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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)
Autoren: Heinz Strunk
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laufen?
    «Wieso, ich hab doch die ganze Zeit nur am Ufer gestanden und aufgepasst.»
    «Und das soll ich dir jetzt noch glauben?»
    «Ja, ich schwör. Ich kann doch außerdem kein Schlittschuh laufen.»
    «So ein Quatsch, natürlich kannst du. Und geh mal nicht so leichtfertig mit deinen Schwüren um. Wenn du selber nicht auf dem Eis warst, warum hast du es mir dann verschwiegen? Welchen Grund soll es geben? Kannst du mir das vielleicht mal sagen?»
    Dastehen und schweigen. Wenn sie jetzt noch ein falsches Wort sagt, kriegt sie alles zurück: von wegen Bundesgenossen! Sie ist eine total beknackte, durchgedrehte, humorlose Kuh, für die ich mich schäme bis ins Mark und mit der ich bis zu meinem achtzehnten Geburtstag so wenig wie möglich zu tun haben möchte. Dann packe ich Punkt null Uhr meine Sachen und ziehe aus, und zwar auf Nimmerwiedersehen. Und falls wir uns in diesem Leben noch mal zufällig begegnen, werde ich sie mit dem Arsch nicht angucken. Und ich verfluche sie dafür, wie viel Macht sie über mich hat.
    Na ja. Irgendwann ist es so weit.
    «Aha, wieder mal keine Antwort. Hab ich also recht. Manchmal weiß ich wirklich nicht, wie es weitergehen soll, Mathias.»
    Ich auch nicht, echt nicht.

    Wie durch ein Wunder haben Schipanskis nichts von dem Artikel mitbekommen. Die im Krankenhaus haben ihnen gesagt, dass Martin von einem gewissen Herrn Krüger eingeliefert wurde, mich haben sie mit keinem Wort erwähnt. Es bleibt also alles beim Alten. Wenn ich mir weiterhin nichts zuschulden kommen lasse, werde ich eines Tages vielleicht doch noch rehabilitiert. Das liegt ja auch ein bisschen an Martin. Wenn er regelmäßig Positives über mich berichtet, muss es irgendwann Wirkung zeigen. Und in der Schule bin ich ja wirklich besser geworden, und so eine Scheiße wie Einbruch oder Diebstahl würde ich wirklich nicht noch mal machen.

    Einige Zeit später hat Martin dann am Wochenende sturmfreie Bude, weil die ganze Familie zur Hochzeit seines einen Onkels ins Sauerland gedüst ist. Martin musste nicht mit, weil er sich den Knöchel verstaucht hat. Von Samstag auf Sonntag übernachte ich bei ihm. Wir liegen auf seinem Bett und gucken den ganzen Abend fern, herrlich. Links Süßigkeiten, rechts Brause. Um Viertel nach acht «Einer wird gewinnen» mit Kuli, und nach dem «Wort zum Sonntag», darauf freue ich mich schon seit Tagen, kommt der Horrorfilm «Formicula»: In der Wüste findet man die grausam verstümmelten Leichen zweier Toter. Die Polizei steht vor einem Rätsel und zieht deshalb einen Wissenschaftler hinzu, der feststellt, dass die Körper bis oben hin mit Ameisensäure gefüllt sind. In den folgenden Tagen kommen immer mehr Todesopfer hinzu. Die Erklärung: In der Nähe befindet sich ein Testgelände für Atomwaffen. Durch die Strahlung sind einige Ameisen zu Riesenmonstern von der Größe von Elefanten mutiert. Die Armee wird eingesetzt und vernichtet das Nest, aber zwei Königinnen können entkommen. Die müssen unbedingt gefunden werden, bevor sie neue Staaten gründen können und die Menschheit vernichten. Nach fieberhafter Suche wird schließlich in der Kanalisation von Los Angeles ein monströser Ameisenhaufen gefunden und mit Bomben und Flammenwerfern vernichtet.
    Wir sind so aufgekratzt, dass wir nicht schlafen können, auch um zwei Uhr nachts noch nicht. Martin hat auf einmal die Idee, wir könnten uns ja am Weinkeller seiner Eltern gütlich tun, der ist so groß, dass sie gar nicht merken, wenn ein paar Flaschen fehlen. Nachdem wir den ersten Wein vernichtet haben, passiert etwas Unerwartetes. Martin kriegt einen Steifen. In der Schlafanzughose zeichnet sich die Beule deutlich ab, und er gibt sich auch gar keine Mühe, sie zu verstecken, im Gegenteil. Ich hab dann wie auf Kommando auch einen Ständer. Und plötzlich, ich weiß gar nicht mehr genau, wie es gekommen ist, küssen wir uns. Es ist mein erster Zungenkuss überhaupt. Im ersten Moment ist es eklig, es schmeckt nach Zahnpasta und Rotwein und fühlt sich pelzig und metallen an. Aber das komische Gefühl ist schnell verflogen, und als Nächstes liegen wir aufeinander, und es geht immer weiter und weiter. Es ist, als ob alles, was jemals zwischen uns war, positiv und negativ, sich Bahn gebrochen hätte und in dieser halben Stunde, länger war es nie und nimmer, explodiert wäre.
    Plötzlich fange ich am ganzen Körper an zu zittern. Ein entsetzliches Gefühl der Scham befällt mich. Habe ich mich je im Leben so elend gefühlt? Martin geht
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