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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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in die Tochter einer verfolgten Politikerin und späteren politisch Inhaftierten verwandelt. Zu diesem Zeitpunkt wechselte Jewgenia wie einst ihre Mutter von brünett zu blond und tauschte die luxuriösen Kiewer Klubs gegen das Besucherzimmer des Untersuchungsgefängnisses sowie das vergitterte Krankenzimmer des Charkiwer Krankenhauses. Die Ehe zerfiel, als dem Rocker aus Leeds klar wurde, dass seine Frau bereit war, ihr Leben ganz und gar dem Kampf um die Freilassung und Rehabilitation von Julia Timoschenko zu deren Lebzeiten zu widmen.
    Es ist ein Kampf mit unvorhersehbaren Folgen.
    Möglicherweise wird Jewgenia nichts erreichen, und Janukowitsch gibt seinem Opfer den Todesstoß: Schon heute befürchten deutsche Ärzte, dass Lady Ju das Gefängnis vielleicht als chronisch Kranke verlassen wird, falls sie überhaupt lebend herauskommt. Möglicherweise wird Jewgenia zusammen mit ihrer Mutter siegen, und Timoschenko kommt in absehbarer Frist frei. Auf jeden Fall können wir heute etwas völlig Erstaunliches beobachten: Aus der feschen jungen Frau, die man unter den Beinamen »Shusha« und »Eichhörnchen« kannte, die kein Ukrainisch beherrschte und auch Russisch nur mit Akzent sprach, hat Jewgenia sich vor aller Augen in eine Politikerin verwandelt, die eine neue Ukraine in Washington, in Berlin und in Brüssel repräsentiert. Eine Politikerin, die mutig und leidenschaftlich ist. Wie ihre Mutter. Noch ist sie ein wenig fremd in ihrem eigenen Land, und ein Reporter des Spiegel hat sie mit Angelina Jolie in Afrika verglichen, aber Erfahrung lässt sich erwerben. Besonders die Erfahrung von Leidensfähigkeit.
    Julia Timoschenko setzt ihren Kampf fort, in ihrer Zelle und im Gefängniskrankenhaus. Zynische Politologen sprechen bereits davon, dass sie ihre Verhaftung selbst provoziert hat, um in die Politik zurückzukehren. Denn nach ihrer desaströsen Amtszeit als Ministerpräsidentin und dem selbstmörderischen Vertrag mit Putin bliebe ihr nur ein Weg zum Präsidentenamt – durch das Gefängnis.
    Julia Timoschenko verteidigt sich unbändig, ohne sich selbst oder ihre Feinde zu schonen. Während man von Chodorkowski manchmal monatelang nichts hört, gibt es von ihr praktisch jeden Tag Nachrichten aus der Katschanowski-Strafkolonie in Charkiw, wo sie ihre Haftstrafe verbüßt, oder aus dem Charkiwer Zentralkrankenhaus Nr. 5.
    Sie gibt der Wochenzeitung Serkalo Nedeli ein großes Interview und ruft zur Schaffung einer breiten demokratischen Koalition bei den nächsten Wahlen auf. Über ihren Anwalt oder ihre Tochter teilt sie der Öffentlichkeit fast täglich Neuigkeiten über ihren Gesundheitszustand mit. Sie tritt in einen Hungerstreik und beendet ihn wieder. Sie stimmt einer ärztlichen Untersuchung im Charkiwer Krankenhaus unter Aufsicht des deutschen Arztes Lutz Harms zu – und verweigert sich einer Untersuchung als Zeichen des Protests, dass zu den Zeitungen (auf Anregung der Gefängnisleitung) Informationen über ihren Tagesablauf durchgesickert sind, was die Gefangene als Einmischung in ihre Privatsphäre betrachtet. Sie stimmt der Zusammenkunft mit dem amerikanischen Botschafter im Besucherzimmer zu, lässt aber dann das Treffen platzen, indem sie sich weigert, ihr Krankenzimmer zu verlassen, und erreicht auf diese Weise, dass man den Botschafter in ihr Krankenzimmer vorlässt.
    Und hier kann man wieder eine Gemeinsamkeit zwischen Lady Ju und Chodorkowski entdecken, eine Ähnlichkeit besonderer Art. In ihrem Duell mit der Macht erweisen sie sich als moralische Sieger.
    Zwei Prozesse laufen buchstäblich in Direktübertragung parallel ab: die Heroisierung von Timoschenko und die Selbstdiskreditierung der Macht.
    Sicher hat es Janukowitsch schon hundertmal bereut, dass er Lady Ju ins Gefängnis gebracht hat. Aber es gibt keinen Weg zurück, und sowohl er als auch seine Mitstreiter sind von nun an dazu verurteilt, eine Dummheit nach der anderen zu begehen. Vier Monate nach der Inhaftierung von Lady Ju teilte der stellvertretende Generalstaatsanwalt der Ukraine Renat Kusmin der Presse Details über die Haftbedingungen der ehemaligen Ministerpräsidentin mit. Mit unverhohlenem Spott erzählte er davon, dass die Zelle, in der sich Julia Timoschenko aufhalte, »22 Quadratmeter groß ist und mit einer Klimaanlage, einem Plasmafernseher und einem Kühlschrank ausgestattet wurde. In der Zelle befinden sich Möbel mit westlichem Standard, ein Bett, das durch eine orthopädische Matratze ergänzt wurde, es gibt eine Dusche,
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