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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)
Autoren: Heinz Strunk
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ziehen nur noch ein paar Unermüdliche im Sommer ihre Bahnen, meist Rentner, die zu alt sind, um sich noch um irgendwelche Gifte zu scheren. Mich würde es nicht wundern, wenn das Freibad nach der nächsten Saison endgültig seine Pforten schließt, der Betrieb kann sich ja gar nicht lohnen. Alles geht den Bach runter.
    Bauer Rolff hat sein Lebensziel erreicht: Das Langenbeker Feld ist zu Bauland erklärt worden. Drei Millionen hat er angeblich dafür bekommen. Mit den Vorarbeiten wurde schon begonnen, im Frühjahr geht es richtig los. Der Bach existiert schon nicht mehr, zugeschüttet, überall stehen Baumaschinen rum. Mutter hat noch schnell ein paar Erinnerungsfotos gemacht. In ein paar Jahren kann sich kein Mensch mehr vorstellen, wie es hier ursprünglich mal ausgesehen hat. Den Fußballplatz gibt’s auch nicht mehr. Die Tore sind irgendwann in den Dutt gegangen, und keiner hat sie mehr ersetzt. Mir ist aufgefallen, dass es in den nachfolgenden Jahrgängen viel weniger Kinder gibt. Oder täuscht das, und die gehen bloß nicht mehr so viel raus? Am Garagenplatz hat schon ewig keiner mehr Fußball gespielt, und durch Kreide markierte Spielfelder auf der Straße gibt’s auch keine mehr. Ob Frau Rusche noch lebt? Ihr Garten sieht schrottig aus wie immer, also wahrscheinlich ja.
    Es ist mir rätselhaft, wieso trotz des herrlichen Winterwetters nur so wenige Spaziergänger unterwegs sind.
    «Willst du nicht lieber bis zum Wochenende warten?», frage ich Martin. «Dann wird die Außenmühle bestimmt freigegeben.»
    «Bist du nicht ganz dicht? Ich komm doch nicht extra hierher, um gleich wieder abzuhauen.»
    War ja klar. Schlittschuh an und los. Zunächst stakst er nur vorsichtig herum, er hat jetzt wohl doch ein bisschen Schiss bekommen. Vielleicht dreht er ja auch gleich wieder um. Hoffentlich. Ich steck mir erst mal eine an. Doch Martin überwindet seine Angst erstaunlich schnell und schlittert bald wie Hans-Jürgen Bäumler über den Teich. Er kann das echt gut, das muss ich schon sagen. Mit jeder Minute gewinnt er an Sicherheit, er traut sich immer weiter raus. Ein Mann, der seinen Schäferhund Gassi führt, reckt wütend eine Faust in die Luft.
    «Komm sofort da runter!!»
    Martin tut, als hätte er es nicht gehört. Was geht das den Typ auch an, ist schließlich Martins Risiko.
    «HÖRST DU NICHT? DU SOLLST RUNTERKOMMEN!»
    Der Mann ist fett wie Oskar, der würde garantiert sofort einbrechen. Martin schaltet auf Durchzug. Großartig sich aufregen bringt nichts, also ziehen Mann und Hund weiter. Vom Rumstehen wird mir langsam kalt. Martin ist jetzt schon eine halbe Stunde am Pirouettendrehen, langsam könnte er mal eine Pause einlegen und sich zur Abwechslung mal um seinen alten Kumpel kümmern. Von wegen. Unverdrossen zieht er seine Kreise. Kippe Nummer vier.
    Mein BIC-Feuerzeug klickt, und gleichzeitig höre ich ein hässliches Krachen und Splittern. Ohne hinzuschauen, weiß ich, was los ist: Martin ist eingebrochen. Ach du Scheiße! Er hängt halb drin im Eis und rudert wie wild mit den Armen. Die Stelle ist mindestens fünfzig Meter entfernt; bis ich ihn erreicht habe, ist er längst abgegluckert, und wenn ich dann noch mit einbreche, war’s das für uns beide . Und wenn er jetzt von der Strömung unters Eis gezogen wird? Mir fallen wieder die Zwillinge ein, die im Pril ertrunken sind. Das war damals exakt die gleiche Entfernung wie jetzt. So gefährlich. Aber ich kann ja schlecht stehen bleiben und Martin absaufen lassen.
    «HILFE, HILFE!»
    Ich überwinde meine Erstarrung und tappe wie ferngesteuert aufs Eis. Die letzten Meter lass ich mich fallen und robbe bäuchlings zum Eisloch. Martin ist in Todesangst, so was hab ich noch nie gesehen. Die Augen sind ins Weiße verdreht, und sein Kiefer klappert, als würde er jeden Moment aus den Scharnieren springen.
    «Gib mir deine Hand.»
    Nichts. Er zappelt nur panisch vor sich hin. Kälteschock, schätze ich. Ich wiederhole meinen Befehl.
    «LOS, DEINE HAND. MACH SCHON. MACH SCHON, MANN!»
    Im Fernsehen sehen solche Situationen immer so easy aus, aber die Wirklichkeit ist eben anders. Nachdem Martins Hand ein paarmal aus meiner gerutscht ist, bekomme ich sie endlich zu fassen, ich habe aber keine Kraft mehr, ihn rauszuziehen. Martin ist sowieso am Ende und kann nicht mithelfen. Wer weiß, wie lange ich ihn noch so festhalten kann, und dann war’s das.
    Jemand schubst mich zur Seite. Hinter mir kniet ein Mann, der sich nach vorn beugt und Martin mit einem
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