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Julia Saison Band 05

Julia Saison Band 05

Titel: Julia Saison Band 05
Autoren: HELEN R. MYERS CATHY GILLEN THACKER CHRISTINE RIMMER
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Lebensjahre hatte sie in einem engen Wohnmobil verbracht.
    „Deirdre“, flüsterte Kelly. Plötzlich stiegen Tränen in ihren Augen auf.
    Er streckte die Hand aus. „Hey.“ Sie erlaubte ihm, ihre Hand zu nehmen. Wie gut es sich anfühlte, sie einfach nur zu berühren. „Weißt du noch? Du musstest schon immer weinen, wenn ich dir von DeDe erzählt habe.“
    Sie schluckte und nickte. „Ich … ich habe doch gewusst, wie sehr du sie lieb gehabt hast. Und niemand sollte so jung sterben. Das ist einfach … so traurig.“
    Kelly schaute weg und schluckte wieder. „Mitch, ich …“
    „Was ist denn los?“
    „Ich … also, ich …“
    Da tauchte der Kellner mit den Vorspeisen auf.
    Kelly entzog ihm sanft die Hand. Der Kellner fragte, ob er ihnen noch etwas zu trinken bringen konnte. Als sie ablehnten, zog er sich wieder zurück.
    „Also“, fragte Mitch, „was willst du mir sagen?“
    „Es ist nur so, dass ich“, sie nahm die Gabel in die Hand, „also, ich will, dass du weißt, dass ich zurückgekommen bin, um nach dir zu suchen, ein paar Monate nachdem ich weggezogen bin …“
    Er schüttelte den Kopf. „Und da war ich spurlos verschwunden, was?“
    „Genau. In eurem Wohnmobil haben fremde Leute gewohnt, die nicht wussten, wer du bist. Der Typ im Büro der Wohnwagensiedlung hat mir das mit deiner Mutter erzählt und dass er keine Ahnung hat, wo du bist. Eine Adresse hast du ja nicht hinterlassen.“
    „Ich hatte keine. Das Wohnmobil war ja nur gemietet. Als die Miete fällig war, hatte ich das Geld nicht. Da ist mir klar geworden, dass ich sowieso nicht dort bleiben wollte. Also habe ich meinen Rucksack gepackt und bin losgezogen.“
    „Und wohin?“
    „Nach Dallas. Über L.A. und Las Vegas und Phoenix. Ein Jahr lang war ich obdachlos.“
    „Oh, das tut mir so leid.“
    „Warum? Das war ja nicht deine Schuld. Und man lernt verdammt viel, wenn man auf der Straße lebt – außerdem, weißt du was?“
    „Hmm?“
    „Wir haben heute diesen einen Abend. Morgen sitze ich im Flugzeug. Nach all den Jahren sind wir wieder zusammen. Das ist wie im Märchen. Und jetzt ich will wirklich keine Minute mehr damit verschwenden, über die ganzen traurigen Geschichten zu reden, die wir erlebt haben, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.“
    Wieder lächelte sie mit zitternden Lippen ihr wunderschönes Lächeln. „Oh, Michael.“
    „Mitch“, korrigierte er.
    Sie seufzte. „Mitch.“ Dann warf sie ihm einen Blick zu. „Aber was diese traurigen Geschichten angeht, die haben uns doch erst zu den Menschen gemacht, die wir heute sind.“
    „Das ist wahr.“
    Sie trank den letzten Schluck von ihrem Wein. Er hatte das Gefühl, dass sie ihm gleich etwas Wichtiges sagen würde. Aber dann stellte sie ihm nur eine weitere Frage.
    „Dein Name. Warum hast du ihn geändert?“
    „Ich wollte … jemand anders sein. Und das bin ich jetzt auch.“
    „Aber du bist immer noch Michael. Tief in deinem Inneren. Ganz egal, wie sehr du dich verändert hast.“
    Er streckte die Hand aus. Sie auch. In der Mitte des Tisches, neben der weißen Magnolienblüte und im goldenen Kerzenschein berührten sie sich. Und hielten sich fest.
    „Ich bin nicht Michael. Nicht mehr. Ich bin ein anderer Mensch. Der Mitch heißt. Und glaube mir, ich kann Mitch viel besser leiden als Michael.“
    „Wann hast du deinen Namen geändert?“
    „Als ich neunzehn war.“
    „Ein Jahr nachdem …“
    „… wir uns getrennt haben. Genau. Damals hatte ich gerade mein erstes Computerspiel fertig und habe bereits an dem zweiten gearbeitet. Endlich hatte ich ein bisschen Geld. Eine Mietwohnung. Das kam mir wie der Gipfel des Luxus vor.“
    „Das muss großartig gewesen sein.“
    „Saubere Bettlaken und ein voller Bauch. Allerdings.“
    Sie lachte wieder. „Eigentlich wollte ich wissen, wie du es geschafft hast, in einem Jahr erfolgreich zu werden.“
    „Na ja, bis dahin war es noch ein weiter Weg. Aber es ging mir auf jeden Fall besser.“
    Damals hatte er sie noch fürchterlich vermisst.
    Und dann war sie am Vorabend auf einmal da gewesen, hatte ihn angelächelt, gleichzeitig nervös und hoffnungsvoll.
    Seither konnte er nicht aufhören, an sie zu denken.
    Wieder zog sie ihre Hand weg. Sie nahm ihre Gabel und machte sich über den Spargelsalat her. Er kostete von den gefüllten Champignons, die er als Vorspeise bestellt hatte. Ein paar Minuten lang schwiegen sie. Das Essen war gut, und er hatte das Gefühl, dass die Stille verheißungsvoll
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