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Jungen und Maedchen - wie sie lernen

Jungen und Maedchen - wie sie lernen

Titel: Jungen und Maedchen - wie sie lernen
Autoren: Vera F. Birkenbihl
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derselben REIHENFOLGE auftauchen, insbesondere bei Jungen und Mädchen nicht. Da jedoch gewisse Sprachfunktionen sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen in ziemlich gleicher Reihenfolge auftauchen und die Kinder im Alter von ca. 3 Jahren relativ „gleichauf“ sind, hat man zwei falsche Verallgemeinerungen vorgenommen, die sich als extrem irreführend herausgestellt haben: Erstens nahm man an, daß man Kinder nach Alter sortieren könnte (s. oben, Seite 20 ff.), zweitens schien dies die Hypothese, Jungen und Mädchen (Männer und Frauen) seien „gleich“, zu bestätigen, so daß es Jahrzehnte dauerte, bis man langsam begriff, daß es doch gravierende Unterschiede gibt. Wir sollten für Gleich-BEHANDLUNG sein (z. B. daß Männer und Frauen in demselben Job gleich viel verdienen können) und für CHANCEN-Gleichheit kämpfen: Warum sollte eine Frau nicht Architektin oder Ingenieurin werden können, wenngleich nur wenige Frauen diesen Wunsch verspüren. Ebenso sollte jeder Vater die Familie „managen“ dürfen, aber das heißt nur, daß bestimmte Väter die Tätigkeit gleich gut ausführen können, zum Teil sogar besser als manche Mutter – es bedeutet jedoch nicht, daß alle Frauen und Männer (Jungen und Mädchen) gleich angelegt sind. Aber zurück zu den Lernfenstern: Es gibt einige, die ziemlich parallel verlaufen, z. B. die Reihenfolge, bis ein Kind stehen und gehen kann, die Entwicklung der Sprache etc. Aber es gibt auch große Unterschiede, und um die soll es uns gehen.

Müssen Jungen sich ständig bewegen?
    Wie gesagt: Jedes Kind entwickelt seine sensiblen Phasen für bestimmte Aspekte individuell (unabhängig vom chronologischen Alter). In manchen Fällen weiß man noch nicht, warum , in anderen gibt es inzwischen gute Arbeits-Hypothesen, z. B. für den Grund, warum Jungen einen stärkeren Bewegungsdrang haben als Mädchen. Hier überkreuzen sich die Entwicklungswege von Jungen und Mädchen regelrecht, das heißt: Jungen entwickeln VOR der Pubertät die sogenannte Grobmotorik , während Mädchen zuerst feinmotorisch „zugange sind“.

    Überkreuz-Entwicklung Grob- und Feinmotorik
    Nach der Pubertät ist es umgekehrt. Wir werden noch sehen, welche Aspekte der jeweiligen Periode zugeordnet werden müssen (nächster Abschnitt, Seite 34). Nehmen wir momentan einen einzigen Aspekt heraus, nämlich den Bewegungsdrang (Grobmotorik) der kleinen Jungen im Gegensatz zur Fingerfertigkeit ( Feinmotorik ) der kleinen Mädchen, die z. B. das Schönschreiben ermöglicht. Wenn nun Jungen diese Fähigkeit erst nach der Pubertät entwickeln, laufen alle Versuche, kleine Jungen zu feinmotorischen Tätigkeiten zu zwingen , der natürlichen Entwicklung zuwider.
    Wichtig:
    Immer wenn wir eine Entwicklung gegen unsere Natur erzwingen wollen, müssen wir einen Preis bezahlen. Nur daß den Preis in diesem Fall die kleinen Jungen zahlen.
    Beginnen wir also mit dem Problem von kleinen Jungen: In Klassenzimmern, Restaurants, Warteräumen, zu Besuch bei anderen Erwachsenen etc. sollen sie lange stillsitzen (bzw. in Supermärkten, Bahnhöfen, öffentlichen Gebäuden, Restaurants etc. ruhig gehen und brav stehenbleiben, während die Erwachsenen irgendwelche furchtbar wichtigen Dinge erledigen müssen – was oft eeeeeeeeeeewig dauern kann). Hier gibt es so häufig Probleme, daß man schon lange das System hinterfragen müßte, statt Millionen von Jungen ständig die Hölle heiß zu machen, weil sie sich (fast scheint es ununterbrochen) bewegen . Es gibt vorläufig nur Annahmen und Hypothesen, warum dies so ist. Für mich ist (vgl. McGUINNESS ) am wahrscheinlichsten die folgende:
    Wichtig:
    Jungen entwickeln (mit 40 % der Körpermasse) fast die doppelte Muskelmasse (Mädchen 24 %), also müssen sie fast doppelt so viele notwendige Nervenbahnen für die „Marionettenspieler im Kopf anlegen“, damit diese Muskeln bewußt oder unbewußt bewegt werden können.
    Dies muß nach der Geburt geschehen; es ist heute hinlänglich bekannt, daß nicht benutzte Muskeln sofort atrophieren (schrumpfen) . Wir kennen das Prinzip „Wer rastet, der rostet“. Dies gilt immer, also auch im Leben von kleinen Jungen, die den ganzen Muskelapparat in langen Jahren aufbauen müssen.
    Übrigens ist dies eines der größten Probleme der bemannten Raumfahrt, selbst bei zwei Stunden strammen „Radelns“ auf dem Ergometer (pro 24 Stunden) verlieren Kosmonauten und Astronauten ständig Muskelmasse, weil die Schwerkraft fehlt und sie die Muskulatur in den
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