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Judasbrut

Judasbrut

Titel: Judasbrut
Autoren: Sabine Fink
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bis
zum Donner.
    Fünf.
Wenigstens nicht direkt über ihr.
    Noch
nicht.
    Das
Haar klebte an ihrem Kopf und ihre Kleidung war triefend nass. Sie marschierte
weiter. Minuten später erhellte ein greller Blitz den Himmel, beinahe
gleichzeitig ertönte ein gewaltiger Donner, der ihr wie ein Paukenschlag durch
den Körper fuhr. Mit einem Aufschrei flüchtete sie weg vom Weg, einen Hügel
hinauf und suchte unter einem niedrigen Felsvorsprung mitten im Wald Schutz.
Zitternd kauerte sie sich auf den Boden, legte ihren Kopf auf die Knie und
hielt sich die Ohren zu, um sich zu beruhigen. Eigentlich neigte sie nicht zur
Hysterie, aber das hier war ihr einfach zu viel. Ringsum tobte sich das
Gewitter aus. Nach einer Weile hatte sie sich wieder im Griff, allerdings fror sie
erbärmlich. Ihre Finger waren steif.
    »Scheiße!«
Nina schloss die Augen, weil ihr das Wasser aus den Haaren über die Stirn rann.
»Wie blöd muss man eigentlich sein?«
    Sie war
halbwegs geschützt hier, aber das war das einzig Positive. Das Unwetter machte keine
Anstalten nachzulassen. Sinnlos, jetzt weiterzugehen. Trübsinnig starrte sie
vor sich hin. Jens würde sich bestimmt Sorgen um sie machen.
    Sie
konnte nicht sagen, wie lange sie schlotternd unter dem Felsvorsprung gehockt
hatte, als sie ein Geräusch hörte, das vorher nicht da gewesen war. Eine
schemenhafte Gestalt ging den Weg entlang. Zwischen den Bäumen erkannte sie
nicht mehr als eine dunkle Jacke sowie einen großen Wanderrucksack. Ohne lange
zu überlegen, sprintete Nina los.
    »He!
Warten Sie!«
    Als Nina
unmittelbar hinter dem Mann auf den Weg lief, wirbelte er herum und packte sie
am Arm. Nina kreischte erschrocken und riss sich los.
    »Verzeihung!«
Die leise Stimme des Mannes klang kratzig, beinahe heiser. »Sie haben mich
ziemlich erschreckt.« Da er eine Kapuze trug, konnte Nina von seinem Gesicht
nicht viel erkennen – außer, dass er eine rechteckige Brille mit dunklem Rand trug, auf
deren Glas Wassertropfen glänzten.
    »Ist
schon okay. Ich bin ja auch wie eine Furie auf Sie losgegangen.«
    Sie
lachten beide gezwungen.
    »Ich
habe mich verlaufen«, gab Nina unumwunden zu, denn nachdem der Schreck vorbei
war, begann sie vor Kälte mit den Zähnen zu klappern. Das Wasser lief ihr über
das Gesicht in die Augen. »Sie haben nicht zufällig eine Ahnung, wie ich nach
Aufseß komme?«
    Er
zögerte kurz. »Wohnen Sie dort?«
    »Nein,
ich … wir sind mit einem Campingbus in Hochstahl bei der Brauerei. Ich
bin den Brauereienweg gegangen und in Neuhaus wohl irgendwo falsch abgebogen.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung, wo ich hier bin.«
    »Da
haben Sie sich gründlich verirrt. Kommen Sie mit.«
    »Danke,
Sie sind ein Engel«, sagte Nina mit unverhohlener Begeisterung. »Ich heiße
übrigens Nina Langenbach.«
    Der
Mann zögerte kaum wahrnehmbar. »Georg.«
    Gemeinsam
marschierten sie los. Der Regen verwandelte sich zwischenzeitlich in Hagel,
daher mussten sie sich von Zeit zu Zeit unterstellen.
    Während
sie unter einer Tanne abwarteten, bis ein Hagelschauer nachließ, erkundigte
sich Nina: »Hat Sie das Wetter auch überrascht?«
    Georgs
Mundwinkel zuckten kurz. »Ja«, antwortete er schlicht.
    »Wohnen
Sie hier in der Fränkischen?«
    »Nein.«
    »In
Erlangen? Oder Nürnberg?«, fragte Nina weiter, um ein Gespräch in Gang zu
bringen.
    »Nein.«
Er wandte den Kopf ab. »Gehen wir weiter.«
    Nina
kam die Zeit, die sie durch den Wald und über Wiesen und Felder trabten, endlos
lang vor. Während allmählich die Dämmerung hereinbrach, fühlte sie sich, als
tauche sie durch eiskaltes Wasser.
    »Ist es
noch weit?«, fragte Nina, der vor Erschöpfung die Füße schwer wurden. Immer
öfter stolperte sie.
    »Noch
ein kurzes Stück.«
    Redselig
war dieser Georg wirklich nicht, allerdings war Nina gerade nicht wählerisch.
Einige Minuten später bog Georg ohne ersichtlichen Grund ab, mitten in den Wald
hinein. Nina hielt sich dicht hinter ihm, denn hier zwischen den Tannen war es
noch dunkler und sie wollte zu allem Überfluss nicht auch noch auf der Nase
landen. Unvermittelt standen sie am Zaun eines kleinen, nicht sonderlich
gepflegten Grundstücks, mit einem kleinen Haus mit Flachdach darauf, von dem
Nina in der Dunkelheit nur Umrisse erkennen konnte. Es wirkte verlassen. Hinter
den winzigen Fenstern konnte man weiße Spitzengardinen erahnen. Georg führte
sie am Zaun entlang bis zu einem Gartentor, vor dem ein befestigter Weg endete.
Er verlor sich irgendwo in der
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