als du sagtest, du wüsstest, dass es dumm von dir war? Dass du Ole die Wahrheit erzählt hast?»
    «Ja … Ich habe Skarvik erklärt, dass ich ihn auch noch verlieren würde, wenn er die Wahrheit erfuhr. Habe ihm von Oles Temperament erzählt. Er wird ja eigentlich nicht oft wütend, aber wenn es dann doch mal so weit kommt, dann explodiert er regelrecht.» Sie legte zwei Finger auf ihren Hals. «Ungefähr hier», sagte sie und klopfte dagegen, «bildete sich ein roter Fleck. Den hatte ich zuvor erst ein einziges Mal gesehen, und zwar, als er Martin beim Haschrauchen erwischt hat.» Sie griff nach einem Papiertaschentuch, das neben ihr gelegen hatte. Wischte sich ein paar Tränen weg und schnäuzte sich. «Aber Skarvik hat mich beruhigt und gesagt, das würde nicht passieren, aber unsere Ehe würde nicht halten, wenn ich nicht offen zu ihm wäre.»
    «Verstehe …»
    «Und wer hatte recht?» Sie hob die Arme.
    «Wann hast du es Ole erzählt?»
    «Am Freitag vor zwei Wochen. Nach meiner Sitzung bei Skarvik.»
    «Habt ihr an dem Freitag darüber gesprochen? Ob du es Ole erzählen sollst oder nicht?»
    Sie nickte. «In den letzten fünf, sechs Wochen haben wir über so gut wie nichts anderes gesprochen.»
    «Und was ist mit deinen Ängsten, weswegen du dich ursprünglich an ihn gewandt hast?»
    «Na ja, ich hab ja keine Ahnung, wie Psychologen bei ihrer Behandlung vorgehen. Ich hab ihn bestimmen lassen. In der letzten Zeit haben wir jedenfalls nur noch über Ole gesprochen. Und über mich. Über unsere Ehe.»
    «Er konnte nicht nachvollziehen, weshalb du nichts sagen wolltest?»
    «Genau. Ich müsste es tun. Ich müsste ihm die Wahrheit sagen. Sonst könnte ich gleich die Scheidungspapiere
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