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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell
Autoren: Susanna Clarke
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Zauberer.«
KAPITEL 2
Das Old Starre Inn
Januar bis Februar 1807
    Als die Kutsche durch Mr. Norrells Tor hinausfuhr, rief Mr. Honeyfoot: »Ein praktischer Zauberer in England! Und noch dazu in Yorkshire! Was für ein außergewöhnliches Glück wir hatten! Ah, Mr. Segundus, das haben wir Ihnen zu verdanken. Sie waren wach, als wir schliefen. Hätten Sie uns nicht dazu ermuntert, hätten wir Mr. Norrell vielleicht nie gefunden. Und ich bin sicher, dass er nie zu uns gekommen wäre, er ist ein bisschen zurückhaltend. Er hat uns keine Einzelheiten hinsichtlich seiner Errungenschaften in praktischer Zauberei genannt, nichts außer der schlichten Tatsache, dass er erfolgreich ist. Ich halte das für ein Zeichen von Bescheidenheit. Mr. Segundus, ich glaube, Sie werden mir zustimmen, dass unsere Aufgabe klar ist. Es obliegt uns, Sir, Mr. Norrells angeborene Schüchternheit und seinen Widerwillen gegen Lob zu überwinden und ihn im Triumph vor ein größeres Publikum zu führen.«
    »Mag sein«, sagte Mr. Segundus zweifelnd.
    »Ich behaupte nicht, dass es einfach sein wird«, fuhr Mr. Honeyfoot fort. »Er lebt ein wenig zurückgezogen und mag keine Gesellschaft. Aber er muss einsehen, dass er sein Wissen zum Wohl unseres Landes mit anderen teilen muss. Er ist ein Gentleman. Er kennt seine Pflicht und wird sie erfüllen, da bin ich sicher. Ach, Mr. Segundus! Sie verdienen den großen Dank aller Zauberer in unserem Lande.«
    Aber was immer Mr. Segundus verdiente, es ist traurig, aber wahr, dass die Zauberer von England ausnehmend undankbare Männer sind. Hätten Mr. Honeyfoot und Mr. Segundus die bedeutsamste Entdeckung der magischen Wissenschaft seit drei Jahrhunderten gemacht – na und? Als sie davon erfuhren, gab es kaum ein Mitglied der Gilde von York, das nicht absolut davon überzeugt gewesen wäre, es besser gemacht zu haben – und als am folgenden Dienstag eine außerordentliche Sitzung der Gelehrten Gilde der Zauberer von York abgehalten wurde, waren es nur wenige Mitglieder, die dies nicht auch ausdrücklich bekundeten.
    Um sieben Uhr am Dienstagabend war der obere Saal des Old Starre Inn in Stonegate überfüllt. Die Neuigkeiten, die Mr. Honeyfoot und Mr. Segundus mitgebracht hatten, schienen alle Herren der Stadt, die jemals in ein Zauberbuch geschaut hatten, anzuziehen – und York war damals noch, auf seine ganz eigene Weise, eine der zauberischsten Städte Englands; nur die Stadt des Königs, Newcastle, konnte vielleicht mit noch mehr Zauberern aufwarten.
    Es drängten sich so viele Zauberer in den Saal, dass zumindest im Augenblick viele stehen mussten, obwohl die Kellner ständig weitere Stühle die Treppe hinaufschleppten. Dr. Foxcastle hatte einen ausgezeichneten Stuhl ergattert, groß und schwarz und mit eigentümlichen Schnitzereien versehen – und dieser Stuhl (der einem Thron ähnelte), der rote Samtvorhang dahinter und die Art, wie er mit über dem großen runden Bauch gefalteten Händen dasaß, verliehen ihm ein überaus amtliches Aussehen.
    Die Dienstboten des Old Starre Inn hatten ein vorzügliches Feuer entfacht, um die Kälte des Januarabends zu vertreiben, und davor saßen ein paar uralte Zauberer – offenbar aus der Regierungszeit Georges II. –, alle in karierte Schals gewickelt, mit vergilbten Spinnwebgesichtern und begleitet von ebenso alten Dienern mit Medizinfläschchen in den Taschen. Mr. Honeyfoot begrüßte sie. »Guten Abend, Mr. Aptree. Guten Abend, Mr. Greyshippe. Ich hoffe, Sie sind wohlauf, Mr. Tunstall. Ich freue mich, Sie hier zu sehen, meine Herren. Ich hoffe, Sie sind gekommen, um mit uns zu feiern. Die vielen Jahre in der staubigen Wüste sind zu Ende. Ah, niemand weiß besser als Sie, Mr. Aptree, und Sie, Mr. Greyshippe, was für Jahre das gewesen sind, denn Sie haben viele davon durchlebt. Aber jetzt werden wir Zeugen, wie die Zauberei erneut Britanniens Ratgeberin und Beschützerin sein wird. Und die Franzosen, Mr. Tunstall! Was werden die Franzosen denken, wenn sie davon erfahren? Nun denn. Ich wäre nicht überrascht, wenn sie auf der Stelle kapitulieren würden.«
    Mr. Honeyfoot hatte noch eine Menge mehr in dieser Richtung zu sagen; er hatte eine Rede vorbereitet, in der er beabsichtigte, sie auf die wunderbaren Vorteile hinzuweisen, die Britannien aus dieser Entdeckung erwachsen würden. Aber es war ihm nicht gestattet, mehr als ein paar Sätze von sich zu geben, denn es schien, als würden die Herren schier bersten, weil sie alle eine eigene Meinung zu diesem Thema
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