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Kälteeinbruch (German Edition)

Kälteeinbruch (German Edition)

Titel: Kälteeinbruch (German Edition)
Autoren: Jan-Erik Fjell
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vergessen.»
    «Mhm.»
    «Hast du denn gar nicht mit dem Gedanken gespielt, ihn davonkommen zu lassen?»
    «Nein, das stand überhaupt nie zur Debatte. Und ich kann es dir gern erklären, Torp. Mit Blaulicht und achtzig km / h hinter einem frisierten Moped herzufahren, gibt mir gar nichts. Aber als Streifenpolizist kannst du nicht einfach ein Auge zudrücken und die Möhre weitertuckern lassen. Du
musst
eingreifen. Deshalb hasse ich die Arbeit bei der Schutzpolizei. Viel zu viele Sachen haben keinen Sinn. Was man an einem Tag in Angriff nimmt, ist am nächsten wieder so wie vorher. Aber verstößt jemand gegen das Gesetz,
muss
eingegriffen werden. Genau dasselbe gilt auch hier.»
    «Selbst wenn es sich um einen Freund und Kollegen handelt, der nur getan hat, was alle andern auch gern getan hätten?»
    «Tja.» Anton sah Torp an. «
Getan hätten.
Wenn es bei Ole doch auch bloß bei dem Gedanken geblieben wäre. Er muss völlig den Verstand verloren haben, und wir wollen jetzt herausfinden, weshalb.»
    Anton ging die Treppe hinauf. Klingelte zweimal. Unnis Bruder, der in Antons Alter war, öffnete die Tür. Er sagte nichts, sah nur traurig zu Boden, als käme der Pfarrer zu Besuch.
    Unni Kval saß auf dem Sofa. Genau dort, wo Anton am Vorabend gesessen hatte. Daneben saß ihre Schwägerin. Auf dem Tisch lag eine Packung Vival. Die Vierjährigen spielten unter dem Weihnachtsbaum. Auf dem Fußboden lag noch immer überall Geschenkpapier verteilt.
    «Hallo, Unni», sagte Anton ruhig und ließ sich auf den Sessel plumpsen, auf dem Ole den größten Teil des Weihnachtsabends verbracht hatte. «Heute habe ich einen Kollegen dabei.»
    Magnus Torp streckte seine Pranke aus, ergriff Unnis zitternde Hand und stellte sich vor. Er holte einen der Stühle vom Esszimmertisch und setzte sich.
    «Wie geht es dir?», wollte Anton wissen und versuchte, Blickkontakt herzustellen.
    Als Antwort hoben und senkten sich ihre Augenbrauen.
    «Hast du davon gewusst?»
    Unni zuckte kaum merklich mit den Schultern. «Ich hab es wohl geahnt», schluchzte sie. «Aber direkt gesagt hat er es nie.»
    «Seit wann wusste Ole von Viggo Holm und Martin?»
    «Es war Skarviks Idee», erwiderte sie unter Tränen. «Ich wusste, wozu es führen würde, und das habe ich ihm auch gesagt. Dennoch meinte Skarvik, ich müsste es ihm erzählen.»
    Sie lehnte sich an ihre Schwägerin. Heulte vor Wut laut und hysterisch auf, bevor sie wieder in leises Schluchzen verfiel. «Das ist alles meine Schuld», wiederholte sie mehrere Male.
    In der Hoffnung, sie wüsste, wovon Unni sprach, schaute Anton die Schwägerin an, erntete jedoch nur einen unsicheren Blick.
    «Wovon sprichst du, Unni? War es Skarviks Idee, Holm umzubringen?» Sie schüttelte energisch den Kopf. «Nein. Aber Ole davon zu erzählen.»
    «Ole wovon zu erzählen …?»
    «Von Martin.»
    Sie erzählte, eine Freundin habe ihr Karl Skarvik empfohlen. Jenen Psychologen, der zu den besten zählte bei der Behandlung von Patienten mit PTBS . Unni Kval hatte im August mit der Therapie begonnen. Ihm von der schwierigen Zeit erzählt, nachdem ihr Sohn sich das Leben genommen hatte.
    «Sich das Leben genommen?», fragte Anton schockiert.
    «Ja …»
    «Ole hat immer behauptet, er werde vermisst? Ich kann mich auch an die Ermittlungen erinnern. Er gilt doch noch immer als vermisst. Oder?» Anton sprach jetzt schnell. «Was zum Teufel ist denn jetzt richtig?»
    Sie stand auf. Verließ den Raum und blieb ein paar Sekunden verschwunden. Anton konnte hören, wie sie einen Schrank öffnete und etwas beiseiteräumte. Kurz darauf kam sie mit einer Gipsplatte in der Hand zurück. Sie reichte sie Anton. Er starrte sie an. Der Abdruck zweier Hände. Anton legte seine Hand darauf. Er konnte sich an die vielen Bilder erinnern, die nach Martins Verschwinden durch die Medien gegangen waren. Er war schmächtig gewesen. Unten rechts in der Ecke stand in roten Buchstaben
M. K
.
    Torp beugte sich zu Anton und flüsterte ihm zu, Kval müsse die Gipsplatte aus Holms Hütte mitgenommen haben.
    Unni berichtete von dem letzten Gespräch mit ihrem Sohn. Es ging ihm schon seit langem schlecht. Schon seit seiner Jugend. An manchen Tagen war er ganz gut drauf, an anderen konnte man nicht mit ihm reden. «Es wurde ein wenig besser, als er mit einem Mädchen zusammenkam», sagte sie düster. «Zum Studium sind die beiden zusammen nach Oslo gezogen. Aber Martin hat es dort nicht ausgehalten. Er hatte die Schnauze voll von Schule. Irgendwann
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