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Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Titel: Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)
Autoren: Mortimer M. Müller
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als würden sämtliche Geistwesen aus Luft, Wasser und Land über die Zukunft der Menschheit debattieren. Es roch nach Ende und Neubeginn. Henry wandte sich dem Rocher Percé zu. Der gigantische Felsen stand regungslos in der Brandung, umhüllt von umherirrenden Nebelfetzen. Ein Leuchten ging von ihm aus, als brenne in ihm ein überirdisches Feuer.
    Der Orkan am Wochenende hatte in Europa Dutzende Tote gefordert. Dennoch war das erst der Anfang. Was sich momentan in der Atmosphäre, aber auch an Land und im Meer zusammenbraute, würde alles Bisherige in den Schatten stellen. Vielleicht war es wieder ein Sturm. Vielleicht aber etwas gänzlich anderes. Eine Folge von Elementarereignissen, welche die herrschende Gesellschaftsordnung der Menschen in ihren Grundfesten erschüttern würde.
    Henry fröstelte. Es gab Dinge, die sollte niemand erfahren. Dinge, die erst ans Tageslicht treten durften, wenn es zu spät war.
    Ende und Neubeginn.

Italien, Südtirol, Schlanders
Montag, 8. Januar, 13:00 Uhr
    Emma seufzte erleichtert, als sich die Eingangstür des Hauses hinter ihnen schloss. Das erste Mal seit drei Tagen hatte sie das Gefühl, sicher und behütet zu sein. Fern vom Terror des tobenden Sturms, fern der menschlichen Gewalt, fern von Angst und Tod.
    Sie warf ihre Jacke in die Ecke, streifte sich die Schuhe ab und marschierte ins Wohnzimmer. Das Sofa lag derart verlockend vor ihr, dass sie sich ohne zu zögern darauf fallen ließ und wie eine Katze schnurrend zusammenrollte. Sie wollte nicht denken, sich nicht erinnern; schon gar nicht daran, wie sie ihre Menschenkenntnis getrogen hatte.
    Es blieb bei dem Wunsch. Ihre Gedanken wirbelten umher wie die Luftmassen in einem himmelhohen Tornado.
    Irgendwann fiel ihr die Stille auf. Sie rollte sich auf die andere Seite und erschrak. Matteo stand direkt vor ihr und blickte auf sie herab. Sie hatte ihn nicht kommen gehört.
    Emma versuchte ein Lächeln. „Matteo“, sagte sie. „Ich glaube, ich habe mich noch nicht …“
    Seine Hand schnellte vor. Emma fühlte einen Stich an ihrem Hals, war aber viel zu verblüfft, um zu reagieren. Als sich ein heftiges Brennen in ihrem Körper ausbreitete, schlug sie um sich. Mit sanfter Gewalt drückte sie Matteo in die Sitzkissen zurück.
    „Ruhig“, flüsterte er. „Es ist gleich vorbei.“
    Nach kaum einer Minute verblasste der Schmerz, ein angenehmes Gefühl von Ruhe und Leichtigkeit ergriff Emmas Geist.
    Er hat dich vergiftet!
, schoss es ihr durch den Kopf. Doch die Empfindungen von Angst und Panik, auf die sie wartete, blieben aus. Alles war … gut?
    „So“, sagte Matteo und hockte sich neben seine Frau. „Ich habe dir ein starkes Anästhetikum gegeben. Nur zur Sicherheit.“ Seine Stimme war freundlich, gütig und warmherzig. Etwas stimmte nicht mit ihr.
    Matteos Mimik zerfloss wie ein Wachsportrait in der Wüstenhitze. Sein bekanntes Gesicht verschwand. All das, was Emma seit Jahrzehnten zu kennen geglaubt hatte, löste sich auf, verwandelte sich in etwas anderes, Böses. Ein Lächeln lag jetzt auf Matteos Zügen. Das Lächeln des Mörders. Rüdigers Lächeln.
    „Wo fange ich an?“, sinnierte Matteo und lehnte sich zurück. „Eigentlich mag ich keine langen Geschichten. Erklärungen schon gar nicht. Ja, ich weiß, du glaubst mir nicht. Jahrelang habe ich dir vermittelt, ein sarkastischer Besserwisser zu sein. Ich denke, ich habe meine Rolle ziemlich überzeugend gespielt.“ Er lachte leise.
    Emma öffnete den Mund. Sie wollte etwas erwidern, musste aber feststellen, dass ihre Stimmbänder versagten.
    Matteo nickte wissend. „Ja, meine Liebe. Ich fürchte, auf das Sprechen musst du verzichten. Aber ich glaube, ich werde all deine Fragen beantworten können. Und wenn nicht, spielt das auch keine Rolle.“ Wieder dieses Grinsen. Überlegen, selbstbewusst, ohne jede Gefühlsregung.
    „Rüdiger und ich waren Brüder. Zwillingsbrüder, um genau zu sein; ganz exakt: eineiige Zwillinge. Das heißt, wir teilen dasselbe Erbgut, besitzen dieselbe DNA. Womöglich war das der Grund, weshalb wir ähnliche …Neigungen besaßen. Vielleicht lag es aber auch an unseren Eltern. Waren ihrer Zeit weit voraus, haben schon in der Nachkriegszeit mit Drogen experimentiert, an Orgien teilgenommen und immer nach Extremen gesucht. Als Rüdiger und ich sechzehn waren, sind sie bei einer Expedition in Afrika ums Leben gekommen. Das war wie ein Wink des Schicksals. Wir hatten bereits davor erkannt, dass sich unsere sexuelle Lust an der Qual und
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