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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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keineswegs mehr so angeschlagen wie anfangs. Ganz im Gegenteil, er schien richtig aufzuleben und dadurch zu Kräften zu kommen, dass er sich alles von der Seele redete. Was wiederum bestätigte, worüber Katrín und Árni gesprochen hatten, während sie vor dem Krankenzimmer darauf warteten, wieder zu ihm gelassen zu werden, nämlich dass diese Damen und Herren Ärzte ihre Patienten durchweg viel zu sehr mit Samthandschuhen anfassten.
    »Ich hab also noch ein Glas mit ihm getrunken«, fuhr Úlfur fort, »und versucht, mich mit ihm zu unterhalten, aber aus dem kam nichts als Schwachsinn raus, ehrlich. Ich meine, ich kann mich auch nicht für Schwule erwärmen, genauso wenig wie er, versteht ihr, aber der Alte ist da irgendwie total ausgetickt wegen seinem Sohn. Ich hatte echt keinen Bock, mir das Gelaber anzuhören, und hab ihn einfach gefragt, ob er mir nicht noch ein paar Tropfen borgen würde, aber dann hat der Kerl echt einen Rappel gekriegt und hat wieder mit dieser Leier angefangen, dass ich erst dann wieder was von ihm kriegen würde, wenn ich mit ihm zu einer von diesen Versammlungen bei diesen durchgeknallten Jesusbrüdern ginge, die sich ihn da in Staðarfell gekrallt hatten. Meine Fresse, ich hab versucht, vernünftig mit ihm zu reden, aber der stellte sich einfach auf stur, sagte nein und nein und nochmals nein. Erst wenn du zu Gott gefunden hast und blabla und diese ganze Leier. Ich hab mir also einfach die Flasche gegriffen, die da halb voll auf dem Tisch stand, aber er hat sie mir wieder weggerissen. Das war nicht weiter schlimm, ich hab auch gar kein Theater gemacht, sondern bin einfach in die Küche gegangen und hab mir eine Pulle aus dem Schrank geholt. Die letzte Flasche war das, aber ich meine, er hatte ja noch die halb volle da auf dem Tisch, und am nächsten Tag hatte der Alkoholladen ja auch wieder auf, also ich hatte deswegen kein schlechtes Gewissen. Und ihr müsst auch bedenken, wenn man so total im Keller ist, wenn man so down ist und so besoffen ist, dann spielt sich da oben in der Birne nicht mehr viel ab, es geht höchstens darum, wie man an noch mehr Fusel rankommt, versteht ihr.«
    Jetzt schwang ein anderer Unterton bei Úlfur mit, er war unsicher geworden, zögerte und klang beinahe bittend.
    »Ich meine, man ist da irgendwie, wie soll man das sagen, so was wie total weggetreten.« Er blickte Katrín und Árni an. »Also, dann steht der Kerl auf und kommt hinter mir her in die Küche und will mich stoppen, mir die Pulle aus der Hand reißen. Und ich hab einfach …« Er räusperte sich und leckte sich über die Lippen. »Ich, also ich hab mir das Messer geschnappt, das da auf dem Tisch lag, und hab ihn damit ein bisschen gepiekst und dann noch mal, soweit ich weiß, aber ganz sicher bin ich mir da nicht. Irgendwie ist das alles so verschwommen. Ich hab heut Nacht versucht, mich genau daran zu erinnern, und ich glaube, ich hab da noch mal zugestochen. Auf jeden Fall ist er rückwärts gegangen und ich hinter ihm her, mit der Buddel in der einen und dem Messer in der anderen Hand. Da hab ich dann noch mal zugestoßen. Und dann rastet der Kerl komplett aus, er brüllt mich an, beschimpft mich und nennt mich einen Sohn des Satans oder so was Ähnliches, und er versucht, mir die Flasche wegzureißen. Und dann bin ich – ja. Dann bin auch ausgerastet …«
    *
    »Das verstehe ich gut«, sagte der Mann am anderen Ende der Leitung, »aber mein lieber Stefán, du bist dir hoffentlich darüber im Klaren, dass dieser Fall uns untersteht. Wir nehmen natürlich gern alle Informationen entgegen, die du uns geben kannst, und ich verspreche dir, dass ich dich von A bis Z auf dem Laufenden halten werde. Du musst aber akzeptieren, dass diese Angelegenheit nicht in deinen Zuständigkeitsbereich gehört, ganz gleich, was da vorausgegangen ist. Ist das klar?«
    Stefán kannte den Mann nicht sonderlich gut, aber zwei Dinge wusste er: Der Amtmann von Selfoss war ein noch größerer Stones-Fan als er, und so etwas wie Zurückstecken gab es für ihn nicht. Beides konnte nach Stefáns Ansicht natürlich auch unbestreitbar von Vorteil sein, und zudem hatte der Kerl selbstverständlich Recht. Dagegen war kaum etwas auszurichten, also tröstete er sich mit dem Gedanken an Hummer zum Mittagessen im »Hafið bláa«, das ließ sich gut einrichten, wenn er im Gefängnis noch ein wenig Zeit vertrödelte.
    »Ist schon klar«, sagte er unwillig. »Denk aber daran, dass Ási Stero keine Drogen angerührt hat. Ich gehe
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