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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition)
Autoren: Jan-Erik Fjell
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der auf der Beifahrerseite auf dem Boden stand, und stieg aus. Ließ den Blick mehrere Male über den Rastplatz schweifen, um ganz sicherzugehen, dass außer ihm niemand da war. Er öffnete den Rucksack und holte den Schraubenzieher heraus. Montierte die litauischen Schilder ab und ersetzte sie durch schwedische.
    Als er sich wieder ans Steuer setzte, war von seiner Pause noch eine Minute übrig. Er ließ den Motor an und fuhr auf die Autobahn. Behielt in ganz Dänemark und hinter Kopenhagen konstant hundertzehn Stundenkilometer bei, bis er den Wagen schließlich in den Tunnel vor der Öresundbrücke lenkte. Er beugte sich vor und stützte sich mit den Unterarmen auf das Lenkrad, um seinen Rücken durchzustrecken. Bremste auf neunzig Stundenkilometer herunter. Im Spiegel sah er ein Auto, das von hinten näher kam. Er knipste das Licht an und klappte die Sonnenblende herunter, in die er ein Foto seiner kleinen Schwester geklebt hatte. So klein war sie im Übrigen gar nicht mehr, zwanzig – vier Jahre jünger als er – und definitiv die Klügere von ihnen beiden. Es machte ihm nichts aus, das zuzugeben, er wusste, dass ihr später einmal alle Türen offenstehen würden. Für ihn selbst galt das nicht. Das einzige Fach, in dem er nicht durchgefallen war, war Sport gewesen. Darin hatte er sogar Bestnoten bekommen. Es war aber keineswegs so, dass Bernandas als Jugendlicher eine überdurchschnittlich gute Konstitution und Ausdauer besessen hätte. Doch nachdem sein Lehrer die ganze Klasse dazu gebracht hatte, ihn auszulachen, weil er die Runde auf dem Sportplatz nicht schnell genug gelaufen war, hatte Bernandas ihm noch am selben Abend mit einem selbstgebastelten Schlagstock einen Besuch abgestattet.
    Danach brauchte er am Sportunterricht nicht mehr teilzunehmen.
    Bernandas’ Blick ruhte weiterhin auf seiner Schwester, doch nun näherte er sich dem Zoll. Er steuerte das Häuschen mit der Nummer sechs an, wo nur zwei Autos vor ihm in der Schlange standen. Er wartete, bis er an der Reihe war, und bezahlte die Mautgebühr für die Brücke nach Schweden in bar. Zum Dank schenkte ihm die Frau vom Zoll ein routiniertes Lächeln. Gleich hinter dem Grenzübergang standen fünf Polizeifahrzeuge und mindestens doppelt so viele Polizisten. Es sah aus, als bereiteten sie sich auf einen Zugriff vor.
    Bernandas fluchte. Davor hatte er sich gefürchtet, seit er zu Hause losgefahren war. Und nicht nur da. An jedem Grenzübergang hatte er darüber nachgedacht. Sie hatten ihm gesagt, die Sache sei bombensicher. Er könne unmöglich geschnappt werden. Aber was für ein Schwachsinn war das denn? Natürlich konnte er geschnappt werden.
    Die Klimaanlage stand auf dreiundzwanzig Grad, er drehte den Temperaturregler auf sechzehn und stellte die Lüfter so ein, dass ihm die Luft direkt ins Gesicht geblasen wurde. Atmete langsam. Plötzlich kam ihm ein anderer Gedanke: Vielleicht war das hier eine Testfahrt? Vielleicht war in dem Wagen überhaupt nichts versteckt? Vielleicht wollten sie ihn mit der ganzen Tour bloß testen? Ob er in der Lage war, den Job zu machen. Deshalb wollte Doskino auch nicht so recht raus mit der Sprache, was er transportieren sollte und wo das Zeug versteckt war. Und deshalb sollte er selbst auch nicht suchen. Weil er nichts finden würde.
    Ein dunkelhaariger Polizist hob die Hand und bedeutete Bernandas anzuhalten. Er knipste eine längliche Taschenlampe an. Das grelle Licht blendete Bernandas durch die Windschutzscheibe. Er hatte das Gefühl, als würden die Süßigkeiten jeden Moment in ihm hochkommen.
    Er spähte durch die Frontscheibe. Prüfend. Auf der Suche nach einem Fluchtweg. Die Polizisten schienen nur darauf zu warten, dass er einen Fluchtversuch unternahm. Einen Moment lang erwog er, das Auto rückwärts aus der Warteschlange zu manövrieren und gegen die Fahrtrichtung zurück zur Brücke zu fahren, bis er wieder in Dänemark war – falls er die Fahrt überlebte. Auf dänischem Boden konnten sie ihm nichts anhaben, obwohl sie ihre dänischen Kollegen vermutlich informieren würden. Er warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel. Wo vorhin noch ein Auto hinter ihm gewartet hatte, stand nun ein Lastwagen. Den konnte er nicht so einfach wegschieben wie einen PKW .
    Sie waren nicht zufällig da.
    Das hier war keine Routinekontrolle, so etwas gab es zwischen Dänemark und Schweden nicht. Die Grenzen waren hier so gut wie offen. Eine Zollkontrolle war eine Sache. Aber eine Polizeikontrolle?
    Die Hecktür eines
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